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Eine Hausboot-Tour auf der Charente: Kapitän in nur einer Stunde

Eine Hausboot-Tour auf der Charente ist ein kulturelles und ein sportliches Vergnügen

Stimmungsvoll und fast ohne Geräusche: im Morgennebel auf der Charente.  FOTOS: OELKUCH
Stimmungsvoll und fast ohne Geräusche: im Morgennebel auf der Charente. FOTOS: OELKUCH
Stimmungsvoll und fast ohne Geräusche: im Morgennebel auf der Charente. FOTOS: OELKUCH

So früh am Morgen schafft es die Sonne kaum, mit ihren Strahlen das dichte Geäst der Bäume und das Blattwerk der Büsche zu durchdringen, das sich beidseitig am Flussufer fast bis hinunter ins Wasser beugt. Leichter Nebel hängt über der schillernden Oberfläche des bis zum Atlantik fließenden Gewässers. Über weite Strecken hinweg ist keinerlei Bebauung in Sicht. Nur Natur und eine im Morgendunst fast gespenstisch wirkende Landschaft. Die Stimmung ist einfach zauberhaft.

Wir sind unterwegs auf der Charente. Mit einer Pénichette, einem Hausboot, das auf knapp 15 Metern Länge einer ganzen Familie reichlich Platz bietet: Mit einem großzügigen Wohn- und Essbereich, ge-nannt Salon. Einer erstaunlich gut ausgestatteten Küche, der Kombüse. Und vier Schlafräumen mit je zwei schmalen, aber bequemen Betten, wobei jede Kabine ihre eigene kleine Nasszelle hat. So lässt sich gut Urlaub machen und gleichzeitig reisen. Vielleicht nicht Hunderte von Kilometern, wie sonst oft mit dem Auto. Dafür aber ohne jede Eile und ohne Stau. Höchstens vielleicht einmal an einer der Schleusen, die auf mancher Flussetappe warten. Doch davon später. Jetzt heißt es am Ausgangspunkt unseres Abenteuers an der Basisstation in Saintes erst einmal »Au revoir«. Und »Leinen los!«.

Unerfahrene Landratten

Nein. Stopp. So einfach geht es nicht. Auch wenn man auf Frankreichs Flüssen keinen Boots-Führerschein braucht. Was übrigens auch für Holland gilt. Für Gewässer in Irland, Italien und manche Reviere in Deutschland. Was jedoch nicht bedeutet, dass ein Hausboot-Vermieter die meist unerfahrenen Landratten an Bord einfach ihrem Schicksal überlässt.

Geschafft! Die fast 15 Meter lange Penichétte liegt sicher vertäut in der Schleuse.
Geschafft! Die fast 15 Meter lange Penichétte liegt sicher vertäut in der Schleuse.
Geschafft! Die fast 15 Meter lange Penichétte liegt sicher vertäut in der Schleuse.

Locaboat aus Freiburg zum Beispiel, ein Anbieter der mit sieben unterschiedlichen Bootstypen schwerpunktmäßig auf französischen Gewässern agiert, nimmt sich Zeit für eine gründliche Einweisung der Crew. In Saintes, Start für eine mehrtägige Tour auf der 381 Kilometer langen und rund 170 Kilometer schiffbar gemachten Charente, kommt Basisleiter Christoph Vautrin mit an Bord. Nach der theoretischen Einweisung erteilt er einen gut einstündigen praktischen Fahrunterricht für alle, die sich an der Pénichette ans Steuerrad trauen, das es in doppelter Ausführung gibt – einmal am erhöhten Innensteuerstand im Salon und einmal auf Deck unter dem großen Sonnendach, genannt Bimini.

Ablege- und Wendemanöver üben, steuern, rückwärts einparken, das Boot stoppen, allein mit dem Rückwärtsgang, denn eine Bremse gibt es nicht. Poller belegen, die Leinen wieder aufschießen, ohne dass es eine Wuling gibt. All das will gelernt sein, die Stunde vergeht wie im Flug. Gut nur, dass unser Kapitän bereits Segelerfahrung hat und folglich auch eine Ahnung, was da auf ihn zukommen wird.

Manöver üben

Das Kapitänshandbuch mit den Gewässerkarten gibt Auskunft über jedes Detail entlang der vor uns liegenden Strecke: Jede Sandbank, der es auszuweichen gilt, jedes Wehr, jede Brücke und natürlich all die Anlegestellen und Schleusen unterwegs sind verzeichnet, sodass man sich bald gut vorbereitet fühlt.

Aus den Gewässerkarten erfährt die Crew vorab fast jedes Detail der vor ihr liegenden Strecke.
Aus den Gewässerkarten erfährt die Crew vorab fast jedes Detail der vor ihr liegenden Strecke.
Aus den Gewässerkarten erfährt die Crew vorab fast jedes Detail der vor ihr liegenden Strecke.

Bis es dann tatsächlich zur Sache geht. An der ersten Schleuse, die ohne Schleusenwärter von der kleinen Crew selbst bedient werden muss. Die Tore sind verschlossen. Also gilt es erst einmal, das Boot am Uferrand zu »parken«. Jetzt muss mindestens einer der Passagiere raus und die großen Metallräder in Bewegung setzen, damit sich die Schleuse öffnet und das Boot einfahren kann. Stimmt der Wasserstand nicht gleich überein, weil das Vorgängerboot in die andere Richtung gefahren ist, muss auch das über manuell zu bedienende Ventile geregelt werden. Das heißt: Kurbeln, kurbeln, kurbeln, dreißig schwungvolle Umdrehungen pro Metallrad mindestens. Und beim Rausfahren aus der Schleuse dieselben Manöver noch einmal.

Basisleiter Christoph Vautrin gibt Tipps vor der ersten Fahrt.
Basisleiter Christoph Vautrin gibt Tipps vor der ersten Fahrt. Foto: Ulrike Oelkuch
Basisleiter Christoph Vautrin gibt Tipps vor der ersten Fahrt.
Foto: Ulrike Oelkuch

Besser ist es, man hat gleich zwei Matrosen an Bord, die das Ganze als sportliche Herausforderung verstehen. Tatsächlich gilt auch hier: Jede Schleuse, jedes An- oder Ablege-Manöver schafft bald eine gewisse Routine. Und irgendwann, ja da macht es richtig, richtig Spaß.

Sport an Schleusen

Wie überhaupt das Leben an Bord mit nichts anderem vergleichbar und ein ganz besonderes Erlebnis ist. Man lässt die Landschaft an sich vorübergleiten, legt einen Stopp ein, wo man möchte (und ein Poller zum Befestigen des Hausbootes vorhanden ist). Und man entdeckt die Langsamkeit der Fortbewegung und all die großen und kleinen Besonderheiten, die es entlang der verschiedenen Etappen in wohl jeder Urlaubsdestination gibt.

In Saintes haben die Römer sehenswerte Bauten hinterlassen, darunter eine noch gut erhaltene Arena.
In Saintes haben die Römer sehenswerte Bauten hinterlassen, darunter eine noch gut erhaltene Arena. Foto: Ulrike Oelkuch
In Saintes haben die Römer sehenswerte Bauten hinterlassen, darunter eine noch gut erhaltene Arena.
Foto: Ulrike Oelkuch

Entlang der Charente sind es reizende kleine Dörfer und Städte: Saintes, Chaniers, Dompierre, Cognac, Jarnac, Châteauneuf-sur-Charente: Nein, man kann sie gar nicht alle aufzählen. Und überall warten tolle Restaurants, kleine Kirchen, Abteien, Schlösser, Gallo-Römische Viadukte oder alte Mühlen samt Badeteich auf Entdecker. Und natürlich Cognac, also der Weinbrand, der die Gegend so berühmt gemacht hat.

Auch mit Regenwetter muss man klarkommen.
Auch mit Regenwetter muss man klarkommen. Foto: Ulrike Oelkuch
Auch mit Regenwetter muss man klarkommen.
Foto: Ulrike Oelkuch

Auch ohne den Wein zuvor zu destillieren ist der Rebensaft, der an der Charente oder ein wenig weiter rund um Bordeaux wächst, nicht zu verachten. Das haben auch schon die Römer erkannt. Und sich zum Beispiel in Saintes niedergelassen, wo es etwas außerhalb am Stadtrand ein ziemlich gut erhaltenes Amphitheater (eigentlich eine Arena) und mitten in der überaus netten City, den Germanicusbogen zu besichtigen gibt.

Der Germanicus-Bogen in Saintes.
Der Germanicus-Bogen in Saintes. Foto: Ulrike Oelkuch
Der Germanicus-Bogen in Saintes.
Foto: Ulrike Oelkuch

Nicht wundern: Der beeindruckende Triumpfbogen aus Romanischer Zeit, steht hier etwas verloren direkt am Ufer der Charente. Ursprünglich war das tolle Bauwerk am Ende einer alten Römerstraße eines der Stadttore. Seine Durchfahrt aber wurde irgendwann viel zu schmal für immer breiter gewordene moderne Fahrzeuge. Und so hat man das gute Stück kurzerhand versetzt. (GEA)

www.saintes-tourisme.fr 

www.locaboat.com