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Elon Musk will als Twitter-Chef zurücktreten

Im Oktober kauft Musk für rund 44 Milliarden Dollar den Kurznachrichtendienst. Seit der Übernahme herrscht beim Online-Netzwerk Chaos. Nun will Musk selbst als Chef zurücktreten - unter einer Bedingung.

Elon Musk
Elon Musk bei einem Pressetermin auf dem Gelände der Tesla Gigafactory in Grünheide. Foto: Patrick Pleul
Elon Musk bei einem Pressetermin auf dem Gelände der Tesla Gigafactory in Grünheide.
Foto: Patrick Pleul

Elon Musk will als Twitter-Chef zurücktreten - allerdings erst, wenn ein Nachfolger gefunden ist. Der Eigentümer des Kurznachrichtendienstes twitterte am Dienstag (Ortszeit): »Ich werde als CEO zurücktreten, sobald ich jemanden finde, der blöd genug ist, den Job zu übernehmen! Danach werde ich nur noch die Software- und Server-Teams leiten.«

Twitter-Nutzer hatten sich zuvor in einer von Musk eingeleiteten Umfrage mehrheitlich für dessen Rücktritt ausgesprochen. Es deutet derzeit allerdings wenig darauf hin, dass Musk zügig einen geeigneten Kandidaten für den Top-Job findet. So oder so dürfte er als Eigentümer großen Einfluss bei der Online-Kommunikationsplattform behalten, die Unternehmen, Regierungen, Behörden und Politiker auf der ganzen Welt für ihre Öffentlichkeitsarbeit nutzen.

Musk hatte vor der Abstimmung bereits gewarnt, dass es keine Interessenten gebe, die in der Lage seien, »Twitter tatsächlich am Leben zu halten«. Er selbst hatte den Spitzenposten im Zuge seines rund 44 Milliarden Dollar schweren Kaufs der Internetplattform im Oktober übernommen. Musk hatte allerdings schon wiederholt signalisiert, dass dies keine Dauerlösung sein dürfte. Er gehe davon aus, seine Arbeitszeit bei Twitter zu reduzieren und die Führung dort mit der Zeit abzugeben, sagte Musk vergangenen Monat.

Kritik an Abwesenheit als Tesla-Chef

Der Tech-Milliardär leitet auch noch andere Unternehmen wie den Elektroautobauer Tesla und die Raketenfirma SpaceX. Bei deren Investoren sorgen Musks großes Engagement und die andauernden Turbulenzen bei Twitter für Unmut und Befürchtungen, dass er seine anderen Unternehmen vernachlässigt und ihrem Ruf schadet. Einige wichtige Aktionäre von Tesla haben sich bereits öffentlich beschwert, dass Musks Fokus zu stark auf Twitter liege und er als Vorstandschef des Autokonzerns zurzeit ausfalle. Tesla steht ohnehin unter Druck - die Aktie ist in drei Monaten um rund 50 Prozent gesunken.

Musks bislang knapp zwei Monate als »Head of Twitter« waren von Chaos und Kontroversen geprägt. Direkt nach der Übernahme feuerte er die Führungsriege und löste den Verwaltungsrat auf. Insgesamt verließen rund 5000 von etwa 7000 Mitarbeitern das Unternehmen, seit Musk übernahm. Zuletzt wurde der Gegenwind für den 51-jährigen Starunternehmer jedoch immer stärker. So fiel die am Sonntag von ihm selbst eingeleitete Twitter-Umfrage dann auch recht klar aus: Von
17,5 Millionen Stimmen waren 57,5 Prozent für den Rücktritt. Zuvor hatte Musk versichert, sich an das Ergebnis des Votums zu halten. Laut US-Medienberichten war seine Suche nach einem neuen Chef schon vor der Abstimmung im Gange - bislang jedoch ohne Erfolg.

»Musks Knecht«

Experten zweifeln, ob unter der Herrschaft Musks überhaupt jemand anderes als der exzentrische Tech-Unternehmer den Konzern führen könnte. »Wenn Du den Job annimmst, bist Du nicht der Chef von etwas. Du bist Musks Knecht«, sagte Professor Erik Gordon von der Michigan School of Business der News-Website »Axios«. Dass Musk selbst keine tauglichen Bewerber sieht, ist auch ein Nackenschlag für einige Vertraute aus seinem engen Kreis. So hatte sich etwa der befreundete Tech-Investor Jason Calacanis schon selbst ins Gespräch gebracht.

In der vergangenen Woche eskalierte die Lage bei Twitter immer weiter. So sperrte Musk - trotz seines immer wieder betonten Bekenntnisses zur Redefreiheit - zunächst einen automatisierten Account zur Nachverfolgung seines Privatjets und später zeitweise auch die Nutzerkonten einiger US-Journalisten. Weiteren Ärger löste sein Vorhaben aus, Nutzerinnen und Nutzern künftig nicht mehr zu erlauben, ihre Präsenz auf bestimmten Konkurrenz-Plattformen zu bewerben - darunter Facebook, Instagram oder Mastodon. Musk versprach in der Nacht zu Montag in einem weiteren Tweet, größere Änderungen der Richtlinien künftig ebenfalls zur Abstimmung zu stellen.

Das Votum über seinen Rücktritt als Twitter-Chef ist nicht die erste Umfrage, die Musk auf der Internetplattform durchführen ließ. Im vergangenen Jahr ließ Musk sich zum Beispiel mit einer Twitter-Abstimmung verpflichten, ein Zehntel seiner Tesla-Aktien zu verkaufen. Im November ließ er abstimmen, ob der ehemalige US-Präsident Donald Trump wieder auf dem Kurznachrichtendienst tätig werden darf. Ja, darf er, lautete mit knapper Mehrheit die Antwort, woraufhin Twitter den Account wieder entsperrte. Trump war im Zuge von Sympathiebekundungen für Anhänger, die am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington gestürmt hatten, von Twitter verbannt worden.

Anzeigenkunden verschreckt

Musks Twitter-Kauf hatte von Anfang an für viel Argwohn gesorgt. Der Multimilliardär begründete die Übernahme als Aktion zur Stärkung der Redefreiheit. Kritiker befürchteten jedoch eine weitere Verrohung der Internetplattform und sorgten sich, dass der Eigentümerwechsel zu ungezügelteren Hassbotschaften, Hetze und Desinformationen führen könnte. Musk gelang es nicht, diese Bedenken auszuräumen. Im
Gegenteil: Mit einer Kündigungswelle, erratischen Regeländerungen und anderen brisanten Entscheidungen erschütterte er das Online-Netzwerk und verschreckte Anzeigenkunden - die wichtigste Einnahmequelle.

© dpa-infocom, dpa:221221-99-975189/8