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Brennende Flüchtlingsunterkunft - Staatsschutz ermittelt

Das mutmaßlich gelegte Feuer in einer Unterkunft für ukrainische Kriegsflüchtlinge bei Wismar sorgt für Entsetzen. Die Polizei vermutet einen politischen Hintergrund.

Flüchtlingsunterkunft abgebrannt
Rauch steigt aus den Resten des abgebrannten Hotelgebäudes auf. Foto: Jens Büttner
Rauch steigt aus den Resten des abgebrannten Hotelgebäudes auf.
Foto: Jens Büttner

Der Brand einer Unterkunft für ukrainische Kriegsflüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern könnte einen politischen Hintergrund haben. Das vermuten die Ermittler, die von Brandstiftung an dem ehemaligen Hotel in Groß Strömkendorf bei Wismar ausgehen, wie das Polizeipräsidium in Rostock am Donnerstag mitteilte. Die Ermittlungen wurden demnach federführend dem Staatsschutz übergeben.

Die Polizei erwartete erste Ergebnisse ihrer Ermittlungen frühestens Anfang kommender Woche. Die Proben, die die Brandursachenermittler am Donnerstag in Groß Strömkendorf bei Wismar genommenen hätten, würden im Labor untersucht, sagte der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Rostock, Michael Peters, der Deutschen Presse-Agentur. Parallel würden Zeugen vernommen. Dazu gehörten auch Passanten, die am Mittwochabend am Brandort waren. Es gebe eine Liste, die schrittweise abgearbeitet werde.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einer furchtbaren Nachricht. »Menschen, die vor Putins Krieg bei uns in Deutschland Schutz gefunden haben, mussten aus den Flammen gerettet werden«, sagte die SPD-Politikerin in Berlin.

Das Feuer war laut Polizei am Mittwochabend gegen 21.20 Uhr an einer Außenseite des Gebäudes ausgebrochen. Darin hielten sich zu dem Zeitpunkt 14 Geflüchtete, darunter vier Kinder und Jugendliche, sowie drei Betreuer auf, wie Heimleiter Andrej Bondartschuk sagte. Das reetgedeckte Gebäude brannte nieder, verletzt wurde niemand. Rund 120 Feuerwehrleute waren bis in die Morgenstunden im Löscheinsatz.

Hakenkreuz-Schmiererei entdeckt

Auf einem Schild vor der Unterkunft war vor dem Brand eine Hakenkreuz-Schmiererei entdeckt worden. Ob ein Zusammenhang mit dem Feuer besteht, war nach Worten von Innenminister Pegel noch offen. In letzter Zeit hatte es in der Region eine Serie von Brandstiftungen gegeben, zuletzt brannte ein leerstehendes Haus. Auch die Brandserie sei Teil der Ermittlungen, sagte der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Rostock, Michael Peters, in Groß Strömkendorf.

Zahlreiche Politiker sowie Vertreter von Kirchen und Gewerkschaften äußerten ihr Entsetzen über den Brand. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) betonte: »Menschen, die vor Krieg flüchten, brauchen unseren Schutz und unsere Unterstützung. Hetze und Gewalt dulden wir nicht!«

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, zeigte sich schockiert und sprach gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe von einem »Brandanschlag«.

Erinnerungen »an ganz dunkle Zeiten«

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Schweriner Landtag, Julian Barlen, sagte, die Hakenkreuz-Funde vor Ort weckten 30 Jahre nach Lichtenhagen und Mölln Erinnerungen »an ganz dunkle Zeiten«. Der Beauftragte für Flüchtlingsfragen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Christian Stäblein, sagte: »Wer Geflüchtete angreift, greift uns alle an.«

Immer wieder kommt es in Deutschland zu Angriffen im Zusammenhang mit Flüchtlingsunterkünften. Allein im zweiten Quartal dieses Jahres zählte das Bundesinnenministerium 24 politisch motivierte Delikte, bei denen eine Flüchtlingsunterkunft selbst Tatort oder direktes Angriffsziel war. Dabei hatten den Angaben zufolge 13 Delikte einen politisch rechts motivierten Hintergrund, wie das Bundesinnenministerium auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hin mitgeteilt hatte.

Bürgermeister: »Angriff ist erschütternd«

Der Bürgermeister der Gemeinde Blowatz, zu der Groß Strömkendorf gehört, Tino Schmidt (SPD), erklärte, bisher habe es in der Region keine Anzeichen für rechtsmotivierte Umtriebe gegeben. Man habe ein sehr gutes Verhältnis zu den Flüchtlingen aus der Ukraine. Zeitweise seien in dem ehemaligen Hotel bis zu 170 Menschen aus dem von Russland angegriffenen Land untergebracht gewesen. Im Sommer habe man mit den Flüchtlingen und dem DRK, das die Einrichtung betreut, noch ein fröhliches Sommerfest gefeiert.

Peters unterstrich: »Jeder Angriff auf Flüchtlinge oder deren Unterkünfte ist auch eine Attacke auf unsere Grundwerte. Ein solcher Angriff ist erschütternd und nicht hinnehmbar gleichermaßen.« Die Ermittlungen zu dem Feuer hätten oberste Priorität.

© dpa-infocom, dpa:221020-99-190035/16