REUTLINGEN. Kaum ist die Wahl vorbei, da fordert CSU-Politiker Florian Hahn die Rückkehr der Wehrpflicht. Noch in diesem Jahr sollen die ersten Wehrpflichtigen in die Kasernen einrücken, so Hahn. Dabei ist momentan noch völlig unklar, ob die neue Wehrpflicht nach dem von Boris Pistorius favorisierten schwedischen Modell oder nach dem 2011 ausgesetzten alten Modell, wonach nur Männer zur Bundeswehr eingezogen werden, funktionieren soll. Auch müssten die Kreiswehrersatzämter dazu erst wieder aufgebaut werden.
In Schweden gibt es keine Wehrgerechtigkeit. Nach dem schwedischen Modell müssten alle jungen Männer und Frauen einen Fragebogen ausfüllen, es würden jedoch nur die geeignetsten, etwa jeder Zehnte eines Jahrgangs eingezogen. Das hätte einen gewissen Geschmack von Behördenwillkür. Würde man eine Dienstpflicht einführen, die sowohl Männer als auch Frauen betrifft, müsste man die Verfassung mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit ändern. Dafür bräuchte man im neuen Bundestag die Zustimmung entweder der AfD oder der Linken. Eine solche Mehrheit erscheint unwahrscheinlich.
Fragwürdig ist, warum das unpopuläre Thema Wehrpflicht im Wahlkampf keine Rolle gespielt hat. Die Wehrpflicht hat auf den Alltag junger Menschen größere unmittelbare Auswirkungen als die Migrationsfrage. Es ist nicht völlig überraschend, dass Europa verteidigungspolitisch zunehmend auf sich gestellt ist. US-Präsident Donald Trump hat bereits zuvor Zweifel daran aufkommen lassen, dass er ein zuverlässiger Partner ist. Die Parteien hätten das Thema deshalb bereits im Wahlkampf ansprechen sollen, statt es hinterher aus dem Hut zu zaubern.