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Aktuell Pandemie

Wie stehen Abgeordnete aus dem Kreis Reutlingen zur Impfpflicht?

Eine Umfrage bei den Bundestagsabgeordneten aus der Region, die ohne Fraktionszwang abstimmen dürfen.

Impfung
Eine Flüssigkeit tropft aus der Kanüle einer Spritze. Foto: Hildenbrand/dpa
Eine Flüssigkeit tropft aus der Kanüle einer Spritze.
Foto: Hildenbrand/dpa

REUTLINGEN. Der Bundestag hat bereits über die Impfpflicht debattiert. Doch welche Ansicht vertreten die Bundestagsabgeordneten aus der Region in dieser heiklen Frage, in der sie ohne Fraktionszwang abstimmen dürfen. »Soll es eine allgemeine Impfpflicht für alle ab 18 Jahren geben?«, hat der GEA gefragt. So sieht das Meinungsbild aus:

Michael Donth (CDU).
Michael Donth (CDU). Foto: Gea
Michael Donth (CDU).
Foto: Gea

Michael Donth, CDU

"Auf dem derzeitigen Entwicklungsstand der Pandemie und der Tatsache, dass die Omikron-Variante das Infektionsgeschehen beherrscht, kann ich das noch nicht eindeutig mit ja oder nein beantworten. Omikron verläuft in der Regel weniger dramatisch, als die vorherigen Varianten, wobei ich vor der Verharmlosung warnen will. Ich bin vom Nutzen des Impfens überzeugt. Das ist der Weg aus der Pandemie. Dafür sprechen ganz eindeutig die Hospitalisierungszahlen von vollständig Geimpften im Vergleich zu Ungeimpften.

Eine Impfpflicht greift aber in Grundrechte ein und muss verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Das schreibt unser Grundgesetz vor. Ein Kernargument für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahre ist, dass Geimpfte weit weniger ansteckend sind, als Ungeimpfte. Es geht also nicht nur um meinen eigenen Schutz, sondern auch um den Schutz meiner Mitmenschen. Durch Omikron hat sich diese Lage aber verändert. Der Impfschutz gegen Omikron ist geringer, gleichzeitig ist Omikron weniger gefährlich, weshalb wir eine veränderte Lage haben und die Verfassungsmäßigkeit einer Impfpflicht eben neu bewertet werden muss. Für die aktuelle Situation würde eine Impfpflicht keine Entlastung bringen. Maßgeblich wird die Einschätzung der Wissenschaftler sein, ob eine Impfpflicht notwendig ist, um künftige Wellen, die zu einer Überlastung des Gesundheitssystems führen können, zu brechen."

Martin Rosemann (SPD).
Martin Rosemann (SPD). Foto: PACHER
Martin Rosemann (SPD).
Foto: PACHER

Martin Rosemann, SPD

"Wir müssen die Impflücke schließen. Das ist der einzige Weg aus der Pandemie. Eine ausreichende Grundimmunisierung ist notwendig, um zur Normalität zurückzukehren. Das geht nur mit dreimaligem Impfen. Noch sind viel zu wenige Menschen geimpft und geboostert. Für mich ist deshalb klar: Wenn Impfkampagnen, 2G- sowie 2G-Plus-Regelungen nicht ausreichen, muss eine allgemeine Impfpflicht kommen.

Die Impfpflicht muss für alle Erwachsenen ab 18 Jahren gelten. Eine Altersgrenze von 50 Jahren, wie es manche vorschlagen, finde ich willkürlich. Dann müsste man auch über andere gefährdete Gruppen unabhängig vom Alter sprechen. Zudem muss die Impfpflicht zeitlich befristet sein. Aber es ist ein komplexes Thema, bei dem vieles bedacht werden muss. Deshalb ist es wichtig, dass wir darüber eine intensive Debatte im Bundestag führen und es am Ende eine Gewissensentscheidung ist."

Beate Müller- Gemmeke (Grüne). FOTO: GEA
Beate Müller- Gemmeke (Grüne). Foto: Gea
Beate Müller- Gemmeke (Grüne).
Foto: Gea

Beate Müller-Gemmeke, Grüne

"Die gegenwärtige Situation der Pandemie, die uns alle, unsere Gesellschaft und insbesondere auch die vielen Menschen in den Gesundheits- und Pflegeberufen seit fast zwei Jahren in Atem hält, führt dazu, dass wir die Frage einer allgemeinen Impfpflicht zwangsläufig diskutieren müssen. Und es ist richtig, dass wir das offen und fraktionsübergreifend diskutieren, denn hier geht es um ein sensibles, ethisches Thema, das sich vor allem aufgrund unserer unterschiedlichen Lebensumstände und Erfahrungswerte schwer unter einem Fraktionsbeschluss fassen lässt. Viele Fakten sprechen für eine allgemeine Impfpflicht.

Ein besonders starkes Argument liegt für mich darin, dass wir nur mit einer ausreichend hohen Impfquote, insbesondere bei den über 50-Jährigen, die Aussicht haben, wie andere Länder wieder allmählich in das normale Leben zurückzukehren. Die Impfquote in Deutschland ist dafür aber zu niedrig und muss dringend höher werden. Und doch bin ich noch nicht entschieden, weil mir noch die Vorstellung zur konkreten Umsetzung fehlt. Nach der Orientierungsdebatte im Bundestag wird es jetzt darum gehen, konkrete Vorschläge vorzulegen und zu beraten. Auf dieser Grundlage werde ich mich entscheiden."

Für Pascal Kober (FDP) geht es bei der Impfpflicht um Verhältnismäßigkeit.
Für Pascal Kober (FDP) geht es bei der Impfpflicht um Verhältnismäßigkeit. Foto: Gea
Für Pascal Kober (FDP) geht es bei der Impfpflicht um Verhältnismäßigkeit.
Foto: Gea

Pascal Kober, FDP

"Nach wie vor erhalte ich zahlreiche Briefe von Bürgerinnen und Bürgern – wütende, aufgebrachte aber auch nachdenkliche, besonnene oder sehr besorgt argumentierende Schreiben. Ich möchte die Argumente, Hoffnungen und Sorgen meiner Wählerinnen und Wähler in meine Entscheidung mit einbeziehen. Da es bei der Frage der allgemeinen Impfpflicht um die Frage der Verhältnismäßigkeit des Eingriffes in Selbstbestimmung über den eigenen Körper geht, ist die Frage der Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung wesentlich ausschlaggebend für meine Entscheidung.

Die Situation entwickelt sich dynamisch, was den Ethikrat dazu bewogen hat, sich zur allgemeinen Impfpflicht binnen weniger Wochen neu zu positionieren und revisionsoffen zu bleiben. Die Entscheidung über eine Impfpflicht muss in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen getroffen werden. Daher werde ich sie unmittelbar am Tag der Abstimmung treffen, da sich die Ausgangslage und die Verhältnismäßigkeit bis dahin weiter stetig verändern können."

Jessica Tatti (Die Linke).  FOTO: GEA
Jessica Tatti (Die Linke). Foto: Gerlinde Trinkhaus
Jessica Tatti (Die Linke).
Foto: Gerlinde Trinkhaus

Jessica Tatti, Linke

"Eine allgemeine Impfpflicht sehe ich weiterhin kritisch. Unter den Ungeimpften finden sich nicht nur Corona-Leugner. Viele fühlen sich noch verunsichert. Um sie zu überzeugen, dass sie sich und andere mit Impfung besser schützen, braucht es eine aufsuchende Impfkampagne. Dazu gehören passgenaue Ansprachen von Zielgruppen, einfache Terminvergaben und eine Impfprämie. Ich verstehe zwar, dass das Verständnis für Ungeimpfte abnimmt, aber letztlich geht es darum, ob eine allgemeine Impfpflicht wirklich dazu führt, dass jeder sich impfen lässt.

Ich bezweifle das und befürchte, dass noch mehr Vertrauen in die Politik verloren gehen könnte. Impfungen sind unverzichtbar für die Bekämpfung der Pandemie. Insbesondere für den Schutz von verletzlichen Gruppen, halte ich eine Impfpflicht für Beschäftigte in Pflege, Schule und Kita für sinnvoll. Allerdings hakt schon die Durchsetzung der Impfpflicht in der Pflege so gravierend, dass man sich doch fragen muss, ob das bei einer allgemeinen Impfpflicht besser liefe." (GEA)