Wein, Apfel, Speck – das ist der Dreiklang, der im Vinschgauer Thermaldorf Naturns für herbstliche Genüsse sorgt. Das kulinarische Programm des Gourmetherbsts führt Urlauber noch bis 15. November zu Weingütern und Top-Restaurants. Dazu kommen das traditionelle Törggelen mit neuem Wein und gerösteten Kastanien sowie Verkostungen auf den zahlreichen Apfelhöfen. Verbinden lässt sich alles mit Wanderungen auf dem Weinweg am Sonnenberg über dem Ort, oder man fährt mit der Bergbahn zum Meraner Höhenweg.
Vegetarier sollte man nicht gerade sein, wenn man Urlaub in der sonnenverwöhnten Vinschgaugemeinde macht. Man würde einfach zu viel verpassen von den Aromen, die von dem besonderen Klima des Alpentales geprägt werden. Der lokale Speck ist der Klassiker bei der Marende, dem herzhaften Vesper, das jeder Hofschank bereithält.
Naturns beansprucht für sich, besonders viele Speckproduzenten zu beherbergen. Einer davon ist Stephan Christanell, der in seiner Metzgerei in die einzelnen Schritte der Speckherstellung einführt. Die »Hammen« (Hinterkeulen) werden zwei Wochen lang in einer Gewürzmischung aus Wacholder, Lorbeer, Piment, Salz und weiteren Zutaten gelagert. »Jeder hat natürlich das beste Rezept«, betont Christanell verschmitzt. Danach werden sie über Buchenholz geräuchert und erhalten so ein feines Raucharoma. Schließlich geht es für etwa fünf Monate in die Reifekammer, wo das trockene Klima und viel alpine Frischluft aus dem Tal den Rest besorgen. Es gibt vermutlich sehr wenige Naturnsbesucher, die ohne ein Stück Speck wieder nach Hause reisen.
Der sicherlich bekannteste Bewohner von Naturns, der legendäre Bergsteiger Reinhold Messner, hat wohl auch ein paar Flaschen im Keller seines Schlosses Juval liegen: Weine von Castell Juval Unterortl. Das Land gehört seiner Familie, das Weingut darauf mittlerweile der Winzerin Christine Burki und ihrem Mann Raphael. Davor führten die beiden einen Betrieb in Neuseeland – welch ein Kon-trast. Denn die Steillagen, die unter Schloss Juval regelrecht am Hang kleben, haben es in sich. Alle Trauben müssen schließlich von Hand gelesen werden, ein sportliches Unterfangen. »Man muss es gerne tun, sonst ist es hart«, sagt die Fachfrau und lässt keinen Zweifel daran, dass sie ihre Arbeit schätzt. Das Gletschergeschiebe, auf dem die Reben wachsen, sorgt für mineralische Aromen und hohe Qualität. Ein Weißburgunder heißt »Himmelsleiter« – schon der Name dieses Bergweins lässt die Mühen erahnen. Die Verkostung der feinen Erzeugnisse ist Teil des herbstlichen Gourmetprogramms, das noch bis Mitte November läuft.
Genüsslich lernen
Ebenfalls dabei ist Magdalena Pratzner mit ihrem Weingut Falkenstein, das am Sonnenberg direkt über Naturns liegt. Auch sie weiß um den Wert der frischen Luft und des Windes, der dieser Region den Namen gab: Vinschgau heißt auch Val Venosta, windiges Tal. Und dieses Klima sorge dafür, dass die Trauben trocken und gesund bleiben, erklärt die junge Winzerin. Zusammen mit ihrer Schwester hat sie das Weingut vom Vater übernommen. »Das ist die erste Generation, in der Frauen den Hof führen«, betont sie stolz und blickt über die Rebenreihen, die bis zum Schloss Hochnaturns reichen. Bei der Verkostung können die Urlauber mit Nase und Mund den Aromen nachspüren, welche die Expertin aufzählt. Beim trockenen Gewürztraminer mit seiner »frischen Säure« sind das beispielsweise »Rosenblüten, Gewürznelken und tropische Früchte«. Wohl dem, der einen feinen Gaumen hat. Alle anderen lernen genüsslich dazu und lassen ihre Fantasie spielen.
GOURMETHERBST IN NATURNS
Wein, Kastanien, Knödel, Kraut und Geselchtes
Der "Wein & Genuss – Gourmetherbst" in Naturns bietet noch bis 15. November diverse Schmankerln: Unter dem Motto "Vine & Dine" gibt es Sechs-Gänge-Galadinners mit ausgewählten Weinen in mehreren Partnerhotels. Zudem Führungen in Weingütern mit vielen Informationen zum Bergweinbau sowie Weinverkostungen im neuen Naturparkhaus Texelgruppe. Zum traditionellen Törggelen (Torggl ist die Traubenpresse) mit neuem Wein, gerösteten Kastanien, Kraut, Knödel und Geselchtem können Naturnser und Urlauber in urige Hofschanke und Gasthöfe einkehren. In der "SpeckWorld", dem Museum der Moser Gruppe, ist alles über die deftige Leckerei zu erfahren, von der Herstellung früher und heute bis zu beliebten Rezepten. Und auf Hof "Auenheim" im Ortsteil Plaus führt Apfelbotschafterin Anja Ladurner Besucher über die Obstwiesen und lässt sie ihre Ernte verkosten. Alle Detailinformationen zum Gourmetherbst und den Weinwanderwegen gibt es bei der Tourismusgenossenschaft Naturns. www.naturns.it
Um Geruch, Geschmack und Mundgefühl geht es auch beim nächsten Hauptdarsteller des Naturnser Trios, dem Apfel. Bei uns ist er zum Alltagsobst geworden. Aber wer eine Führung in einem der zahlreichen Höfe mitmacht, bei dem wächst die Wertschätzung bei jedem Schritt ganz neu. Anja Ladurner ist nicht nur Apfelbotschafterin, sondern auch ausgebildete Sommelière für das aromatische Kernobst, das auf fast dem gesamten Talboden angebaut wird. An diesem Tag zeigt sie auf eine Art Riesenföhn, der gerade bei den Spätsorten mit Getöse einen Teil der Blätter wegbläst. So freigelegt, bekommen die Früchte kurz vor der Ernte noch mal kräftig Sonne ab. »Das sorgt zusammen mit den Temperaturunterschieden in den kühlen Nächten für die schönen roten Backen«, lacht Ladurner. Gepflückt werden die druckempfindlichen Äpfel dann von Hand. Eine sogenannte Großkiste, in der die Ernte an die Erzeuger-Genossenschaft geht, fasst 320 Kilo. Ein Profipflücker füllt davon ganze vier Stück am Tag.
Besucher erfahren noch viel mehr Kurioses, etwa über die Königsblüte (die erste am Baum) oder die schützende Frostberegnung, und sind danach fit für jedes TV-Quiz. Als Höhepunkt dürfen die appetitlich roten oder gelben Exemplare auch gekostet werden. Unter Anleitung der Sommelière können die Gaumen der Gäste bei der Sorte »Envy« sogar tropische Aromen oder bei »Ambrosia« Honigmelone herausschmecken. Was nicht als Tafelobst verkauft werden kann, wird laut Ladurner zu Saft, Cider, Mus oder Trockenobst verarbeitet. Der Rest geht zur Energiegewinnung in die Biogasanlage. Naturns weiß sein Hauptprodukt und Aushängeschild ganzheitlich zu schätzen. (GEA)