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Amoktat: Ermittlungen gegen Mitarbeiter der Waffenbehörde

Hätte der Amoktäter von Hamburg eine Waffe bekommen dürfen? Gegen einen Mitarbeiter der Waffenbehörde sind nun Ermittlungen eingeleitet worden.

Amoktat bei Zeugen Jehovas
Blumen liegen vor dem Gemeindehaus der Zeugen Jehovas in Hamburg. Foto: Georg Wendt
Blumen liegen vor dem Gemeindehaus der Zeugen Jehovas in Hamburg.
Foto: Georg Wendt

Nach der Amoktat mit acht Toten bei einer Versammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg wird gegen einen Mitarbeiter der Waffenbehörde wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt. Der Mann soll Informationen über den psychischen Zustand des späteren Todesschützen innerhalb der Behörde nicht korrekt weitergeleitet haben, teilte die Generalstaatsanwaltschaft am Donnerstag mit. Auch gegen drei Mitglieder eines im Schießverein des späteren Amokläufers tätigen Prüfungsausschusses werde ermittelt.

Gegen den Mitarbeiter der Waffenbehörde bestünden Anhaltspunkte für den Verdacht der fahrlässigen Tötung in sechs Fällen sowie der fahrlässigen Körperverletzung im Amt in 14 Fällen, teilte die Sprecherin mit.

Er soll Informationen über den Amoktäter Philipp F., die er über einen Mitarbeiter des Schießclubs aus dem familiären Umfeld des Täters erhalten hatte, weder dokumentiert noch ordnungsgemäß innerhalb der Waffenbehörde weitergeleitet haben, wie es in der Mitteilung hieß. So soll er nicht darauf hingewiesen haben, dass er selbst vorgeschlagen habe, ein am 24. Januar bei der Waffenbehörde eingegangenes Schreiben als »anonyme« Anzeige zu schicken, obwohl er mögliche Urheber sowie weitere Hintergründe kannte. Es sei sozusagen eine bestellte anonyme Anzeige gewesen, hieß es aus Ermittlerkreisen.

In Unkenntnis dessen ordnete der zuständige Sachgebietsleiter der Waffenbehörde nach Angaben der Staatsanwaltschaft nur eine unangekündigte Aufbewahrungskontrolle für die im Besitz von Phillipp F. befindliche Schusswaffe an, anstatt sich gezielt weitere Informationen zu verschaffen und die Waffe nebst Munition sodann umgehend sicherzustellen.

Anfangsverdacht der Falschbeurkundung

Am Donnerstag seien zehn Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Hamburg vollstreckt worden. Die Durchsuchungen betrafen die Wohnanschriften der vier Beschuldigten, den Arbeitsplatz des Mitarbeiters der Waffenbehörde sowie Räumlichkeiten des Vereins.

Gegen die drei Mitglieder des Prüfungsausschusses wird wegen des Anfangsverdachts der Falschbeurkundung im Amt ermittelt. Der Prüfungsausschuss hatte Philipp F. »blanko« ein auf den 28. April 2022 datiertes Sachkundezeugnis ausgestellt. Tatsächlich soll Phillipp F. die praktische Sachkundeprüfung am 28. April jedoch nicht bestanden haben.

Gegenüber sämtlichen Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

Philipp F. hatte am 9. März nach einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg-Alsterdorf mit einer halbautomatischen Pistole sieben Menschen und schließlich auch sich selbst getötet. Nach einem anonymen Hinweis wenige Wochen vor der Tat war der 35-Jährige von der Waffenbehörde überprüft worden.

© dpa-infocom, dpa:230427-99-470991/3