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70 Jahre Anonyme Alkoholiker in Deutschland

Die Anonymen Alkoholiker gelten als die größte Selbsthilfegruppe der Welt. In Deutschland gibt es sie seit 70 Jahren. Millionen Betroffene haben bei den Anonymen Alkoholikern seither Hilfe gesucht.

Markus Backmund
Der Arzt und Suchtmediziner Markus Backmund bei der Pressekonferenz zum 70-jährigen Bestehen der Anonymen Alkoholiker (AA). Foto: Peter Kneffel
Der Arzt und Suchtmediziner Markus Backmund bei der Pressekonferenz zum 70-jährigen Bestehen der Anonymen Alkoholiker (AA).
Foto: Peter Kneffel

Wenn sich Menschen an die Anonymen Alkoholiker (AA) wenden, ist ihr Leidensdruck meist schon sehr groß und ihr Leidensweg lang. Die Interessengemeinschaft ist Anlaufstelle für Betroffene, die mit dem Trinken aufhören wollen, und auch für deren Angehörige. In Deutschland gibt es die Anonymen Alkoholiker seit 70 Jahren. Das Jubiläum wollen sie Ende März in München begehen.

Bundesweit gibt es aktuell rund 2000 AA-Gruppen, die sich regelmäßig treffen, sagt der Vorsitzende Jürgen Hoß, der selbst kein Alkoholiker ist. Die AA seien ein Beweis dafür, zu welchen Veränderungen Menschen in der Lage seien. Mehrere Betroffene erzählten in München von ihren eigenen Erfahrungen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie irgendwann an einen Punkt gekommen waren, an dem sie selber erkannten, dass sie nicht weitermachen können wie bisher.

»Party war mein Leben«, sagte Christian. Über Jahrzehnte sei Alkohol sein täglicher Begleiter gewesen - einfach, weil es gesellschaftlich akzeptiert gewesen sei. Judith erzählte, wie sie mehr als 20 Jahre lang die Alkoholsucht ihres Mannes toleriert und ausgehalten habe. Nach Außen habe sie versucht, die Fassade aufrechtzuhalten, nach Innen sei der Alltag die Hölle gewesen.

Mediziner: Alkoholsucht eine tödliche Krankheit

Dem Suchtmediziner Markus Backmund zufolge sterben in Deutschland jährlich etwa 75.000 Menschen an den Folgen des Konsums von Alkohol, die Hälfte davon bei Unfällen wie einem Sturz auf dem Heimweg. Alkoholsucht sei eine tödliche Krankheit, stellte er klar. Anders aber als etwa Krebskranke könnten sich Alkoholsüchtige selbst dafür entscheiden, ohne die Krankheit zu leben.

Problematisch sei, dass das Trinken von Alkohol bagatellisiert werde. Mit Blick auf das Oktoberfest sagte Backmund: »Wir organisieren die größte Massenintoxikation der Welt jedes Jahr und nehmen gesundheitliche Schäden und Todesfälle in Kauf.«

Um den Schritt aus der Sucht heraus zu schaffen, seien unter anderem Freiwilligkeit wichtig und die Erkenntnis, dass man ein Problem hat. Klar definieren lasse sich Alkoholsucht nicht. Aber wenn jemand ständig ans Trinken denke, sich selbst frage, ob er zu viel trinke, die Dosis steigere, ein Verlangen nach Alkohol empfinde und gar Verpflichtungen vernachlässige, dann seien das Hinweise auf eine Abhängigkeit.

© dpa-infocom, dpa:230310-99-903602/7