Mit einem Marsch über die vor allem auch bei Wohlhabenden beliebte Nordsee-Insel Sylt haben am Samstag linke Aktivisten für mehr soziale Gerechtigkeit demonstriert. Nach Schätzungen der Polizei beteiligten sich an der Protestaktion etwa 400 zumeist junge Menschen, die mit dem Zug vor allem aus Regionen Norddeutschlands angereist waren. Die Organisatoren selbst sprachen von rund 500 Teilnehmern.
Den Angaben zufolge verlief der Marsch von Westerland nach Kampen friedlich. Der Zug der Demonstranten war gegen 14.30 Uhr mit etwa einstündiger Verspätung gestartet. Die Polizei war in sichtbarer Präsenz auf der Insel vertreten. Für den Abend war in Westerland zum Abschluss des Aktionstages noch ein Konzert geplant.
»Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten«
Zu der Protestaktion aufgerufen hatte das Bündnis »Wer hat, der gibt«, um Forderungen nach einer Umverteilung von Reichtum zu bekräftigen. »Auf Sylt bejubeln sich Reiche für Leistungen, die sie nicht erbracht haben, und vererben Geld, das sie nicht verdient haben«, heißt es in dem im Internet veröffentlichten Aufruf. Andernorts sei das Armutsniveau derweil auf einem Rekordhoch, die rapide steigenden Preise trieben immer mehr Menschen in die Existenzangst.
»Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten«, stand auf einem Banner, das an einem Kleintransporter an der Spitze des Demonstrationszuges befestigt war. Die hohen Kostensteigerungen bei Energie, Kraftstoffen und Lebensmitteln hatten zuletzt die politische Debatte um wachsende Armut und soziale Verantwortung neu belebt.
Das Aktionsbündnis fordert eine einmalige Vermögensabgabe zur Deckung der Kosten der Corona-Krise, die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die Erhöhung des Spitzensteuersatzes für besonders hohe Einkommen. Internationale Steueroasen sollen abgeschafft, große Erbschaften und Schenkungen höher besteuert werden.
Sylt gilt für viele als Synonym für Reichtum
Sylt mit seinen teilweise exklusiven Feriendomizilen gilt für viele als Synonym für Abgehobenheit und Reichtum. Erst Anfang Juli war mit der Hochzeit von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Insel wieder ins Rampenlicht geraten. Damals war eine Gruppe von Punks mit dem Ziel angereist, die Feier zu stören. Doch hatten sie sich für ihren lautstarken Protest laut Polizei das falsche Hotel ausgesucht.
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