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Aktuell Oberschwaben-Allgäu

Besuch beim Bauernjörg

Eine malerische Landschaft mit charmanten Orten lädt zu vielen Erlebnissen ein.

Max Haller ist Pächter der Waldburg. Dort und in Bad Waldsee, idyllisch zwischen zwei Seen gelegen, war eine der wichtigsten Per
Max Haller ist Pächter der Waldburg. Dort und in Bad Waldsee, idyllisch zwischen zwei Seen gelegen, war eine der wichtigsten Personen des Bauernkriegs zu Hause, Georg III. Truchsess von Waldburg. Michael Tassilo Wild, Stadtarchivar von Bad Waldsee, hat viel über den Bauernkrieg zu erzählen. FOTOS: DANIEL ZABOTA (2), CHRISTOF RAUHUT/STADT BAD WALDSEE (1)
Max Haller ist Pächter der Waldburg. Dort und in Bad Waldsee, idyllisch zwischen zwei Seen gelegen, war eine der wichtigsten Personen des Bauernkriegs zu Hause, Georg III. Truchsess von Waldburg. Michael Tassilo Wild, Stadtarchivar von Bad Waldsee, hat viel über den Bauernkrieg zu erzählen. FOTOS: DANIEL ZABOTA (2), CHRISTOF RAUHUT/STADT BAD WALDSEE (1)

Wir wehren uns immer, die Geschichte der Burg auf vier Monate Bauernkrieg zu reduzieren – es gab viele weltgeschichtliche Ereignisse hier", sagt, "Burgherr" Max Haller. Allerdings schreiben wir das Jahr 2025. Vor 500 Jahren hat der große deutsche Bauernkrieg stattgefunden und es gibt zahlreiche Orte, die jetzt daran erinnern. Die Waldburg in Oberschwaben ist einer der wichtigsten.

Die Geschichte der Waldburg ist eng mit dem Bauernkrieg verbunden, ganz einfach weil sie erstens die Hausburg des »Bauernjörg« ist. Das war kein harmloser Bauer namens Jörg wie es klingt, sondern Georg III. Truchsess von Waldburg, der den Aufstand der Bauern brutal niedergeschlagen hat. Zweitens steht die Burg in einem der Epizentren des Bauernkriegs, der das Land erschütterte.

Der kleine Drache

Doch die Waldburg ist auch ein Ziel für Leute, die nichts mit dem Bauernkrieg am Hut haben. Eine Burg wie aus dem Bilderbuch, eine schönere findet man kaum. Sie thront auf dem 772 Meter hohen spitzen Gipfel. Von oben, namentlich von der Plattform auf dem Dach, scheinen die Alpen zum Greifen nahe.

Max Haller hat das Anwesen vom Eigentümer, dem Fürstlichen Haus Waldburg-Wolfegg-Waldsee, gepachtet und mit seinem Team »mittelalterliche Erlebniswelten« geschaffen. »Museum« klinge kontraproduktiv, so Haller. Pro Jahr empfängt er rund 50.000 Besucherinnen und Besucher und startet mit ihnen eine Zeitreise ins Mittelalter. Kinder jubeln, wenn ein kleiner Drache sie begrüßt.

Foto: Pr Public Relations
Foto: Pr Public Relations

Sich dort oben ins Mittel-alter zurückzuversetzen ist indessen gar nicht so schwer. Die Entstehung der Burg fällt in die Zeit zwischen 1000 und 1100. »Sie wurde nie angegriffen und nie zerstört«, sagt Max Haller. Daher ist alles weitgehend so erhalten, wie im späten Mittelalter.

Abgesehen davon, dass der Bauernjörg dort oben gehaust hat, weist die Burg noch weitere historische Besonderheiten auf. Sie beherbergte von 1221 an mindestens zwei Jahrzehnte den Kronschatz des Heiligen Römischen Reiches (später mit dem Zusatz »Deutscher Nation«). Die Originale der »Reichskleinodien«, darunter Krone, Reichsapfel, Zepter, Zeremonienschwert und die »Heilige Lanze« lagern heute in der Schatzkammer der Wiener Hofburg. In Oberschwaben sind aber doch recht beeindruckende Nachbildungen zu sehen, durchaus schatzkammermäßig präsentiert.

Jahrhunderte später gewann die Waldburg für das Königreich Württemberg einen höheren, um nicht zu sagen, hoch liegenden, Stellenwert. Auf dem Dach, daher die Plattform, befindet sich ein »trigonometrischer Punkt erster Rangordnung«. Von dort oben aus haben Kartografen das gesamte Königreich vermessen.

Ein berühmter Kartograf spielt auch noch eine Rolle in der Geschichte dieser oberschwäbischen Burg: Martin Waldseemüller. Er hatte im Jahr 1507 erstmals den Namen »America« für die Neue Welt auf einer Karte eingetragen. Das einzige noch vorhandene Original der Karte schlummerte bis 1901 unentdeckt in der Bibliothek des nahen Schlosses Wolfegg. Jetzt schmückt es die Kongressbibliothek in Washington und die Stammburg der Waldburger, zwar nur als Faksimile, aber immerhin gleich nach dem Fund des Originals angefertigt.

Enthaupten statt hängen

Zurück zum »Bauernjörg«. Im Museumsshop gibt es nebst anderem Mittelalterkitsch Morgensterne aus Stoff für Kinder. Das gibt friedliebenden Vätern zu denken. Aber das Mittelalter war von Gewalt geprägt. Eine der gewalttätigsten Gestalten seiner Zeit war wohl eben jener »Bauernjörg«. »Der Truchsess ist ein Kriegsprofi, bekannt durch seine Erbarmungslosigkeit«, schreibt Urs Willmann in »ZEIT Geschichte«. Andere sagen, er sei ein »Milder« gewesen. Christoph Wegele kann das einordnen. Er ist Museumsleiter auf der Waldburg und hat sich auch als Autor intensiv mit dem Bauernkrieg befasst. Demnach forderte der Schwäbische Bund, eine Koalition der Herrschaften zur Bekämpfung der Bauern, die Rädelsführer zu hängen. Georg ließ sie enthaupten – seine Auffassung von »Milde«, da Aufhängen als unehrenhaft galt.

Zudem war es der Truchsess von Waldburg, der mit dem »Seehaufen« den »Weingartner Vertrag« schloss und ihnen so scheinbar entgegenkam. Wahrscheinlicher ist: Der Truchsess befand sich mit seinem Heer zu jenem Zeitpunkt in einer prekären militärischen Lage und wäre wohl aufgerieben worden. Beim »Seehaufen«, also der Truppe, in der sich die Bauern aus der Bodenseenähe organisierten, handelte es sich außerdem um »seine« Bauern, also seine Leibeigenen, sodass er sich selbst geschadet hätte, wenn zu viele von ihnen ums Leben kämen. Wirklich geholfen hat der Vertrag den Bauern nicht. Im Gegenteil, denn sein Inhalt bleibt weit hinter den Forderungen der sogenannten »Zwölf Artikel« zurück. Die »Zwölf Artikel der Bauernschaft in Schwaben«, niedergeschrieben fast zur gleichen Zeit in Memmingen und bis heute dort verwahrt, gelten als eine der frühesten Forderungen nach Menschen- und Freiheitsrechten in Europa. Es kam schlimmer: Durch den Vertrag bekam Georg freie Hand, alle anderen Bauerntrupps niederzumetzeln. In Weingarten, das ebenfalls auf die To-do-Liste »Oberschwaben« gehört, erinnert jetzt auf dem Münsterplatz ein Denkmal an den Vertrag. Der Bauernjörg durfte sich als Sieger fühlen.

Foto: Daniel Zabota
Foto: Daniel Zabota

Nach dem Krieg zog er sich nach Bad Waldsee, seinem Geburtsort, zurück. Das dortige Schloss bot schon damals mehr Annehmlichkeiten als die zugige Waldburg, einschließlich eines privaten Sees. Schließlich fand er ebenda seine letzte Ruhestätte.

Geschadet hat das dem Städtchen nicht. Sein Charme wirkt bis heute auf Bewohner und Besucher. Suchte man einen Zweitwohnsitz in Oberschwaben, am besten mit Seeblick, käme Bad Waldsee in die engere Wahl. Es gibt nämlich noch einen zweiten See, der zum Glück nicht dem Fürstenhaus, sondern der Stadt gehört. Der Stadtsee ist mit knapp 15 Hektar fast dreimal so groß wie der Schlosssee. Mit seinen Uferpromenaden lockt er alle an den See: Spaziergängerinnen und Spaziergänger, Kaffeehausgäste, Freibadliebhaber, Rudersportler und die Angler, die den See als »sehr wenig befischtes Topgewässer« klassifizieren und unter anderem Hecht, Wels und Aal an Land ziehen.

Die schöne Umgebung

Wer dann genug von Stadt hat, sollte sich mal das Umland ansehen. Da finden sich schöne Wanderziele. Der Tourismusverband Oberschwaben-Allgäu in Bad Schussenried (siehe QR-Code) gibt Anregungen.

Hier nur soviel: Der Altdorfer Wald, das größte Waldgebiet in Oberschwaben, erlangte als »Alti« landesweite Bekanntschaft, weil Klimaaktivisten dort gegen die Erweiterung einer Kiesgrube demonstrierten. Und wer hoch hinaus will: Der Schwarze Grat, mit 1.118 Metern höchster Berg in Württemberg, biete die beste Aussicht auf das Bauernkriegsland. (GEA)