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Abseits des Protokolls: Platzregen und ein gähnender Prinz

Wohl wenige Ereignisse werden so sehr bis ins Detail durchgeplant wie die Krönung eines britischen Monarchen. Umso interessanter sind jene Momente, die niemand vorhersehen konnte.

Krönung von König Charles III.
Gekrönte Häupter: König Charles III. und Königin Camilla auf dem Balkon des Buckingham-Palastes. Foto: Leon Neal
Gekrönte Häupter: König Charles III. und Königin Camilla auf dem Balkon des Buckingham-Palastes.
Foto: Leon Neal

Seit Wochen war minutiös durchgeplant, wann was passieren sollte: 10.53 Uhr Ortszeit Ankunft an der Westminster Abbey, 14.15 Uhr Winken vom Balkon. Doch selbst bei einem Ereignis dieser Dimension lässt sich nicht alles vorausplanen. Ein Überblick der kleinen, ungeplanten Überraschungsmomente.

Die Eskapaden von Prinz Louis

Der jüngste Royal sorgte für die meiste Stimmung: Der fünfjährige Prinz Louis deutete beim Auftritt der Royal Family mit seinen Händen an, auf dem Geländer des Balkons abwechselnd Klavier und Schlagzeug zu spielen. Zwischendurch formte er seine Hand zu einer Art Kralle und winkte damit der Menge zu. Vorher im Gottesdienst ließ er sich sichtlich anmerken, dass zwei Stunden historische Zeremonie für einen Fünfjährigen zu viel des Guten sind: Er zappelte, war zwischendurch verschwunden und gähnte direkt nach der Krönung seines Großvaters mit offenem Mund. Schon im vergangenen Jahr hatte der Sohn von Prinz William und Prinzessin Kate beim Thronjubiläum von Queen Elizabeth II. mit seinen Grimassen begeistert.

Der Zeitplan

Kurzzeitig geriet der minutiöse Zeitplan aus dem Tritt - allerdings nicht durch eine Verspätung. Offenbar etwas zu früh erreichte die Kutsche mit Charles und Camilla die Westminster Abbey. Zumindest mussten die beiden einige Minuten in der prunkvoll verzierten Kutsche warten, die zu Ehren des 60. Thronjubiläums von Queen Elizabeth im Jahr 2012 gebaut wurde. Oder war es doch eine geplante kurze Verschnaufpause vor der Krönung?

Die Stippvisite von Prinz Harry

Prinz Harry war dabei - hielt seinen Aufenthalt aber so kurz wie nur möglich, laut »Mail« genau 28 Stunden und 42 Minuten. Schon kurz nach der Krönungsprozession brachte Berichten zufolge eine polizeiliche Eskorte ihn zum Londoner Flughafen Heathrow, von wo aus er die Heimreise zu seiner Frau Meghan und seinen Kindern antrat. In der Westminster Abbey musste Harry in der dritten Reihe Platz nehmen, bei seinen Cousinen und Cousins, denn mit seiner Kernfamilie ist er spätestens seit mehreren Interviews und seinen Memoiren tief zerstritten. Für Spott sorgte die Tatsache, dass Harry auf Fotos teils durch den aufwendigen Kopfschmuck von Prinzessin Anne in der Reihe vor ihm verdeckt ist.

Der stoische König

Während des Gottesdienstes in der Westminster Abbey verzog die Hauptperson kaum je eine Miene: Stoisch und konzentriert ließ Charles III. die Zeremonie über sich ergehen. Erst als auch seine Frau Camilla gekrönt wurde, huschte ihm ein Lächeln übers Gesicht. Dass Camilla zur Königin gekrönt wurde, war ein ausdrücklicher Wunsch von Charles' Mutter. Während Charles' früherer Affäre mit Camilla - als er noch mit Prinzessin Diana verheiratet war - war Camilla im britischen Volk noch sehr unbeliebt. Mittlerweile hat sie sich fest im Königshaus etabliert.

Die Unbekannte mit dem Schwert

Wer ist diese Frau? Das fragte sich so mancher bei Twitter, als Charles das juwelenbesetzte Staatsschwert in der Westminster Abbey überreicht bekam. Die Antwort: die konservative Abgeordnete Penny Mordaunt im petrolblauen Kleid, die Vorsitzende des sogenannten Kronrats ist und sich überraschenderweise zum heimlichen Star entwickelte. Sie wollte im vergangenen Jahr noch Premierministerin werden. Das Schwert symbolisiert die königliche Macht, aber auch die Akzeptanz seiner Pflichten durch den Monarchen.

Die Last auf dem Kopf

Die diamantenbesetzten Kronen machen zwar optisch Eindruck, sind aber nicht die praktischste Kopfbedeckung. Schon Queen Elizabeth II. sagte einst in einem Interview: Man dürfe mit der Krone auf dem Kopf keinesfalls den Kopf senken und riskieren, dass sie herunterfalle. »Sonst bricht es einem das Genick«, fügte sie schmunzelnd hinzu. Insbesondere Camilla schien mit der ungewohnten Last der Krone von Queen Mary zunächst zu fremdeln. Mehrfach hob sie die Hand, wie um die Krone zu stützen.

Die Null-Toleranz-Linie der Polizei

Polizeigewahrsam statt Krönungsparty: Die Londoner Polizei hat gleich mehrere Störer festgenommen. Gegner der Monarchie und Klimaaktivisten haben die Krönung zum Protest genutzt, die Polizei griff mit dem Ziel eines störungsfreien Einsatzes hart durch. Kurz vor dem royalen Großereignis ist das Demonstrationsrecht drastisch verschärft worden.

Die durchnässten Massen

Schlechtes Timing: Kurz vor Beginn der Krönungszeremonie wurde die Hauptstadt dem Klischee des britischen Wetters gerecht. Auch die Prozession fand noch bei Nieselregen statt. Zehntausende Royal-Fans harrten daher völlig durchnässt aus, um einen kurzen Blick auf das Königspaar zu werfen.

Die Zugabe

Frisch gekrönt zeigte sich König Charles III. mit seiner ebenfalls gekrönten Frau Camilla auf dem Balkon des Buckingham-Palasts. Nach reichlich Winken schloss sich die Türe zum Balkon wieder. Nur kurz später zeigten sich König und König erneut dem Volk. Noch eine Zugabe gab es aber nicht - anders als bei Queen Elizabeth, bei der es nach Angaben des Royal Collection Trust nach ihrer Krönung vor 70 Jahren ganze fünf Zugaben gab.

© dpa-infocom, dpa:230507-99-593792/2