REUTLINGEN. Die Union will nächste Woche in einem Entschließungsantrag die illegale Migration erschweren, die Befugnisse von Polizei und Nachrichtendiensten ausweiten und mehr Abschiebungen fordern. Was dahinter steckt.
- Was ist ein Entschließungsantrag?
Ein Entschließungsantrag ist eine politische Forderung oder Willensäußerung. Um vor der Bundestagswahl noch ein Gesetz zu verabschieden, reicht die Zeit aufgrund zahlreicher Fristen und festgelegter Verfahren nicht.
- Was steht in dem Antrag drin?
In den Anträgen geht es unter anderem um eine generelle Zurückweisung aller Asylsuchenden ohne gültige Einreisedokumente an den deutschen Grenzen sowie eine dauerhafte Inhaftierung von Ausreisepflichtigen, die nicht abgeschoben werden können und nicht freiwillig ausreisen. Sozialleistungen sollen auf den Grundsatz »Bett, Brot, Seife« reduziert werden. Außerdem soll die Liste der sicheren Herkunftsstaaten ausgeweitet werden. Eingebürgerte Doppelstaatler, die schwere Straftaten verüben, sollen die deutsche Staatsangehörigkeit wieder verlieren können. Der Entwurf für ein »Gesetz zur Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland« soll den Familiennachzug zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus beenden. Die Bundespolizei soll, wenn sie in ihrem Zuständigkeitsbereich Ausreisepflichtige antrifft, aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchführen dürfen.
- Olaf Scholz kündigte an »endlich in großem Stil abschieben«. Warum kann die SPD dem Gesetz nicht zustimmen?
Im Merz-Antrag wird unter anderem gefordert, einige erst vor Kurzem verabschiedete Gesetze der Ampel-Koalition rückgängig zu machen – so etwa das Chancen-Aufenthaltsrecht und die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts mit genereller doppelter Staatsbürgerschaft und erleichterter Einbürgerung. Diese Gesetze haben eigentlich nichts mit den Anschlägen in Magdeburg, Aschaffenburg, Solingen oder Mannheim zu tun,weil sie nicht von Eingebürgerten verübt wurden, aber die Union war schon damals gegen diese Gesetze.
- Gibt es rechtliche Bedenken?
Ja. Und zwar vor allem gegen einige Punkte, die in den beiden Anträgen enthalten sind – etwa die Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft und generelle Zurückweisungen. Allerdings gibt es unter Fachleuten zu beiden Fragen unterschiedliche Meinungen. Bei den Zurückweisungen setzt die Union womöglich aber auch auf die Macht des Faktischen. Mit anderen Worten: Die Bundesregierung könnte entsprechende Maßnahmen erst einmal umsetzen und dann schauen, ob eine etwaige Klage dagegen vor einem Verwaltungsgericht beziehungsweise dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) Erfolg hat.
- Hätte die Polizei überhaupt die Ressourcen um das Merz-Programm umzusetzen?
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält flächendeckende Kontrollen und Zurückweisungen an den deutschen Grenzen für »nicht durchsetzbar«. Der GdP-Vorsitzende für den Bereich Bundespolizei, Andreas Roßkopf, sagte im MDR-Radio: »Wir haben eine Länge von 3.800 Kilometern Binnengrenzen. Wir sind mit den Grenzkontrollen, die wir jetzt schon betreiben, am Rande des Machbaren. Für die Pläne von Merz seien ›nicht nur Hunderte, sondern Tausende Kollegen mehr‹ nötig. Dass Merz alle Flüchtlinge ohne gültige Dokumente zurückweisen wolle, sei deshalb nicht umsetzbar«, so Roßkopf. Neue Beamte müssten erst ausgebildet werden, was zwischen zweieinhalb und drei Jahren dauere. Nötig seien auch Investitionen in Drohnen- und Kennzeichenerfassungs-Technik. (GEA)