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Was hinter dem Harris-Effekt steckt

Kamala Harris wurde der Sieg nicht zugetraut, jetzt herrscht Euphorie. GEA-Redakteur Martin Zimmermann erklärt den Harris-Effekt.

Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris spricht während der Democratic National Convention.
Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris spricht während der Democratic National Convention. Foto: Brynn Anderson/dpa
Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris spricht während der Democratic National Convention.
Foto: Brynn Anderson/dpa

REUTLINGEN.. Kamala Harris ist bei den Wählern unbeliebt. Sie hat keine Chance, die Wahl gegen Trump zu gewinnen. Deshalb muss der greise Joe Biden um jeden Preis nochmal antreten. So berichteten es bis vor kurzem die meisten Medien. Nun aber, da sich Biden zurückgezogen hat, herrscht bei denselben Journalisten geradezu eine Harris-Euphorie. In den Umfragen liegt sie bereits vor Trump, hinter dem Biden zuletzt zurücklag.

Dieser plötzliche Umschwung liegt auch am präsidentiellen System der USA. Die Aufmerksamkeit konzentriert sich auf den Präsidenten. Wer Vize-Präsident ist und welche politische Agenda er verfolgt, interessiert meist nur während des Wahlkampfs. Wer erinnert sich beispielsweise noch an Dan Quayle und wofür er bekannt wurde? Der Vize-Präsident von George Bush senior gilt Historikern häufig als Beleg dafür, wie wenig man als Vize-Präsident können muss. Quayle blamierte sich bei einem Wahlkampftermin, als er einem Grundschüler empfahl, das korrekt geschriebene Wort »Kartoffel« zu ändern.

Natürlich fehlen Harris noch Inhalte. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bei der US-Wahl hauptsächlich darum geht, wie viele Amerikaner immer noch hinter Donald Trump stehen und ob es den Demokraten gelingt, die moderaten Wähler der Mitte für sich zu mobilisieren. Das ist wichtig, weil die Wahl an einem Werktag ist und sich an den Wahllokalen teilweise lange Schlangen bilden. Um zu wählen, muss man sich eventuell einige Stunden von der Arbeit freistellen lassen. Ob Joe Biden diese Wählermotivation gelingen würde, schien zuletzt fraglich. Harris scheint nun ein Momentum zu haben und darf bis zur Wahl keine großen Fehler machen, wenn sie gewinnen will. Ein Waffenstillstand in Gaza, der ihr außenpolitisches Ansehen stärkt, würde ihre Chancen sicher auch verbessern.

martin.zimmermann@gea.de