MAINZ. Trotz heftiger Kritik aus der Telekommunikationsbranche startet an diesem Dienstag die Auktion von 5G-Mobilfunkfrequenzen. Das Thema ist vor allem für Deutschlands Industrie und damit für die Arbeitsplätze wichtig. Ein Überblick.
Was genau ist 5G?
Das Kürzel steht für die 5. Mobilfunkgeneration, die Weiterentwicklung des bereits bestehenden Standards 4G, auch LTE genannt. Die hat es in sich: Die Übertragungsrate ist etwa 100 Mal schneller als bei LTE, zudem liegt die Latenz - also die Zeit bis zu einer gewünschten Wirkung - nahe null, die Übertragung ist fast in Echtzeit. 5G gilt als großer Satz nach vorn im Internetzeitalter.
Wofür ist 5G wichtig?
Die Anwendungsbereiche sind vielfältig, letztlich kann 5G in allen Bereichen der Industrie ein Fortschritt sein. Beispiel Auto: Kommt ein Wagen in einer Kurve bei Glatteis ins Schleudern, ist auch das nachfolgende Fahrzeug in Gefahr. Dessen Sensoren bringen wegen der Kurve wenig. Besser wäre es, wenn das vorausfahrende Auto das Abrutschen blitzschnell per Datenfunk an den Verkehr hinter sich meldet - dann könnten Nachfolgende noch vor der Kurve automatisch abbremsen. 5G kann so eine Echtzeit-Kommunikation ermöglichen. Auch in der Telemedizin, in Fabrikhallen oder in der Landwirtschaft - etwa mit autonomen Treckern - soll 5G künftig eine wichtige Rolle spielen.
Was bedeutet die 5G-Auktion für Privatpersonen?
Zunächst einmal wenig. Denn es dauert noch, bis die jetzt zu vergebenden Frequenzen nutzbar werden - erst Anfang 2021 ist es soweit. Trotzdem gibt es Zeitdruck, schließlich muss die Branche vorher den Ausbau angehen. Außerdem taugen die derzeit üblichen Smartphones nicht zu 5G. Erste Geräte, die den Funkstandard theoretisch unterstützen, sollen jedoch schon in der ersten Jahreshälfte auf den Markt kommen. Die allermeisten mobilen Anwendungen funktionieren allerdings schon gut mit 4G/LTE. Für den privaten Endverbraucher ist es also wichtiger, dass erstmal LTE weiter ausgebaut wird. In Zukunft kann sich das aber ändern, wenn weiterentwickelte mobile Anwendungen deutlich höhere Datenströme brauchen als heute - und daher doch 5G nötig wird.
Warum sorgt die Auktion für hitzige Gemüter?
Für die Telekommunikationsbranche hat die Versteigerung immense Bedeutung. »Die Frequenzauktion ist der bislang wichtigste Meilenstein auf Deutschlands Weg in das 5G-Zeitalter«, schwärmt beispielsweise der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Achim Berg. Zugleich bekommt er aber tiefe Sorgenfalten. Die Firmen würden »in ein Auflagenkorsett gezwungen, das die Wirtschaftlichkeit der geplanten Investitionen in Frage stellt«, moniert er. Tatsächlich läuft praktisch die ganze Telekommunikationsbranche Sturm gegen die Vergaberegeln - die Netzbetreiber halten die Ausbaupflichten für überzogen. Auf der anderen Seite fordern Politiker noch schärfere Regeln, um überall schnelles Internet durchzusetzen.
Was genau besagen denn die Ausbauregeln?
In zwei Schritten sollen bis Ende 2022 beziehungsweise bis Ende 2024 alle Autobahnen, Bundesstraßen und wichtige Zugstrecken schnelles Internet bekommen. Heute erscheint das kaum vorstellbar angesichts der zahlreichen Funklöchern, die man auf Reisen durch Deutschland erlebt und erleidet. Außerdem sollen 98 Prozent der Haushalte bis Ende 2022 mit schnellem Internet versorgt werden. Der Neueinsteiger Drillisch wird weniger stark in die Pflicht genommen.
Was ist ein besonders heißes Eisen?
Die Netzbetreiber müssen mit anderen Firmen sprechen, wenn diese ihre Antennen nutzen wollen - Verhandlungsgebot nennt sich das. Die drei bisherigen Netzbetreiber befürchten, dass sie dadurch gezwungen werden könnten, die Konkurrenz auf ihre Netze zu lassen. Das Verhandlungsgebot ist letztlich eine Abschwächung des »National Roaming«, bei dem Netzbetreiber generell zur Öffnung ihrer Netze verpflichtet sind, wenn Konkurrenten vor Ort keine eigenen Masten haben. Das ist ein rotes Tuch für die Telekom, Vodafone und Telefónica, sehen sie darin doch ihre Investitionen entwertet. Das National Roaming steht zwar nicht in den Vergaberegeln, erleichtert sind die Netzbetreiber aber trotzdem nicht - aus ihrer Sicht könnte das Verhandlungsgebot eine Art Roamingpflicht durch die Hintertür sein.
Was sagt die Politik?
Die will am liebsten schnelles Internet überall. So wollen führende Vertreter aus Union und SPD ein lokales Roaming durchsetzen, ein Roaming nur in bestimmten entlegenen Gebieten. Das ist in den Vergaberegeln als eher vager Verweis auf einen EU-Kodex schon angedeutet, aber noch nicht ausformuliert. Über eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes könnte das lokale Roaming noch kommen: Wenn man also von A nach B fährt durch eine menschenleere Gegend, wo nur ein Netzbetreiber Masten hat, dann könnten Kunden anderer Firmen mit dem Netz dieses Mastbetreibers verbunden werden. Auch hiervon sind Deutsche Telekom & Co. alles andere als begeistert. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) teilt die Skepsis der Telekom dem Vernehmen nach teilweise - es knirscht also etwas in Berlin.
Wie genau läuft die Auktion ab?
Start ist am Dienstag um 10 Uhr. Die angemeldeten Bieter sind die Deutsche Telekom, Vodafone, Telefónica (O2) und Drillisch. Sie haben die Möglichkeit, vor Ort in dem Mainzer Technik-Standort der Bundesnetzagentur Angebote für die 41 verschiedenen Frequenzblöcke abzugeben. Das ist eine langwierige Sache - die vergangenen Auktionen dauerten drei bis sechs Wochen. Grund: Die Gemengelage verschiebt sich ständig. Erst wenn auf keinen einzigen Block mehr ein Angebot abgegeben wird, ist Schluss. Entscheidet sich eine Firma doch noch zu einem Gebot, geht es weiter - andere Bieter könnten dann wieder auf andere Blöcke setzen.
Wie viel Geld fließt wohl ins Staatssäckel?
Fachleute rechnen mit drei bis fünf Milliarden Euro. Das Geld will der Bund in den Digitalausbau stecken, etwa in eine bessere Ausstattung von Schulen. Die geradezu legendären Einnahmen aus der ersten großen Mobilfunkauktion im Jahr 2000, als rund 100 Milliarden D-Mark flossen, dürften bei Weitem nicht erreicht werden. Das ist auch gut so. Denn alle Seiten sind sich heute einig, dass die exorbitanten Staatseinnahmen damals ein Fehler waren - dadurch fehlte der Telekommunikationsbranche Geld für Investitionen und auch deshalb gab es mehr Funklöcher als gedacht. (dpa)