Der letzte Zwischenfall ereignete sich erst letzten Mittwoch: König Felipe VI. und seine Frau Letizia mussten vor der Militärparade am spanischen Nationalfeiertag in Madrid entgegen dem Protokoll länger im Rolls Royce warten, weil Ministerpräsident Pedro Sánchez sich zur zeremoniellen Begrüßung verspätet hatte.
Das Foto der mit ernster Miene im Auto ausharrenden Royals wurde tags darauf von der renommierten Zeitung »El Mundo« und anderen Blättern auf Seite eins veröffentlicht. Der Regierungschef habe absichtlich gehandelt, meinten »El Mundo« und andere unisono. Er habe damit das Pfeifkonzert der mit seiner Arbeit unzufriedenen Zuschauer abschwächen und auch der Monarchie eins auswischen wollen, hieß es.
Seit der Thronbesteigung ist der Monarch ergraut
Der nun von Montag (17.10.) bis Mittwoch anstehende Staatsbesuch in Deutschland (spanisch: Alemania) ist für Felipe mit Sicherheit auch eine willkommene Erholung vom Dauerstress in der Heimat, wie ein Fernsehkommentator hervorhob.
Der 54-Jährige hat sich bisher zwar nichts zuschulden kommen lassen, er gilt als »Saubermann«, der allenfalls etwas zu »langweilig« ist. Und auch die sozial engagierte Letizia (50) ist bei den Spaniern recht beliebt. Doch die politischen und familiären Probleme könnten mit dazu geführt haben, dass die Haare des Monarchen seit der Thronbesteigung im Juni 2014 ergraut sind.
Der Unabhängigkeitskonflikt in Katalonien und Probleme wie der ständige Streit der linken Regierung mit der konservativen Opposition, der unter anderem zu einer Blockade der Justiz geführt hat, weil man sich seit 2018 nicht auf die Besetzung wichtiger Richterposten einigen kann, belasten die Arbeit des Staatsoberhaupts.
Und da ist auch noch die ständige Kritik des Koalitions-Juniorpartners Unidas Podemos (UP). UP fordert, dass das Königreich Spanien eine Republik wird. Mit dieser Forderung stehen die Linken nicht alleine da. Nach einer Umfrage des angesehenen Meinungsforschungsinstituts 40dB war zuletzt eine knappe Mehrheit der Spanier (53 Prozent) davon überzeugt, dass die Monarchie eine nicht mehr zeitgemäße Institution ist, die abgeschafft gehöre.
Daran schuld ist in erster Linie Altkönig Juan Carlos. Felipes Vater lebt aufgrund verschiedener Skandale seit Sommer 2020 in Abu Dhabi im Exil. Bei seinem seitdem ersten und bisher einzigen Heimatbesuch schaffte es der 84-Jährige in nur fünf Tagen, dem Image der Monarchie weitere Kratzer zuzufügen. Er trat, wie Medien meinten, »unbescheiden« auf. Juan Carlos habe »die Chance verpasst«, die Bürger »um Verzeihung zu bitten« und die »weder ethischen noch vorbildhaften Handlungen der vergangenen Jahre zu erklären«, klagte auch Regierungssprecherin Isabel Rodríguez.
Die Zeche zahlt in erster Linie Felipe. Da hilft es wenig, dass das Königshaus zunehmend auf Transparenz und Genügsamkeit setzt. Als einzige Institution Spaniens bekommt die »Casa Real« auch nächstes Jahr wieder mal keine Etaterhöhung und muss mit 8,4 Millionen Euro auskommen. Felipe legte dieses Jahr erstmals sein Privatvermögen von 2,6 Millionen Euro offen. Eine respektable Summe, aber fast »Peanuts« im Vergleich zum Vermögen anderer europäischer Monarchen.
Empfang im Schloss Bellevue
Kundgebungen gegen die Monarchie sind zwar nicht häufig, sie kommen aber auch in Madrid immer wieder vor. Im katalanischen Girona wurde dieses Jahr unter anderem auch eine Pappfigur des Königs unter lautem Jubel verbrannt. Proteste müssen Felipe und Letizia in Deutschland nicht befürchten. Sie erwartet aber nach ihrer Ankunft am Sonntagnachmittag (16.10.) in Berlin ein volles Programm.
Offiziell beginnt der Besuch am Montag (17.10.) mit einem Empfang im Schloss Bellevue durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Am Abend steht auch ein Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz an.
Am Dienstag (18.10.) sind dann unter anderem eine Teilnahme am Deutsch-Spanischen Forum in Berlin sowie die Eröffnung der Frankfurter Buchmesse vorgesehen.
Gemeinsam waren Felipe und Letizia zuletzt 2014 in Deutschland. Diesmal ist es aber ein Staatsbesuch, und das ist schon etwas sehr Besonderes. Das spanische Königspaar absolvierte seit 2014 insgesamt nur zwölf davon. Der letzte liegt fast ein Jahr zurück und ging nach Schweden. Der Staatsbesuch in Deutschland sei »von enormer Bedeutung« und unterstreiche »die ausgezeichnete Dynamik der bilateralen Beziehung«, zitierte »El Mundo« diplomatische Kreise in Madrid.
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