REUTLINGEN. Warum muss es ausgerechnet ein Amerikaner sein? Vielen, die in diesen Tagen von Wichtigtuern aus den USA genug haben, mag dieser Gedanke durch den Kopf geschossen sein. Doch ein Blick auf die Zeichen, die der neue Papst bereits kurz nach seiner Wahl setzte, zeigt, dass er wohl keine ganz schlechte Entscheidung war.
Robert Prevost entschied sich für den Papstnamen Leo, den zuletzt der »Arbeiterpapst« Leo XIII. (1810-1903) geführt hatte. Leo XIII. gilt als Begründer der katholischen Soziallehre. Indem Prevost, der viele Jahre in Peru lebte und auch neben der US-amerikanischen auch die peruanische Staatsbürgerschaft hat, diesen Namen wählte, kündigte er an Franziskus' Engagement für die internationale Gerechtigkeit fortzusetzen. Ein weiteres Zeichen war es, dass er sich bereits in seiner ersten Ansprache für den Frieden einsetzte.
Die relativ schnelle Wahl im Konklave zeigt, dass Leo XIV. als ein Mann des Ausgleichs gesehen wird, der sowohl den Globalen Süden als auch die Katholiken in Europa und Amerika im Blick hat. Als Amerikaner wird er entscheiden müssen, ob er sich von Donald Trump vereinnahmen lässt, oder ob er - wie in der Vergangenheit bereits - den US-Präsidenten in seiner Abschiebepolitik an seine christliche Verantwortung erinnert. Die katholischen Reformbewegungen sollten sich jedoch nicht allzu große Hoffnungen bei Themen wie der Frauenweihe oder der Akzeptanz Homosexueller machen. Leo XIV gilt als vorsichtiger Diplomat. Große Reformen bei Themen wie Geschlechtergerechtigkeit und Sexuallehre sind von ihm zunächst nicht zu erwarten.