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England: Verbot von XL Bullys - vielen Hunden droht der Tod

Mehrere tödliche Hundeattacken haben in England und Wales zuletzt so sehr für Aufregung gesorgt, dass die britische Regierung ein Verbot sogenannter XL Bullys beschlossen hat. Doch es gibt auch Zweifel.

XL Bullys
XL Bullys sind Mischlinge, die auf eine Pitbull-Terrier-Art zurückgehen. Foto: Jacob King/DPA
XL Bullys sind Mischlinge, die auf eine Pitbull-Terrier-Art zurückgehen.
Foto: Jacob King/DPA

Er versuchte noch, das Tier von seinem Bruder wegzuzerren - vergebens. Entsetzt musste der 54-Jährige ansehen, wie sein Hund den drei Jahre jüngeren Mann zu Tode biss. Weil er seinen Hund nicht unter Kontrolle hatte, droht ihm nun sogar eine Haftstrafe. Es sind Vorfälle wie dieser, die in Großbritannien zuletzt wiederholt für Aufsehen sorgten.

14. September: Zwei Hunde springen in der Stadt Stoke aus einem Fenster in den Nachbargarten, greifen einen Mann an - er stirbt. 4. Oktober: Ein Hund fällt einen Mann nahe dem nordostenglischen Sunderland an - der 54-Jährige stirbt an seinen schweren Verletzungen. Besonders in Erinnerung ist vielen der Tod des zehnjährigen Jack in Wales. Er war zu Besuch bei einem Schulfreund, als ihn ein großer Hund namens »Beast« angriff. Der Junge starb.

Beteiligt sind oft sogenannte XL Bullys, ein Mischling, der auf eine Pitbull-Terrier-Art zurückgeht. Die öffentliche Empörung war so groß, dass die britische Regierung die bisher nicht klassifizierten Hunde als eigene Rasse anerkannte - um sie umgehend zu verbieten. Vom 31. Dezember an dürfen die Tiere nicht mehr verkauft werden, vom 1. Februar 2024 an ist dann auch ihr Besitz strafbar. Es sei denn, die Eigentümer können nachweisen, dass ihr Hund ungefährlich ist und eine Ausnahmegenehmigung vorlegen. Die Tiere müssen dann Maulkorb tragen, an der Leine geführt werden und kastriert sein.

Mindestens 246 Tierheim-Hunde müssen eingeschläfert werden

Die Folgen sind noch nicht absehbar. Der Sender Sky News berichtete jüngst, mindestens 246 Hunde in Tierheimen müssten eingeschläfert werden, wenn sie vor Jahresende keinen neuen Besitzer finden. Wie viele Tiere überhaupt von dem Verbot betroffen sind, weiß offensichtlich niemand genau. Die Regierung schätzt den Bestand in England und Wales auf etwa 10.000 Exemplare, Tierschützer gehen von 15.000 aus. Die BBC spekulierte auf Grundlage von Zahlen des Tierarztunternehmens IVC Evidensia über mindestens 30.000 XL Bullys.

Doch Kritiker bezweifeln, dass das Verbot tatsächlich die Bevölkerung schützen wird, wie die Regierung geltend macht. Vielmehr könnten Hundeattacken noch zunehmen, wenn die Tiere nur noch in Häusern und Wohnungen gehalten werden dürfen, warnte Experte Dave Martin in der BBC. Dort fehle ihnen Stimulation und Bewegung. Mehrere Abgeordnete forderten am Donnerstag auch, das Verbot zu diskutieren, wie die Nachrichtenagentur PA meldete.

Tierwohlorganisationen fürchten, dass Züchter auf andere Hunderassen umsteigen - etwa den Kaukasischen Owtscharka. Diese Tiere seien »größer, stärker und in den falschen Händen potenziell gefährlicher« als XL Bullys, sagte ein Züchter, der anonym bleiben wollte, unlängst der BBC. Bereits jetzt gibt es zunehmend Berichte, dass XL Bullys in der Natur oder vor Tierheimen ausgesetzt werden. Auf sozialen Netzwerken kursieren Videos von »Rettungsaktionen«, bei denen Hunde nach Schottland gebracht und dort verkauft werden. Die britische Regierung kann das Verbot nur für England und Wales verhängen.

XL Bully hierzulande nicht als Rasse klassifiziert

In Deutschland ist der Amerikanische XL Bully bisher nicht als Rasse klassifiziert und taucht deshalb in den Listen mit gefährlichen Hunden nicht auf - im Gegensatz zu Rassen wie Pitbull Terrier, Bullterrier, Staffordshire Bullterrier oder American Staffordshire Terrier. Für sie gilt auch ein Importverbot. Eine bundesweite Regelung zur Haltung von Kampfhunden gibt es aber nicht. Welche Rassen als gefährlich gelten, listen die einzelnen Bundesländer auf. Für diese Tiere gelten Sonderregeln wie eine Genehmigungspflicht, Leinen- und Maulkorbzwang oder Versicherungspflicht.

Um die sogenannten Rasselisten gibt es rege Diskussionen: Befürworter sehen einen erhöhten Schutz von Menschen vor Angriffen. Gegner kritisieren die Diskriminierung ganzer Rassen. Hunde würden erst durch falsche Haltung aggressiv - unabhängig von der Rasse.

Wie ist die Lage in Deutschland?

Mehr als zehn Millionen Hunde leben nach Angaben des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe in Deutschland. Jährlich stirbt nach Angaben der Online-Datenbank der Gesundheitsberichterstattung hierzulande in der Regel eine einstellige Zahl an Menschen an Hundebissen oder nach Hundestößen. Zuletzt gab es in Deutschland in den Jahren 2020 sechs, 2021 fünf und 2022 vier solcher Todesfälle.

Allerdings gab es allein in Berlin laut Hundebiss-Statistik 2022 knapp 490 Leicht- und 87 Schwerverletzte. Obwohl nicht als Rasse anerkannt, urteilte das Verwaltungsgericht in der Hauptstadt vor einem Jahr, den Bully als gefährlichen Hund einzustufen und verwies dabei auf das Hundegesetz in der Hauptstadt. Demnach reichen wesentliche Merkmale eines Tieres aus, wenn sie mit einer Rasse im Gesetz übereinstimmen. Für das Gericht ist das im Fall des Bully der American Staffordshire Terrier, der als gefährliche Hunderasse gilt.

© dpa-infocom, dpa:231207-99-217004/2