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Baby stirbt durch Messerstiche - Mutter räumt Tat ein

Warum tötet eine Mutter mutmaßlich ihr eigenes Kind? Die Aussagen der Angeklagten liefern kein eindeutiges Bild, ihr Mann spricht von psychischen Problemen. Spurensuche auch in der Vergangenheit.

Prozess
Der Eingangsbereich zum Landgericht Schweinfurt. Foto: Daniel Vogl
Der Eingangsbereich zum Landgericht Schweinfurt.
Foto: Daniel Vogl

Ein Baby stirbt gewaltsam in einer Flüchtlingsunterkunft bei Schweinfurt, niemand außer der Mutter ist dabei. Zum Prozessauftakt am Montag vor dem Landgericht Schweinfurt hat die Frau unter Tränen die Tötung ihres Kindes gestanden - und doch blieben viele Fragen ungeklärt. Die Angeklagte und ihr Mann präsentierten unterschiedliche Versionen ihres gemeinsamen Lebens, das sich im vergangenen August mit dem Tod ihrer etwa drei Monate alten Tochter schlagartig änderte.

Seither sitzt die vermutlich 28 Jahre alte Mutter des Mädchens in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau aus Somalia Mord vor. Wie alt die Angeklagte und ihr Mann wirklich sind, ist unklar, da Flüchtlinge mitunter ohne Papiere nach Deutschland kommen und ihr Alter dann geschätzt wird.

Mithilfe einer Dolmetscherin schilderten die Angeklagte und ihr Ehemann, dass sie über Griechenland und Frankreich schließlich nach Deutschland gekommen seien. In einer Flüchtlingsunterkunft in Geldersheim bei Schweinfurt seien sie im Juli 2022 untergekommen - zusammen mit ihrem Baby. »Ich habe keine Möglichkeit gehabt, meiner Tochter Milch zu geben«, erzählte die Frau weinend. Ihr Mann habe sie geschlagen, sie sei in dem sogenannten Ankerzentrum vom Personal und von anderen Migranten schikaniert worden. Ihr Mann habe allen erzählt, sie sei verrückt.

Hoffnungslos und verzweifelt

Vor der Großen Strafkammer zeigte sich die Frau als verzweifelt und hoffnungslos, niemand habe ihr geholfen, vor allem der Kindsvater nicht. »Dann habe ich beschlossen, meine Tochter zu töten«, sagte sie. Das Tatmesser mit einer mehr als zwölf Zentimeter langen Klinge habe sie sich in der Unterkunft von einer Familie geholt, mit der sie sich eine Toilette geteilt habe. »Es war alles für mich zu viel.« Sie habe die Kontrolle verloren. »Dann habe ich die Kleine getötet«, sagte sie vor Gericht. Das Kind war nach der Tat in Zimmer 238 B verblutet.

Der vermutlich 29 Jahre alte Vater des Mädchens weinte ebenfalls bei seiner Aussage: »Ich hätte niemals gedacht, dass sie dem Kind etwas antut.« Er gab zu, die Angeklagte ab und an im Streit geschlagen zu haben, angeblich, um sich gegen ihre Angriffe zu wehren. »Ich weiß, dass sie Probleme im Kopf hat.« Sie habe zeitweilig Medikamente genommen - was genau, wisse er nicht. Und sie habe bereits in Griechenland zwei Menschen mit einem Messer verletzt und auch sich selbst. Er liebe seine Frau, er verzeihe ihr, sagte der Mann. Die Angeklagte blickte ihn nur kühl an.

Immer wieder appellierten das Gericht und der psychiatrische Sachverständige an die Angeklagte, ihre Situation am Tattag genau zu schildern und zu erklären, warum sie das Mädchen in den Hals stach. »Sie laufen Gefahr, eine lebenslange Freiheitsstrafe zu erhalten«, erklärte die Vorsitzende Richterin Claudia Guba der jungen Frau mit dem weißen Pullover und den lockigen Haaren.

»Sie haben sich, glaube ich, ganz alleine gefühlt«, sagte der renommierte Psychiater Hans-Peter Volz zu der Angeklagten. »Wollten Sie einfach ein Problem weniger haben, nämlich das Kind?«

Für den Prozess sind bisher zwei Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil könnte am kommenden Donnerstag gesprochen werden.

© dpa-infocom, dpa:230227-99-756772/3