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»Bild des Krieges« nach Erdrutschen bei Rio

Die Zahl der Vermissten steigt sprunghaft an, die Suche unter Trümmern und Schlamm gestaltet sich schwierig. Auch das Wetter erschwert die Arbeit der Helfer.

Erdrutsche bei Rio de Janeiro
Rettungskräfte bergen am dritten Tag der Suche nach Überlebenden und Opfern der tödlichen Schlammlawinen in Petropolis Kleidung aus einem Haus. Foto: Silvia Izquierdo
Rettungskräfte bergen am dritten Tag der Suche nach Überlebenden und Opfern der tödlichen Schlammlawinen in Petropolis Kleidung aus einem Haus.
Foto: Silvia Izquierdo

Nach Erdrutschen und Überschwemmungen in Folge von heftigem Regen ist die Zahl der Toten in der Bergregion von Rio de Janeiro auf mindestens 130 gestiegen. Dies berichtete das brasilianische Nachrichtenportal »G1« unter Berufung auf die Feuerwehr am Freitag.

Unter den Toten waren demnach 20 Kinder. 70 Leichen wurden identifiziert. Nach Angaben der Polizei wurden noch 218 Personen vermisst, fast doppelt so viele wie zuvor gemeldet.

»Ich habe eine riesige Zerstörung gesehen. Es ist ein Bild des Krieges«, sagte der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro, der die Region nach seiner Rückkehr aus Russland und Ungarn am Freitag überflog. »Wir haben einen perfekten Eindruck von dem bekommen, was hier in Petrópolis passiert ist.«

Papst drückt Beileid aus

Der Papst drückte den Angehörigen sein Beileid und sein Mitgefühl aus. »Ich bitte Gott um die ewige Ruhe für die Verstorbenen und Trost, Genesung und christliche Hoffnung für die Betroffenen«, hieß es in einem Telegramm, das Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin im Namen von Papst Franziskus an den Bischof von Petrópolis schickte.

Am frühen Freitagmorgen heulten in Petrópolis erneut die Sirenen, gegen Donnerstagabend hatte wieder heftiger Regen eingesetzt. Das Wetter blieb auch tagsüber wechselhaft. Einige Bewohner weigerten sich dennoch, ihre Häuser zu verlassen. Die Rettungsteams setzten die Suche nach Vermissten wegen der Gefahr von Erdrutschen zu ihrer eigenen Sicherheit vorübergehend aus; nach Angaben der Polizei wurden noch 116 Personen vermisst.

Angehörige erzählten im Fernsehen von ihrer Verzweiflung. »Wir glauben, dass sie hier verschüttet ist«, sagte etwa eine Joyce genannte Frau. »Aber die Feuerwehrleute suchen nach einer Nadel im Heuhaufen.«

24 Personen wurden bislang gerettet. Hunderte Einwohner wurden zu den mehr als 30 Auffangpunkten der Stadt - Kirchen und Schulen - gebracht. Auf Fotos war zu sehen, wie in Sicherheit gebrachte Menschen ein Essen bekamen.

Hoffen auf Überlebende

»Die Feuerwehrleute glauben, dass sie immer noch Überlebende finden können«, sagte der Sekretär für den Zivilschutz des Bundesstaates Rio de Janeiro, Leandro Monteiro. »Deshalb können wir den Boden nicht mit schwerem Gerät abtragen, wie die Leute wollen. Wir haben eine Technik für diese Art von Desaster.« Dabei brauchen die Rettungskräfte zunächst Ruhe, weil sie die Namen der Vermissten rufen, Hunde nach ihnen suchen lassen und dann an einer Stelle graben.

Am Dienstag hatte es nach Angaben des Wettersenders Climatempo in sechs Stunden mehr geregnet, als für den ganzen Monat Februar erwartet worden war. »Es war der schlimmste Regen in Petrópolis seit 1932«, sagte der Gouverneur von Rio, Cláudio Castro. Hänge rutschten ab, Autos und selbst Busse wurden von den Wassermassen mitgerissen, Straßen waren blockiert. Die Szene, wie zwei Busse in den Fluten versanken und Passagiere sich zu retten versuchten, gehörte zu den schockierendsten Bildern der Tragödie von Petrópolis.

© dpa-infocom, dpa:220218-99-182233/8