Auch der Sommer 2023 reiht sich nach der vorläufigen Bilanz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ein in die Serie zu warmer Sommer in Deutschland. Mit einer Durchschnittstemperatur von 18,6 Grad lag der diesjährige Sommer um 2,3 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990, berichtete der DWD zur Auswertung seiner rund 2000 Messstationen für die Monate Juni bis August.
Im Vergleich zur aktuellen und wärmeren Vergleichsperiode 1991 bis 2020 betrug die Abweichung genau ein Grad. »Seit nun 27 Jahren werden in Deutschland zu warme Sommer gemessen«, sagte DWD-Sprecher Uwe Kirsche. »Wieder können wir den Klimawandel live erleben.«
Ein Sommer mit nassen Tatsachen
In diesem Jahr war der Sommer den DWD-Angaben zufolge von großen Schwankungen geprägt: Es gab tropische Hitze, aber auch frühherbstlich frische Temperaturen. So wurde am 3. Juni in Sohland an der Spree mit minus 0,7 Grad der bundesweite Sommer-Tiefstwert ermittelt. Im weiteren Verlauf des Juni wurde es dagegen merklich wärmer - im Südwesten Deutschlands sogar außergewöhnlich warm.
Womöglich erinnern sich diejenigen, die in den vergangenen Wochen vor allem den Regenschirm brauchten und über eher frische Temperaturen klagten, gar nicht mehr so recht an die Hitzetage im Juli, die die Menschen ordentlich ins Schwitzen brachten - ganz besonders am 15. Juli bei 38,8 Grad in Möhrendorf-Kleinseebach in Bayern. Und auch Mitte August zeigte sich der Sommer nach einem eher herbstlich-kühlen Monatsbeginn wieder mit ordentlichem Temperaturanstieg, aber auch mit sehr feuchter Luft.
Überhaupt geizte der Sommer 2023 nicht mit nassen Tatsachen: Mit rund 270 Litern pro Quadratmeter fiel in diesem Sommer ein gutes Zehntel mehr Niederschlag als im Mittel der Referenzperiode 1961 bis 1990. Im Laufe des Sommers gab es Niederschläge im ganzen Land: Ihren Höhepunkt erreichten sie im August mit teils heftigen Starkregen- und Hagelgewittern. Mit Dauerregen und steigender Hochwassergefahr verabschiedete sich der Sommer im Südosten. Direkt an den Alpen wurden im Laufe der drei Monate bis zu 600 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gemessen. In Bad Berneck im Fichtelgebirge wurde während eines Unwetters am 22. Juni mit 120,7 Litern Niederschlag pro Quadratmeter die höchste Tagesmenge erfasst.
Am sonnigsten im Alpenvorland
Doch trotz aller Regen- und Gewitterwolken: Die Sonne bahnte sich auch im Sommer 2023 ihren Weg. Mit 720 Stunden übertraf die Sonnenscheindauer das Soll von 614 Stunden für die Vergleichsperiode 1961 bis 1990 um etwa 17 Prozent. Der Juni war sogar der zweitsonnigste seit Messbeginn. Am meisten schien die Sonne mit mehr als 800 Stunden im Alpenvorland und an der Grenze zur Schweiz.
Wenn trotz dieser Messwerte viele Menschen nur schwer glauben können, dass auch der Sommer 2023 zu warm gewesen ist, liegt das an persönlichen Erfahrungen und Empfindungen wie etwa einem im Dauerregen verbrachten Urlaub, meint Andreas Matzarakis, Leiter des Zentrums für Medizin-Meteorologische Forschung des DWD. »Dadurch wird man leicht in die Irre geleitet. Man spricht ja auch von gefühlt warmen oder kaltem Wetter«, sagte Matzarakis der Deutschen Presse-Agentur. Das sei eben alles höchst subjektiv - und daher sei es für die wissenschaftliche Beurteilung des Sommers wichtig, sich an exakten Messwerten zu orientieren.
»Befinden und mitten im Klimawandel«
Die Sommerbilanz unterstreiche, »dass wir uns mitten im Klimawandel befinden«, hieß es in einer Stellungnahme des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Dabei sei der Sommer nicht nur wärmer als im langjährigen Durchschnitt, sondern auch feuchter ausgefallen. Dennoch seien die tieferen Bodenschichten in vielen Regionen Deutschlands, insbesondere im Osten und Süden, weiterhin ungewöhnlich trocken, erläuterte der PIK-Hydrologe Fred Hattermann. Die diesjährigen Niederschläge könnten das Niederschlagsdefizit, welches sich über die letzten Jahre angesammelt hat, nicht kompensieren. Nicht nur das: »Dadurch, dass auch dieser Sommer wärmer war als im Durchschnitt und auch die Strahlung stark zugenommen hat, wächst der Wasserbedarf der Vegetation stetig, und wir müssten also jedes Jahr mehr Niederschläge bekommen, um dies zu kompensieren.«
Der Experte betonte außerdem: »Mit dem beginnenden El Niño, welcher zu überdurchschnittlichen Oberflächentemperaturen im südlichen Pazifik führt, besteht die Gefahr, dass wir auch im nächsten Jahr weitere Extreme sehen werden und vielleicht die globale Erwärmung erstmals 1,5 Grad überschreiten wird.«
Die Vereinten Nationen (UN) bezeichnen den Klimawandel als langfristige Veränderungen der Temperaturen und Wettermuster, die seit dem 19. Jahrhundert »hauptsächlich auf menschliche Tätigkeiten zurückzuführen« seien - diese sind nach UN-Angaben vor allem die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas.
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