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Was Elon Musk und Alice Weidel verbindet

Mit Gewerkschaften, Klimaschutz und politischer Korrektheit gibt es gemeinsame Feindbilder.

Ziemlich beste Freunde: Elon Musk und Alice Weidel. FOTOS: VUCCI/NIETFELD/DPA
Ziemlich beste Freunde: Elon Musk und Alice Weidel. FOTOS: VUCCI/NIETFELD/DPA
Ziemlich beste Freunde: Elon Musk und Alice Weidel. FOTOS: VUCCI/NIETFELD/DPA

WASHINGTON. Elon Musk mischt sich zunehmend in den deutschen Wahlkampf ein. Nun führte der Tech-Milliardär auf seiner Plattform X ein Interview mit der AfD-Chefin Alice Weidel.

- Biografische Gemeinsamkeiten

Der Unternehmer und die Rechtspopulistin haben einige Gemeinsamkeiten. So sind beide – obwohl sie rechte Parteien unterstützen – eigentlich nicht sehr heimatverbunden.

Elon Musk ist in Südafrika geboren und lebte dort bis zum Alter von 17 Jahren. Wohl um dem dortigen Wehrdienst zu entgehen, emigrierte er nach Kanada und nahm die kanadische Staatsbürgerschaft seiner Mutter an. Erst 1994 kam er mit einem Studentenvisum nach Kalifornien, um seine erste Firma zu gründen, die später zu PayPal wurde. Die Washington Post fand heraus, dass er damals mit seinem Studentenvisum eigentlich in den USA gar nicht hätte legal arbeiten dürfen. Auch als Unternehmer ist Musk sehr mobil und verlegte Firmensitze von Kalifornien und Delaware nach Texas, weil er mit den in den jeweiligen Bundesstaaten regierenden Demokraten unzufrieden war.

Alice Weidel, die in Harsewinkel bei Gütersloh aufgewachsen ist und nach ihrem Studium insgesamt sechs Jahre in China war, lebt zwar nach eigenen Angaben in Überlingen. Laut den Schweizer Behörden ist sie jedoch seit 2017 in der Schweiz gemeldet, zunächst in Biel und seit 2019 in Einsiedeln.

- Politische Gemeinsamkeiten

Politisch unterstützte Musk zunächst die Demokraten und spendete für Barack Obama und Hillary Clinton. Er vertrat jedoch bereits damals libertäre Positionen von einem schlanken Staat und hielt wenig von politischer Korrektheit. Allerdings vertrat er in gesellschaftlichen Fragen zunächst liberale Positionen. In seinen Unternehmen ist er bekannt dafür, seinen Mitarbeitern unrealistisch hohe Ziele zu stecken. Er verlangt immer wieder von seinem Mitarbeitern sofortige Extrem-Kollektivarbeitseinsätze, sogenannte Surges. Nach Phasen von Mitarbeiterwachstum entließ er immer wieder rund zehn Prozent der Belegschaft. Er gilt als Gegner des Homeoffice. Zum Trump-Anhänger wandelte er sich durch zwei Ereignisse: Während der Corona-Pandemie durfte in einer seiner Fabriken wegen eines Verbots der demokratischen Behörden in Kalifornien zeitweise nicht mehr gearbeitet werden und einer seiner Söhne ließ sich 2022 als weiblich registrieren. Seine Ansichten, dass der Klimawandel keine industriellen Ursachen hat und Gewerkschaften für die wirtschaftliche Entwicklung hinderlich sind, behielt Musk bei. Dazu passt, dass Musk als Anhänger einer libertären Wirtschaftspolitik für ein Minimum an Regulierung eintritt und in Trumps Regierung die Deregulierungsbehörde leiten soll.

Alice Weidel ist wie Elon Musk eine Anhängerin staatlicher Deregulierung. Sie arbeitete für die Investmentbanken Goldman Sachs und Allianz Global Investors. Ihre von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung geförderte Promotion schrieb sie über den Gesundheitsökonomen und AfD-Vordenker Peter Oberender, der die Gesundheitspolitik streng marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten unterordnen und den Organhandel legalisieren will. Außerdem war sie Mitglied in der Friedrich-Hayek-Gesellschaft, die ursprünglich die Ideen des neoliberalen Ökonomen Friedrich Hayek vertritt. Wie Musk wettert Weidel gerne gegen die politische Korrektheit, die »auf den Müllhaufen der Geschichte« gehöre. Wie Musk leugnet auch Weidel den menschengemachten Klimawandel.

- Die Interessen Musks und Weidels

Elon Musk will seine Plattform X als führendes Meinungsmedium etablieren. Dafür hat er seit der Übernahme des Untenehmen, das früher Twitter hieß, Sperren aufgehoben und die Algorithmen geändert. Die Europäische Union will mit dem Digital Service Act Auswüchse von Fehlinformationen in den sozialen Netzwerken bekämpfen und führt seit Ende 2023 ein Verfahren gegen Musks X, dem eine hohe Strafzahlung droht. Für die AfD ist das Gespräch von Weidel und Musk eine kostenlose Wahlwerbung. Die NGO Lobby Control hat deshalb wegen einer illegalen Parteispende von Musk Anzeige erstattet. In einer Umfrage glauben 59 Prozent der Deutschen, dass Musks Wahlempfehlung der AfD genutzt hat, nur vier Prozent glauben, dass das der Partei geschadet hat. Allerdings sehen nur 25 Prozent einen großen Einfluss Musks auf die Bundestagswahl, 50 Prozent dagegen gehen von einem kleinen oder sehr kleinen Einfluss aus.

- Widersprüche und Risiken der Zusammenarbeit

Das Lieblingsfeindbild der Neuen Rechten sind die »Globalisten«. Alexander Gauland lästerte über eine »neue urbane Elite«, die sich »als Weltbürger fühlt«. Elon Musk ist eigentlich der Inbegriff eines Globalisten. Die AfD war seinerzeit auch gegen die Ansiedelung von Tesla im brandenburgischen Grünheide. Im November 2019, als der Bau der Fabrik angekündigt wurde, wetterte Weidel gegen Tesla: »Ein ausgebrannter Tesla wird zu Sondermüll. Die Batterie kann nicht entsorgt werden«, schrieb sie auf Twitter. »Es ist die falsche Standortwahl«, sagte die Brandenburger AfD-Landtagsabgeordnete Kathleen Muxel. Die AfD demonstrierte auf dem Grünheider Marktplatz gegen den Bau des Tesla-Werks. »Wo kommen wir eigentlich hin, wenn wir jedem Mister Milliardär aus Amerika unsere Heimat nach Belieben zur Zerstörung ausliefern?«, wetterte Muxel. Alice Weidel nannte Deutschland kürzlich in einem Interview mit »The American Conservative « als »Sklaven der USA«, »besiegtes Volk« und »eine Kolonie, die nicht das Recht hat, eine eigene Energiepolitik zu machen«. Ob der von AfD propagierte Anti-Amerikanismus mit der Annäherung an Elon Musk zusammengeht, müssen die AfD-Anhänger selbst beurteilen.

Für Musk, der auch in Deutschland Geschäfte machen will, ist es riskant, eine Partei zu unterstützen, die wohl auch nach der Wahl nicht die Regierung stellen wird. Musk selbst scheint die Widersprüche zwischen Alice Weidels Lebensstil und dem politischen Programm ihrer Partei als Leumund für die AfD zu sehen: »Die Darstellung der AfD als rechtsextrem ist eindeutig falsch, wenn man bedenkt, dass Alice Weidel, die Vorsitzende der Partei, mit einer gleichgeschlechtlichen Partnerin aus Sri Lanka lebt. Klingt das nach Adolf Hitler? Ich bitte Sie!«, schrieb er in seinem Gastbeitrag für die Welt. (GEA)