Zerstörte Räume, beschädigte Fassaden, Glassplitter auf dem Boden: Nach einer Geldautomatensprengung finden Polizisten oftmals ein Bild der Verwüstung vor. Hundertfach kommt es in Deutschland jährlich zu solchen Fällen - Tendenz steigend. Banken werden zu wenige Schutzvorkehrungen vorgeworfen, der Politik zu wenig Eingreifen. Die Spur zu den Tätern führt oftmals ins Ausland. Durch eine veränderte Vorgehensweise werden die Taten deutlich gefährlicher.
Laut Bundeskriminalamt werden bei den Sprengungen mittlerweile überwiegend Explosivstoffe statt Gasgemische verwendet, damit seien Täter erfolgreicher, hieß es auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Durch die Taten entsteht somit noch höherer Sachschaden und mehr Gefährdung für Menschen. Noch immer sind viele Geldautomaten in Wohnhäusern aufgestellt.
»Wir können wirklich froh sein, dass in Deutschland bislang kein Mensch dabei ums Leben kam«, sagt Oliver Huth vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. »Mittlerweile nehmen die Sprenger Schwarzpulver aus Silvesterknallern und bauen sich damit etwas zusammen. Das kann richtig gefährlich sein.«
Laut Huth versuchen die Täter mit einem ersten Sprengsatz das Gehäuse des Automaten zu zerstören, der zweite Satz wird dann auf den Tresor gelegt, um den Automaten zu öffnen.
Das Bundeskriminalamt (BKA) geht für das vergangene Jahr von einem Höchstwert an gesprengten Geldautomaten aus. Man rechne mit rund 500 versuchten und vollendeten Geldautomatensprengungen in Deutschland.
2021 waren es demnach 392 Taten - der bisherige Höchstwert lag 2020 bei 414 Fällen. 2022 sind diese Taten in vielen Bundesländern sprunghaft gestiegen im Vergleich zum Jahr zuvor - in Rheinland-Pfalz waren es laut Landeskriminalamt mit 56 statt 23 Fällen mehr als doppelt so viele.
Nicht immer ist die Tat erfolgreich
Laut BKA endeten im vergangenen Jahr nach vorläufigen Zahlen rund 40 Prozent der Fälle erfolglos - also ohne Bargeld. In den fünf Jahren zuvor war dieser Anteil mit jeweils mehr als 50 Prozent noch höher. Für 2022 lagen dem BKA noch keine Zahlen zur erbeuteten Summe vor, man rechne mit einer mittleren zweistelligen Millionensumme.
Viele der Täter kommen aus einem Nachbarland
Viele der mutmaßlichen Täter kommen aus den Niederlanden - laut BKA kamen 2021 etwas mehr als die Hälfte der rund 120 Tatverdächtigen aus dem Nachbarland. Tatverdächtige in den vergangenen Jahren waren demnach auch reisende Täter aus Osteuropa - insbesondere aus Polen, Rumänien und Moldau.
Bei der Bekämpfung der Kriminalität fordert Huth mehr Unterstützung der Niederlande: »Es gibt drei wichtige Tatphasen. Die Vortatphase, die Tatphase und die Nachtatphase. Und die Vortatphase findet nun einmal in den Niederlanden statt.«
Niederländer ermitteln gemeinsam mit Deutschen gegen die Automatensprenger. So etwa im Fall der Bande, die im Februar in den Niederlanden ausgehoben worden war. Sie sollen für etwa 50 Überfälle, vor allem in Bayern und Baden Württemberg, verantwortlich sein.
Angrenzende Bundesländer besonders im Fokus
Gesprengte Geldautomaten sind vor allem in den zu den Niederlanden angrenzenden Bundesländern NRW und Niedersachsen ein Problem - nach Angaben der beiden Landeskriminalämter waren es im vergangenen Jahr zusammen 250 Taten in den Bundesländern - somit etwa die Hälfte der bundesweiten Fälle.
Während die Zahl der Sprengungen in Deutschland sprunghaft anstieg, ging sie in den Niederlanden deutlich zurück. 2019 waren noch 71 Fälle registriert worden, im vergangenen Jahr waren es nur noch neun. Die Zahl der Automaten wurde im Nachbarland deutlich reduziert.
Forderungen nach mehr Schutzvorkehrungen der Banken
Nach Sprengungen fordern Innen- oder Justizpolitiker immer wieder verstärkte Schutzvorkehrungen von den Banken. Dabei geht es etwa um mehr Videoüberwachung oder Systeme, womit das Bargeld eingefärbt oder verklebt wird und somit unbrauchbar ist.
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sagt, die deutsche Bankenwirtschaft habe sich gegenüber der Bundesinnenministerin zu einer Reihe von Maßnahmen verpflichtet. Im Juni soll es auf Bundesebene weitere Gespräche mit den Banken geben.
Huth fordert die Politik und Banken zu einem entschiedeneren Eingreifen auf. »Man kann Banken nicht vorwerfen, sie hätten nichts gemacht, aber sie machen nicht genug. Wie viele Geldautomaten haben wir noch in Wohnhäusern stehen? Das kann ich nicht nachvollziehen.«
Banken weisen Kritik zurück
Ein Sprecher der Deutschen Kreditwirtschaft, zu dem eigenen Angaben zufolge alle fünf großen deutschen Bankenverbände gehören, wies die Kritik zurück. Banken setzten für ihre Geldautomaten Sicherungskonzepte ein, die durch verschiedene Maßnahmen auf eine höchstmögliche Prävention zielten.
Blick in andere Länder
In anderen Ländern gibt es laut Huth strengere gesetzliche Vorgaben. In Portugal seien etwa Geldautomatenbetreiber bereits seit 2003 verpflichtet, bei Geldautomaten technische Mindestanforderungen umzusetzen. Die Inbetriebnahme eines Automaten müsse bei der Polizei angezeigt werden.
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