München (dpa) - Snapchat-Gründer Evan Spiegel zeigt Herz für die Konkurrenz: Er verbringt gern Zeit bei TikTok und ist nicht sauer, dass Facebook seine Ideen kopiert hat.
»Ich liebe TikTok. Ich bin ein großer Fan«, bekannte Spiegel bei einem Auftritt auf der Innovationskonferenz DLD in München am Sonntag. Zudem schloss er auf Nachfrage nicht aus, dass die zum chinesischen Bytedance gehörende Videoplattform mit der Zeit größer werden könnte als Facebooks Instagram.
Snapchat war ursprünglich für seine von allein verschwindenden Fotos bekanntgeworden. Später führte der Dienst die sogenannte »Stories«-Funktion ein, in der Nutzer Bilder und Videos für einen Tag mit ihren Freunden teilen können. Instagram und andere Facebook-Dienste kopierten die Funktion und hängten Snapchat bei der Nutzerzahl noch weiter ab. Auf die Frage, ob ihm das zusetze, antwortete Spiegel: »Viel mehr Ärgern würden wir uns, wenn wir nicht noch mehr Ideen hätten.« Vielmehr helfe das, die Idee in der Gesellschaft zu verbreiten. »Wir betrachten Kopieren nicht als Einschränkung für das Wachstum unseres eigenen Geschäfts.«
Instagram hat inzwischen mehr als eine Milliarde Nutzer, Snapchat kam zuletzt im Herbst auf rund 210 Millionen täglich aktive Mitglieder. TikTok hat nach jüngsten Informationen von Herbst mehr als 500 Millionen aktive Nutzer und wächst schnell. Die App hat einen extrem hohen Anteil junger Nutzer - viele sind jünger als 13, das Alter, ab dem man sich bei der App eigentlich anmelden dürfte. TikTok-Kritiker warnen deshalb vor Risiken beim Jugendschutz - sowie bei der Datensicherheit, unter Hinweis darauf, dass die Betreiberfirma aus China kommt. So wurde vor kurzem US-Soldaten verboten, auf Dienst-Telefonen TikTok zu nutzen.
Ein Markenzeichen von TikTok sind selbst gemachte Videos, in denen die Nutzer sich beim Tanzen filmen oder die Lippen zu populären Songs bewegen. Bytedance hatte 2018 die App Musical.ly übernommen, die auf Lipsync-Videos spezialisiert war. Gerade in diesem Bereich sieht Spiegel die langfristige Stärke von TikTok. Man könne sich die Nutzungs-Szenarien von Plattformen für soziale Medien wie eine Pyramide vorstellen - am breitesten sei die Nutzung von Werkzeugen zur Kommunikation, darauf folge die schmalere Schicht von Anwendungen, bei denen es um Status etwa mit »Likes« geht. TikTok sei an der Spitze dieser Pyramide - es erfordere zum Beispiel viel Aufwand, neue Tanzschritte einzuüben. Aber Inhalte, für die man Talent brauche, sind oft interessanter als solche, bei denen Status im Vordergrund stehe. »Das kann Leute von Diensten, bei denen es um Influencer geht, zu Inhalten rüberlocken, die auf Talenten basieren.«