REUTLINGEN. Manuel Hagel ist der Spitzenkandidat der Christdemokraten im Landtagswahlkampf. Bei seinem Besuch im Verlagshaus des Reutlinger General-Anzeigers hat er über seinen politischen Werdegang, seine Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten sowie regionale Wirtschaftsthemen und den Start der neuen Bundesregierung gesprochen. Das Gespräch führten David Drenovak und Kaya Egenberger.
GEA: Herr Hagel, vor rund zehn Jahren sind sie in ihren ersten Landtagswahlkampf gestartet. Jetzt rund zehn Jahre später sind Sie Spitzenkandidat Ihrer Partei. Wie war das vergangene Jahrzehnt für Sie?
Manuel Hagel: Ganz schön arbeitsreich. Ich durfte unser Land in seiner ganzen Vielfalt kennenlernen, bin mit sehr viel interessanten Menschen zusammengekommen und habe mich in ganz unterschiedliche Themen reingeschafft. Das zeigt, dass es ein unglaublicher Antrieb sein kann, sich immer wieder für Neues begeistern zu dürfen. Die viele Arbeit habe ich nie als Last empfunden, weil ich mich sehr für unser Land und die Menschen interessiere und gerne Land und Leute diene. Gerade deshalb bin ich total davon überzeugt, dass es all das Wert ist, für unsere Nachkommen bewahrt zu werden. Deshalb will ich Verantwortung übernehmen, um meinen Beitrag zu leisten.
Hätten Sie bei Ihrem Einstieg in die Politik gedacht, dass Sie heute da stehen, wo sie stehen?
Hagel: Ganz ehrlich: Niemals. Vieles im Leben hat ja immer auch mit Zufällen zu tun. Mein Weg in die Politik begann in der Kommunalpolitik; Gemeinderat und Kreistag. Das war für mich sehr lehrreich. Erwin Teufel hat uns allen mit auf den Weg gegeben, dass die Landespolitik immer mehr mit der Kommunalpolitik zu tun hat als mit der Bundespolitik. Wie recht er doch hat. Daneben hat mir die Arbeit in meinem erlernten Beruf immer viel Spaß gemacht.
Jetzt, nach zehn Jahren als Berufspolitiker, kann ich sagen, dass es sehr befreiend ist, auch einen Beruf außerhalb der Politik zu haben. Ich bin wirtschaftlich nicht abhängig von der Politik, könnte meine Familie nach der Rückkehr in meinen erlernten Beruf auch ohne den Job des Politikers ernähren. Das macht in ganz vielen Entscheidungen freier. Aus meiner Beobachtung kann ich eines sagen: Es ist mehr als gut, wenn Berufspolitiker einen anständigen Beruf gelernt und vor allem in diesem auch erfolgreich gearbeitet haben. Das passt einfach auch gut zum Land der Schaffer, das wir in Baden-Württemberg sind.
Die Entscheidung für die Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten war aber ja eine bewusste Entscheidung. Gab es da bei Ihnen persönlich einen speziellen Zeitpunkt, als die Entscheidung gefallen war, oder war das mehr ein Prozess?
Hagel: Ich muss da etwas ausholen und beginne mit der Landtagswahl 2021, bei der wir ja richtig eine zwischen die Hörner bekommen haben. Ich war damals als Generalsekretär meiner Partei in Verantwortung. Da ist es dann in der Politik nicht anders als im Sport. Mit Niederlagen kann man auf zwei Arten umgehen. Entweder setzt man sich in die Ecke, schmollt und sagt: Die Wähler waren einfach nicht klug genug, unsere Genialität zu erkennen. Oder man mutet sich ehrlich das Spiegelbild zu.
Wir haben uns als CDU für den zweiten Weg entschieden. Das hat uns als CDU einiges abverlangt, uns aber im Ergebnis als »die Baden-Württemberg Partei« besser gemacht. Deshalb geht es bei uns jetzt immer um das Miteinander und ums Team. Da geht es nicht nur um eine Person, denn dieses »U« im Parteienamen, diese Union, da steht ja nicht dort, weil uns noch ein Buchstabe gefehlt hat. Das ist ein politisches Versprechen, dass wir gemeinsam leben. Das steckt an. Seit ich Parteivorsitzender bin konnten wir mehrere tausend neue Mitglieder in die CDU BW aufnehmen. Das macht uns dankbar.
Meine Kandidatur war darum keine Entscheidung, die ich für mich alleine getroffen habe, sondern die wir als CDU gemeinsam getroffen haben. Wir waren fest davon überzeugt, dass jetzt die Zeit dafür ist, ein neues Kapitel für Baden-Württemberg aufzuschlagen. Mit meiner Frau, meiner Familie und Freunden habe das ich über längere Zeit hinweg besprochen, was das für uns als Familie und für unsere Kinder bedeuten kann.
Ich habe das große Glück, noch einige sehr gute Freunde aus Kindertagen zu haben. Alle in Berufen weit weg von der Politik, Handwerksmeister, Lehrer, Architekt oder Landwirt. Da geht’s dann immer sehr ehrlich zu. Das hilft mir sehr beim Einordnen so mancher Dinge. Als CDU sind wir von ganzem Herzen davon überzeugt: Jetzt ist die Zeit für eine bürgerlich-konservative Politik, die es schafft, gleichzeitig zu verändern und zu bewahren. Und jetzt kann auch die Zeit für etwas Neues sein, zum Beispiel für ein Landesvater, der als Papa selber noch den Kinderwagen schiebt.
Aber selbst, wenn die Partei die Entscheidung zusammentrifft, dann muss ja bei Ihnen zumindest die Bereitschaft da gewesen sein zu sagen. Was hat Sie veranlasst zu sagen: Ich mach's?
Hagel: Weil ich es kann. Das ist die kurze Antwort. Am Ende war die Entscheidung aber gar nicht so viel anders, als die Entscheidung, Kommunalpolitik zu machen, stellvertretender Oberbürgermeister zu werden, generell Verantwortung zu übernehmen. Dazu passt eine persönliche Geschichte ganz herrlich: An einem der letzten Wochenenden habe ich mit meinen drei kleinen Buben im Sandkasten bei uns daheim gespielt. Sie hatten große Freude daran, immer wieder neue Burgen zu bauen, sie zu verbessern, zu gestalten, schöner zu machen. Wenn man so als Papa darauf blickt, öffnet das den Blick. Ich glaube, dass es genau darum geht: die Freude daran, was zu erreichen, die Freude daran, was zu stiften, was voranzubringen, was zu schaffen. Das ist für mich das baden-württembergische Lebensgefühl, das sehe ich bei meinen Kindern, das beobachte ich an mir und so vielen anderen Menschen in unserem Land: sie sind einfach ins Machen verliebt.
Als doch noch eher jüngerer Politiker möchte ich dafür arbeiten, dass wir jetzt gemeinsam die Ärmel hochkrempeln und unser Land vorwärtsbringen, zurück an die Spitze. Bei Wirtschaft, Bildung, Forschung, unserer Sicherheit und Infrastruktur, sodass wir unseren Kindern, mal in zehn, 15 Jahren, aufrecht in die Augen schauen können, wenn sie uns fragen, ob wir eigentlich Probleme nur beschrieben oder ob wir diese tatsächlich auch gelöst haben. Für diese Menschen, die dieses Lebensgefühl in sich tragen und diese zuversichtliche Schaffermentalität, machen wir ein politisches Angebot – oder einfach gesagt, wir sind die Heimat der Fleißigen.
Bis zum Jahresende und bis zum Wahlkampfstart ist ja noch eine Zeit hin. Was steht denn gerade auf der Liste, die Sie noch abarbeiten wollen, bis dahin?
Hagel: Natürlich befassen wir uns jetzt auch schon mit unserer Kampagne, alles andere wäre auch irgendwie total unprofessionell. Aber innerlich bin ich gar nicht auf Wahlkampf eingestellt, da bin ich noch voll im Schaffermodus. Im Moment kümmern wir uns sehr um unsere Wirtschaft, von meinem Fraktionskollegen Manuel Hailfinger, der für uns im Wirtschaftsausschuss eine großartige Arbeit macht und sich stark um die Anliegen der mittelständischen Betriebe kümmert, bekomme ich da immer wieder sehr wichtige Hinweise. Ein anderes großes Thema ist die frühkindliche Bildung. Wir sehen, dass wir große Probleme haben in unseren Grundschulen und in der Kinderbetreuung vor Ort.
Weiter sind für uns bezahlbare Energiepreise für unsere Handwerksbetriebe, Mittelständler usw. ein großes Thema. Es ist wichtig, dass die Bundesregierung jetzt die Preise für die Energie dauerhaft senkt und einen Industriestrompreis einführt. Die Wirtschaft braucht mehr Freiheit. Die ganze Debatte um »plumpe Mehrarbeit« ist keine für Baden-Württemberg. Ich kenne dieses Land sehr gut. Bei uns im Land arbeiten die allermeisten Menschen fleißig und sie würden noch mehr arbeiten, wenn sie der Staat einfach machen ließe. Wir schauen aktuell sehr intensiv auf die Schaffung von neuem Wohnraum.
Als ich 2005 meine Lehre begonnen habe, war es möglich, dass ein Ehepaar, sagen wir mal sie in der Pflege tätig, er Facharbeiter in der Automobilbranche, ein Haus bauen konnten. Das geht heute so leider nicht mehr. Aber ich will, dass das wieder so wird. Auch in der Gesundheitswirtschaft und Gesundheitsforschung sehe ich riesige große Chancen für das Land. Dr. Maximilian Menton, unser Landtagskandidat hier in Reutlingen, wird hier für uns an vorderster Stelle tätig sein. Ich setze sehr auf Max weil er klug, bodenständig, schaffig und sehr integer ist.
Unser Versprechen als CDU heißt »gutes Regieren«. Deshalb können andere jetzt Dauerwahlkampf machen. Unser Thema ist das nicht. Wir kümmern uns um das, was zu tun ist. Deshalb wird noch bis zum Schluss sauber geschafft. Uns geht es immer zu allererst um Baden-Württemberg.
Können Sie das konkretisieren, gerade bezahlbare Energie und auch bezahlbaren Wohnraum? Wie wollen Sie das machen?
Hagel: Was die Energie angeht, wird der Bund jetzt die Stromsteuer senken, fünf Cent pro Kilowattstunde, das wird unseren Unternehmen deutlichen Aufwind bringen. In Baden-Württemberg ist die Herausforderung, dass die Preise beim Strom stark von den Netzentgelten abhängen werden. Dazu müssen wir uns auch von alten Antworten verabschieden und dafür neue geben. Wir werden die Stromleitungen vom Norden in den Süden über Land bauen müssen. Alles andere ist, was Kosten, Planungs- und Genehmigungszeiten angeht, nicht vermittelbar. Laut Netzbetreibern liegt der Investitionsbedarf für die Netzstabilität jetzt schon bei 10 Milliarden Euro. Hier erarbeiten wird gerade gemeinsam mit Energieerzeugern, Stadtwerken und Netzbetreibern ein tragfähiges Konzept. Grundlastfähigkeit, Netzstabilität und ein ideologiefreier Ausbau der Erneuerbaren stehen da ganz oben auf der Agenda.
Beim Thema Bauen schaue ich nach Österreich. Dort liegen die Baunebenkosten bei rund zehn Prozent, bei uns bei an die 20 Prozent. Das hat auch mit übertriebener Bürokratie zu tun. Damit wir Schwung in die Sache bekommen, muss zuallererst mal mit dem Abbau von Bürokratie begonnen werden. In einem ersten Schritt haben wir die Landesbauordnung ordentlich entrümpelt. Auch bei der Digitalisierung kommen wir in Baden-Württemberg voran, unsere Bauministerin Nicole Razavi hat da wirklich sehr aufs Tempo gedrückt. Bei der Digitalisierung der Baugenehmigungsverfahren ist Baden-Württemberg ganz vorne mit dabei! Da werden wir weiter ordentlich aufs Gas treten. Schließlich wollen wir beim Bund dafür werben, dass wir eine Länderöffnungsklausel bei der Grunderwerbssteuer bekommen, damit wir zum Beispiel für junge Familien, pflegende Angehörige oder für das Mehrgenerationenwohnen mit einem ermäßigten Grunderwerbssteuersatz mehr tun können.
Heißt das wir müssen in allen Bereichen von gewissen Standards runterkommen, um privat und wirtschaftlich wieder flexibler und handlungsfähiger zu werden?
Hagel: Auf alle Fälle. Jeder, der den Menschen etwas anderes verspricht, streut ihnen doch Sand in die Augen. Die Menschen bei uns in Baden-Württemberg vertragen deutlich mehr Wahrheit, als manche denken. Da kenn ich die Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger sehr genau. Zur Ehrlichkeit gehört, dass wir in den letzten 20 Jahren, vom Wohlstand verwöhnt, ein gesamtstaatliches Leistungsversprechen abgegeben haben, das wir einfach nicht halten können. Das lässt unseren Staat jetzt auf jeder Ebene dysfunktional werden. Deshalb müssen wir runter von überzogenen Standards, um unseren Staat wieder fit zu bekommen. Eine CDU geführte Landesregierung wird sich wieder auf die Kernaufgaben des Staates, die öffentliche Verwaltung, konzentrieren. Diese wird unter unserer Führung künftig noch digitaler, schneller und verlässlicher arbeiten.
Wir haben jetzt über den Bestand gesprochen auch, was die Unternehmen angeht. Wohin muss sich den die Wirtschaft in Baden-Württemberg entwickeln, wenn wir in die Zukunft blicken?
Hagel: Ein Erfolgsgeheimnis dieses Landes liegt in seinen Köpfen. Schon immer, wenn es ein Problem gegeben hat, hat sich eine oder einer im Land dieses Problem angeschaut und eine Lösung dafür entwickelt - oder eine Maschine gebaut, die wir dann in die ganze Welt exportiert haben. Das Innovationsgen ist ein Teil unserer DNA in Baden-Württemberg. Das ist die Haltung, die wir für die Zukunft brauchen, und deshalb habe ich gar keine Bedenken, dass unsere Unternehmen Themen wie die digitale Transformation oder das Thema KI sehr gut meistern werden. Gerade bei unseren Maschinenbauern sehe ich, dass sich viele auf die veränderten Bedürfnisse der Weltwirtschaft einstellen. Wir haben riesige Potenziale, was die Verteidigungsindustrie angeht, was Maschinen und Anlagenbau auf höchstem Niveau und die ganze Vielfalt von Automotive angeht. Ich bin sehr froh, dass die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz sich jetzt wieder darauf konzentriert, nicht nur deutsche Moral, sondern endlich wieder deutsche Maschinen in alle Welt zu exportieren.
Sie haben jüngst stark für eine neue KI-Universität geworben. Was hat es damit auf sich?
Hagel: Der Hotspot für KI und KI-Wertschöpfung in Europa ist Baden-Württemberg. Denken Sie an die Black Forest Labs, Aleph Alpha, das Cyber Valley oder SAP, um nur wenige stellvertretend zu nennen. Das, was in Tübingen und in der Region Heilbronn entsteht, ist großartig und deshalb ist es so wichtig, diese Entwicklung jetzt engagiert voran zu treiben. Für uns ist entscheidend, dass wir uns nicht mit Bayern, Sachsen oder Brandenburg vergleichen, sondern mit dem Silicon Valley, mit dem Baltikum oder Ostasien. Und deshalb brauchen wir eine neue Landesuniversität. Eine eigene KI- und Digitalisierungs-Universität. Durch eine solche Universität werden wir international viel attraktiver und können so Wissenschaft, Wirtschaft, Gründerinnen und Gründer, aber auch Studierende zusammenbringen, Potentiale heben und anwendungsorientierte Forschung auf Weltniveau machen. Deshalb werbe ich dafür, dass wir es uns zutrauen, nach 60 Jahren unsere zehnte Landesuniversität zu gründen. Wir haben alle Chancen.
Wie schätzen Sie den Einfluss Baden-Württembergs im Bund ein nachdem nun die neue Regierungskoalition an der Macht ist?
Hagel: In den letzten drei verloren Ampel-Jahren war der Einfluss von Baden-Württemberg in der Bundesregierung gleich Null. Die Interessen Baden-Württembergs waren praktisch am Kabinettstisch nicht vertreten. Es ging viel um das eigene Ego, die Parteien und den permanenten Streit. Damit ist jetzt unter CDU-Führung Schluss. Mit Thorsten Frei, Nina Warken und Gunther Krichbaum haben wir drei Minister, die am Kabinettstisch in Berlin sitzen. Das sind absolute Offensivspieler für Baden-Württemberg. In der Führung der CDU/CSU Bundestagsfraktion und der Führung der CDU Deutschlands sind viele Leute aus dem Land am Start. Das tut unserem Land einfach extrem gut. Ich würde sagen, wir waren lange nicht so gut in Berlin vertreten.
Die Regierung Merz hat ja einen Raketenstart hingelegt, der allerdings auch ein Auf und ab in den Umfrageergebnissen verursacht hat. Wie bewerten Sie die ersten Wochen der neuen Bundesregierung?
Hagel: Also ich sag es ganz ehrlich: Mir sind Politiker immer lieber, die eine Meinung haben, an der man sich auch mal reiben kann und darf. Natürlich hätten wir uns ein besseres Wahlergebnis gewünscht und natürlich wäre es schön gewesen, wenn Friedrich Merz schon im ersten Wahlgang gewählt worden wäre. Aber das ist vorbei. Entscheidend ist doch, dass die neue Bundesregierung echt schnell ins Handeln gekommen und eine Top Performance hingelegt hat. Damit meine ich ausdrücklich auch die Kollegeninnen und Kollegen der SPD. Die Regierung agiert mit Weitblick und versucht die Gesellschaft wieder zusammen zu bringen. Die grüne Hypermoralisierung von Nebensächlichkeiten, welche die Menschen wie kleine Kinder bevormundet, hat ein Ende genommen in der neuen Regierung. Bundeskanzler Merz hat es geschafft, dass Deutschland wieder eine Führungsrolle in Europa übernommen hat und wir zurück sind in der internationalen Politik – auf Augenhöhe. Besonders den Besuch von Merz im Oval Office fand ich stark.
… und die Ministerpräsidentenkonferenz in dieser Woche?
Hagel: Auch die Ministerpräsidentenkonferenz Mitte der Woche war ein echter Neuanfang: Nach Jahren der Ampel, die den Ländern eigentlich immer nur »rot« gezeigt hat, bewegt sich endlich wieder was. Der Bund redet nicht mehr über die Köpfe unserer Länder und Kommunen hinweg, sondern wieder auf Augenhöhe – und vor allem: Es wird gemeinsam gehandelt. Bundeskanzler Friedrich Merz hat anerkannt, dass viele Städte, Gemeinden und Länder finanziell am Limit sind. Deshalb hat er zugesagt, kurzfristig für Liquidität zu sorgen. Das war uns als CDU im Land sehr wichtig. Aber auch an die strukturellen Fragen gehen wir ran: Besonders wichtig ist uns, dass endlich wieder der Grundsatz gilt, den wir als CDU seit Jahren fordern: wer bestellt, der bezahlt. Wenn zwischen Bund und Ländern wieder ein neuer Geist der Zusammenarbeit herrscht, wird der Föderalismus wieder zu dem, was er immer war: ein Erfolgsprinzip, das unser Land stark gemacht hat.
Das »Manifest« einiger SPD-Politiker sorgte kürzlich auch für erste öffentliche Spannungen. Haben Sie Sorge, dass ein neuer Streit im Bund den Wahlkampf in Baden-Württemberg beeinflussen könnte, wie dies schon unter der Ampel in anderen Bundesländern der Fall war?
Hagel: Natürlich spielt Bundespolitik immer eine gewisse Rolle. Aber ich verrate Ihnen ein Geheimnis: es gibt auch Bundesregierungen, die gut regieren (lacht). Genau das erwarte ich nach diesem echt guten Start der großen Koalition auch für die kommenden Monate und Jahre. Überhaupt hat dieses »Manifest« nicht zu einem Streit in der Koalition geführt. Ich vertraue darauf, dass sich die SPD hier bald sortiert haben wird und dann sehen die Menschen, dass die Regierung das Land mit gesundem Menschenverstand führt und die Probleme jetzt auch entschieden angeht.
Kritiker werfen Ihnen immer mal wieder vor, dass Sie in Württemberg zwar sehr bekannt sind aber in Baden das genaue Gegenteil der Fall wäre. Was antworten Sie denen?
Hagel: Also Kritik gehört doch immer auch dazu – da darf man kein »Christkindle« sein und ich bin da ganz entspannt. Bekanntheit kann die Folge meiner Arbeit sein. Sie ist aber nicht der Sinn meiner Arbeit. In den letzten zehn Jahren habe ich mich sehr um Baden-Württemberg gekümmert. Deshalb war mein Platz eher in den Rathäusern, bei den Betrieben und den Menschen im Land und nicht so sehr in Berliner Polit-Talkshows. Politik macht dann Sinn, wenn sie das Leben der Menschen besser macht – nicht, wenn sie nur das Image der Kandidaten im Blick hat. Deshalb schaue ich nicht den ganzen Tag in den Spiegel und frage mich was wichtig ist für mich. Ich frage mich, was wichtig ist für unser Land. Ich will einfach, dass es gut wird!
Sie haben vorher die Koalition in Berlin angesprochen. Wo hin blicken Sie denn koalitionstechnisch im Falle eines Wahlsiegs?
Hagel: Ich bin von dieser Frage ehrlich gesagt ein bisschen genervt, obwohl ich natürlich verstehe, dass das die Journalistinnen und Journalisten immer brennend interessiert. Ich will sie mal so beantworten: Für uns als CDU geht es darum, dass wir auf Platz eins liegen und eine bürgerliche Landesregierung führen können, die pragmatisch und mit gesundem Menschenverstand ans Werk geht. Für uns ist dann die Koalition die Beste, mit der wir am meisten von dem, was wir für richtig und wichtig für das Land erachten, umsetzen können. Von daher halte ich von diesen ganzen parteitaktischen Überlegungen und Farbenspielen echt wenig. Wir wollen eine Landesregierung, mit einer Kultur des Vertrauens und der Gemeinschaft, eine Landesregierung die zu Land und Leuten passt und die einfach für sich selber weiß: Politik ist kein Selbstzweck – wir sind für d’Leut unterwegs.