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Corona und kein Ende: Fakten über Long Covid

1,5 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Long Covid. Sie kämpfen mit Erschöpfung, Kurzatmigkeit und Konzentrationsschwäche. Trotzdem wird ihre Krankheit oft erst spät erkannt. Welche Beschwerden typisch sind, wie lange die Symptome anhalten und was jeder selbst dagegen tun kann: ein Überblick.

Viele Long-Covid-Betroffene leiden unter chronischer Erschöpfung.
Viele Long-Covid-Betroffene leiden unter chronischer Erschöpfung. Foto: Foto: Antonioguillem/Adobe Stock
Viele Long-Covid-Betroffene leiden unter chronischer Erschöpfung.
Foto: Foto: Antonioguillem/Adobe Stock

BERLIN. Die akute Corona-Phase ist vorbei. Trotzdem leiden viele Menschen bis heute unter den Spätfolgen. Wie viele Betroffene es gibt, welche Beschwerden typisch sind, wann das alles ein Ende hat und was jeder selbst dafür tun kann: Dazu informiert das Robert Koch-Institut - die zentrale Bundesbehörde in Deutschland, wenn es um Infektionsschutz geht.

Was ist Long Covid?

Als Long Covid werden gesundheitliche Langzeitfolgen einer Covid-Infektion bezeichnet. Dabei fasst die deutsche Patientenleitlinie »Long-/Post-Covid-Syndrom« (September 2024) mehrere Fälle zusammen: Als Long Covid gelten alte Symptome, die über die akute Covid-Phase hinaus bestehen. Neue Symptome, die erst nach dem Ende der akuten Phase auftreten, sich aber als Folge der Covid-Infektion interpretieren lassen. Und bereits bestehende Vorerkrankungen, die sich infolge der Covid-Infektion verschlechtern.

Neben Long Covid kursiert der Begriff Post Covid. Dabei geht es um eine zeitliche Unterscheidung: Von Long Covid ist die Rede bei Beschwerden ab der vierten Woche nach Infektion, von Post Covid ab der zwölften Woche. Beides ohne zeitliche Begrenzung nach hinten: Long Covid ist also der Oberbegriff, er beinhaltet Post Covid als Unterbegriff. Außerdem fasst die deutsche S1-Leitlinie »Long/Post-Covid« für Ärzte (Mai 2024) Post Covid strenger als Long Covid: Bei Post Covid handelt es sich demnach um Beschwerden, die Alltagsfunktion und Lebensqualität des Patienten derart einschränken, dass sie medizinischer Behandlung bedürfen.

Welche Beschwerden treten auf?

Bei Long Covid handelt es sich nicht um ein einheitliches Krankheitsbild, sondern um verschiedene mögliche Beschwerden, die einzeln oder zusammen auftreten können. Typisch sind starke Erschöpfung und geringe Belastbarkeit (Fatigue), Probleme mit Konzentration und Gedächtnis (brain fog), Kurzatmigkeit und hartnäckiger Husten. Häufig kommt es auch zu verändertem Geruchs- und Geschmackssinn, Schlafstörungen und Herzklopfen. Darüber hinaus beschreiben Studien neu auftretende chronische Krankheiten: etwa Schädigungen der Lunge, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Demenz und Diabetes mellitus.

Wie lange dauert Long Covid?

Long-Covid-Symptome bilden sich innerhalb von sechs bis zwölf Monaten nach Infektion größtenteils zurück oder verschwinden ganz. Das ist die Regel sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern und Jugendlichen. Zu diesem Ergebnis kommen die meisten Studien. Nur bei einem kleinen Teil der Betroffenen bestehen die Beschwerden länger.

Wie lange Long Covid im Einzelfall dauert, ist abhängig von mehreren Faktoren: Die Krankheitsphase verlängert sich mit zunehmender Schwere der ursprünglichen Covid-Erkrankung sowie mit bestimmten Vorerkrankungen. Beschwerden infolge der aktuellen Omikron-Variante und ihrer Untervarianten vergehen schneller als bei vorherigen Virus-Varianten.

Wie oft kommt Long Covid vor?

1,5 Millionen Menschen in Deutschland sind laut Bundesregierung von Long Covid betroffen. Studien zufolge leiden fünf bis zehn Prozent der Menschen, die sich mit Covid infizieren, im Anschluss unter Long Covid. Allerdings sind die Prozentsätze mit Vorsicht zu genießen, denn viele Untersuchungen entsprechen nicht wissenschaftlichen Standards: Sie repräsentieren nicht die Bevölkerung, nehmen keinen Abgleich mit Kontrollgruppen vor und beobachten die Probanden im Nachgang nicht lang genug.

Was erhöht das Risiko?

Long Covid kann laut Studienlage auch nach einer Infektion ohne Symptome oder mit milden Symptomen auftreten. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass das Risiko bei schwerer Erkrankung steigt. Bei einer Analyse von Daten aus 22 Ländern erkrankten von Covid-Patienten mit intensivmedizinischer Behandlung 43 Prozent an Long Covid, von Covid-Patienten mit einfacher Klinikeinweisung 28 Prozent und von Covid-Patienten ohne Krankenhausaufenthalt 6 Prozent.

Der Einfluss von mehrfachen Infektionen ist umstritten: Einige Studien stellen ein höheres, andere ein niedrigeres Risiko für Long Covid fest. Je nach Geschlecht gibt es Unterschiede: Männer infizieren sich zwar leichter mit Covid, Frauen sind aber häufiger von Langzeitfolgen betroffen. Frauen leiden auch häufiger unter Erschöpfung, Kopfschmerzen und Geruchsminderung. Im mittleren und höheren Alter verzeichnen die meisten Studien ein höheres Risiko als in jüngeren Jahren.

Das Risiko für Long Covid steigt zudem, wenn bestimmte gesundheitliche Beschwerden bereits zuvor vorliegen. Dazu gehören Lungenkrankheiten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Adipositas. Auch Rauchen und fehlende Bewegung sind schädlich.

Was senkt das Risiko?

Das beste Mittel gegen Long Covid besteht darin, eine Infektion (oder sogar mehrere) zu vermeiden. Vor Long Covid schützen daher indirekt auch Impfungen – je mehr, desto besser. Sie senken das Risiko für und den Schweregrad von Langzeitfolgen. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass die Häufigkeit von Long Covid bei Infektionen mit aktuellen Virus-Varianten wie Omikron und seiner Untervarianten niedriger ist im Vergleich zu früheren Varianten.

Können Kinder auch Long Covid bekommen?

Kinder und Jugendliche können auch an Long Covid erkranken. Allerdings sind die Fallzahlen nach bisherigem Wissensstand niedriger als bei Erwachsenen. Die Rede ist von Werten im niedrigen einstelligen Prozentbereich, gemessen an der Zahl der Corona-Infizierten.

Eine Definition speziell für Kinder und Jugendliche hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Februar 2023 veröffentlicht. Demnach werden unter Post-Covid neue, anhaltende oder wiederkehrende Beschwerden zusammengefasst, die innerhalb von drei Monaten nach einer Covid-Infektion erstmals auftreten, mindestens zwei Monate lang vorliegen und die Leistungsfähigkeit im Alltag einschränken.

Die Symptome sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen sind weitgehend identisch. Im Vordergrund stehen jeweils chronische Erschöpfung, geringe Belastbarkeit, Atembeschwerden und veränderter Geruchssinn. Hinzu kommt ein höheres Risiko für Halsschmerzen, Benommenheit, Schwindel, Fieber, Schüttelfrost, Schweißausbrüche, Brustschmerzen und Kopfschmerzen. Neu aufgetreten sind teils Autoimmunerkrankungen.

Das Risiko steigt anscheinend mit zunehmendem Alter, bei Mädchen liegt es höher als bei Jungen. Ein erhöhtes Risiko zeigt sich auch bei schwerer Covid-Erkrankung sowie bei bestimmten Vorerkrankungen. Bei einer Infektion mit Omikron und seinen Untervarianten kommt es seltener zu Long Covid als bei früheren Virus-Varianten. Anders als bei Erwachsenen gibt es keine Hinweise auf einen verbesserten Schutz durch Impfung. Auch bei Kindern und Jugendlichen werden die Beschwerden meist in den ersten Monaten schwächer oder verschwinden ganz.

Wie werden Long-Covid-Patienten versorgt?

Ein Medikament gegen Long Covid gibt es noch nicht. Bislang werden die einzelnen Symptome behandelt. Erster Ansprechpartner für Betroffene sind Hausärzte. Diese binden bei Bedarf weitere Fachärzte in die Therapie ein.

Wo steht die Forschung?

Long Covid ist nach wie vor Gegenstand intensiver Forschung, da viele Fragen noch nicht abschließend geklärt sind: Welche Mechanismen liegen der Krankheit zugrunde? Wie äußert sich das Krankheitsbild? Wie kann man Long Covid vorbeugen? Welche Behandlung ist für wen geeignet? Seit den ersten Hinweisen auf längerfristige gesundheitliche Folgen einer Covid-Infektion Mitte 2020 sind in Deutschland sowie international eine Vielzahl an wissenschaftlichen Studien angelaufen. Die Bundesregierung etwa kündigte letzte Woche eine neue »Allianz postinfektiöse Erkrankungen« an. Dadurch sollen Diagnose und Behandlung von Long Covid verbessert werden. Das Projekt wird zehn Jahre lang mit 50 Millionen Euro pro Jahr gefördert.

Was hat Long Covid mit Impfschäden zu tun?

Nichts. Bei Long Covid und Impfschäden handelt es sich um zwei unterschiedliche Dinge. Long Covid ist die Folge einer Infektion mit dem Covid-Virus. Impfschäden treten gegebenenfalls nach einer Corona-Impfung auf. Bei Impfschäden sind Krankheitsmechanismen, Symptome und zeitlicher Zusammenhang anders: Dort reagiert der Körper auf die Immunstimulation durch den Impfstoff (nicht wie bei Long Covid auf die Virusvermehrung infolge der Infektion). Bekannte Symptome sind Entzündung von Herzmuskel oder Herzbeutel (vor allem bei jungen Männern, meist nach mRNA-Impfung), Blutgerinnsel (vor allem nach Vektorimpfstoffen), Entzündungen der Nerven und allergische Sofortreaktionen. Diese Beschwerden treten innerhalb von Stunden bis Tagen nach der Impfung auf.

Gibt es Langzeitfolgen auch bei anderen Virusinfektionen?

Langzeitfolgen nach Virusinfektionen sind kein neues oder Covid-spezifisches Problem. Schon lange ist bekannt, dass verschiedene Viren postinfektiöse Beschwerden auslösen können. Das ist der Fall etwa bei Grippe-, Hepatitis- und Herpesviren. Covid hat das Thema nur stärker in den Fokus gerückt, weil sehr viele Menschen gleichzeitig betroffen waren. Die Gründe für Spätfolgen sind nicht vollständig bekannt. Man weiß aber, dass verschiedene Faktoren eine Rolle spielen. Dazu gehören Virusfragmente, die das Immunsystem triggern, eine anhaltende Immunaktivierung und Autoimmunreaktionen, Schäden an Gefäßen, Nerven oder Organen sowie Probleme bei der Energieproduktion. (GEA)