WIESBADEN. Zu hohe Geschwindigkeit und Alkohol waren häufige Ursachen: Bei 2155 Unfällen mit E-Scootern sind im vergangenen Jahr in Deutschland Menschen verletzt oder getötet worden.
Die Polizei registrierte fünf tödliche Unfälle, 386 Menschen wurden schwer verletzt, 1907 leicht, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden unter Berufung auf vorläufige Zahlen mitteilte. Mehr als 80 Prozent der Verunglückten seien mit einem der kleinen Roller unterwegs gewesen, die übrigen waren beispielsweise Fußgänger oder Radfahrer.
Insgesamt gesehen spielten die E-Scooter beim Unfallgeschehen eine vergleichsweise geringe Rolle. 2020 registrierte die Polizei 264 000 Unfälle mit Personenschaden, davon 0,8 Prozent mit E-Scooter-Beteiligung. Die Zahlen für 2020 sind nur bedingt aussagekräftig, da wegen der Corona-Pandemie die Anbieter ihren Betrieb zwischenzeitlich einschränkten oder ganz aussetzten. Die Statistik ist zugleich die erste, die ein gesamtes Jahr abbildet.
Bei fast drei von vier Unfällen (rund 72 Prozent) mit E-Scootern sei die Fahrerin oder der Fahrer des Elektro-Tretrollers hauptverantwortlich gewesen. Sie hatten etwa die Kontrolle über ihr Gefährt verloren, ohne dass andere dazu beitrugen. Mit 18,3 Prozent häufigste Ursache sei den Angaben der Polizei zufolge Alkoholkonsum gewesen, damit weitaus häufiger als es im vergangenen Jahr bei Fahrradfahrenden der Fall war (rund sieben Prozent). Die Scooter-Fahrer hätten zudem häufig die Fahrbahn oder Gehwege vorschriftswidrig benutzt oder seien zu schnell unterwegs gewesen.
Unfälle geschahen meist mit jüngeren Menschen am Lenker: 76 Prozent waren jünger als 45 Jahre, knapp 34 Prozent jünger als 25 Jahre. Nur rund sieben Prozent waren älter als 65 Jahre. Bei 918 der 2155 Unfälle mit Personenschaden gab es den Angaben zufolge keinen Unfallgegner, drei der fünf getöteten Fahrer starben bei einem solchen Alleinunfall. Gut ein Drittel der Verunglückten verletzte sich bei einem Zusammenstoß mit einem Auto.
Für den Straßenverkehr zugelassen sind die kleinen Roller in Deutschland seit Juni 2019. Ab 14 Jahren darf man sie ohne Prüfung steuern - auf dem Radweg. Fehlt dieser, müssen die maximal 20 Stundenkilometer schnellen Gefährte die Straße benutzen. Besetzt sein dürfen sie nur von einer Person.
Anfang Januar waren erste Zahlen zum Unfallgeschehen im vergangenen Jahr bekanntgeworden. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hatte angesichts dessen an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) appelliert, die geltende Rechtslage zu überprüfen. Unter anderem verlangte die Gewerkschaft, eine Prüfbescheinigung als Voraussetzung für Nutzer sowie eine Helmpflicht.
Mehrere Unternehmen, die E-Scooter in Städten zum Ausleihen anbieten, haben sich in der »Plattform Shared Mobility« zusammengeschlossen. Der Verband erklärte auf Anfrage, eine Helmpflicht wäre nicht zielführend: »Durch eine Einführung einer Helmpflicht würde die Nutzung von E-Scootern extrem zurückgehen, daher fordern wir Tempo 30 für Autos in Innenstädten und eine deutliche Verbesserung der Infrastruktur zum Schutz der NutzerInnen von Mikromobilität«, erklärte Sprecher Christoph Egels. Die Mitgliedsunternehmen unterstützten das freiwillige Tragen von Helmen und ermutigten dazu.
Die Unternehmen rechnen mit einer weiter steigenden Nachfrage: E-Scooter seien mittlerweile nicht mehr nur ein Phänomen in Großstädten, sondern auch für mittelgroße und kleinere Städte. Auch im Außenbereich von Städten, wo es Lücken im öffentlichen Nahverkehr gebe, wolle man aktiv werden. Die Corona-Pandemie habe die Nachfrage zunächst einbrechen lassen, doch dann gab es einen positiven Trend. (dpa)