Für Gottfried Schmelzer war es Liebe auf den ersten Blick. »Wir haben uns vom ersten Moment an gut verstanden«, erzählt der 102-Jährige in seiner Wohnung in Bad Sobernheim, südwestlich von Mainz gelegen. Kennengelernt hat er seine Frau Ursula bei der Arbeit in einer Verwaltungsbehörde in Berlin.
Schon bald darauf heirateten sie - 1944 vor genau 80 Jahren. Damit sind die Schmelzers nach Recherchen der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz derzeit das am längsten verheiratete Paar in Deutschland. Und Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) gratulierte ihnen persönlich.
»Ich war knapp 19 und mein Mann 22«, erinnert sich die 98-Jährige an ihre Hochzeit. Er war ein Jahr vorher aus Rumänien nach Berlin gekommen. »Liebe auf den ersten Blick? Nein«, sagt sie. Aber: »Er war hartnäckig. Er wollte mich. Und ich hatte dann auch nichts mehr dagegen.«
Gottfried Schmelzer erzählt: »Ich habe sie zum Zug begleitet, und als sie auf Wiedersehen gesagt hat, bin ich mitgekommen, und von da an bin ich dann immer mitgekommen.« Das Paar blickt auf ein bewegtes Leben mit vielen Stationen und Reisen zurück, an die es sich auch heute noch gerne erinnert. »Wir machen viele Ausflüge in die Vergangenheit«, sagt sie über die Gespräche mit ihrem Mann.
Es war ein langer Weg
»Unsere Hochzeit hat schon ein paar Stolpersteine gehabt«, erinnert sich der 102-Jährige. Die notwendigen Papiere seien nicht auffindbar gewesen, weil das zuständige Berliner Standesamt ausgebombt worden war. »Dann ging die Telefoniererei los.« Die Papiere waren im Harz ausgelagert worden. Schmelzer machte sich sofort auf den Weg. »Am nächsten Tag konnten wir heiraten.«
Zunächst lebte das Paar in Frankfurt an der Oder, dem Heimatort von Ursula. Im Februar 1945 sei er dann eingezogen worden, und an Heiligabend habe er - zurück aus der Gefangenschaft - wieder zu Hause angeklopft.
»Wir hatten einen langen Weg«, sagt die Jubilarin. Ende 1952 flüchtete das Paar mit seinen drei kleinen Kindern über Berlin in den Westen, ohne Hab und Gut, die jüngste Tochter noch im Kinderwagen. Von dort ging es an den Niederrhein zu Gottfrieds Bruder, erzählt Wolfgang (77), Sohn von Gottfried und Ursula. Dort lebte die fünfköpfige Familie fast ein Jahr im Wohnzimmer, bevor sie eine eigene Wohnung bekam.
Schlosser Schmelzer arbeitete nachts im Bergbau unter Tage an den Maschinen, und vormittags baute er Fahrräder zusammen. Seine Frau verdiente Geld dazu, während die Kinder in der Schule und im Kindergarten waren. »Wir hatten aber immer das Gefühl, die Eltern sind für uns da«, erinnert sich Wolfgang. Vom Niederrhein ging es weiter in die Nähe von Siegburg, wo Ursula Schmelzer als Schulsekretärin arbeitete und ihr Mann Tauchpumpen baute.
»Ich liebe ihn heute noch und er liebt mich auch«
Das Geheimnis ihrer langen Ehe? »Ich liebe ihn heute noch und er liebt mich auch«, sagt sie. »Wir passen einfach zueinander«, sagte er. Und: »Seine Frau lieb haben.« Außerdem ist das Paar immer im Gespräch miteinander. Dazu komme eine große, intakte Familie: drei Kinder, sieben Enkel und acht Urenkel.
Die Lederwerkstatt von Tochter Ute (72) in einer alten Mühle hat die Schmelzers vor rund 17 Jahren nach Bad Sobernheim im Kreis Bad Kreuznach gezogen. Gottfried Schmelzer half dort nach seiner Rente noch mit, jetzt führt eine Enkelin die Geschäfte.
Wie hält sich das gesellige und freundliche Paar so fit? »Kreuzworträtsel sind meine Leidenschaft«, sagt der 102-Jährige, den es schmerzt, dass er nach einem Sturz jetzt eine Haushaltshilfe braucht. Er habe früher auch viel Sport gemacht. Und: »Meine Parole war immer: den aufrechten Weg gehen, und immer fair zu anderen sein.« Die 98-Jährige sagt: »Es liegt auch ein bisschen in der Familie.« Und: »Wir haben vor allem im Großen und Ganzen bisher Glück gehabt im Leben.«
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