Demut. Das ist ein altmodischer Begriff. Doch gerade einer Partei, die ständig von Anstand und Respekt redet, sollte er geläufig sein. Dazu passt allerdings nicht, was die SPD und Olaf Scholz aufführen, seit er Christian Lindner rausgeworfen hat. Zunächst der vom Teleprompter abgelesene Gefühlsausbruch des Regierungschefs und sein Nachtreten. Dann sein verantwortungsloser Plan, erst am 15. Januar die Vertrauensfrage zu stellen. Anschließend empfing die SPD-Fraktion den Kanzler jubelnd, als sei das Ampel-Aus kein Problem, sondern ein Grund zum Feiern.
Die Koalition, die eine Fortschrittskoalition sein wollte, ist geplatzt, und der Kanzler, der Führung versprochen hat, ist gescheitert. Er hat letztlich zu verantworten, dass Deutschland in einer veritablen politischen Krise steckt. Und zwar in einer Zeit, in der sich die Welt in einer rasanten Geschwindigkeit weiterdreht. Und nicht auf Deutschland wartet. Doch die Genossen feixen, als hätten sie gerade eine Wahl gewonnen. Völlig skurril ist, wie die SPD nun dem Oppositionsführer die Pistole auf die Brust setzt: Weil die Ampel geplatzt ist, müssten Friedrich Merz und seine Union staatspolitische Verantwortung übernehmen, fordert ein vielstimmiger Genossen-Chor.
Scholz will Zeit gewinnen, hofft, seine Ausgangslage für die Wahl verbessern zu können. Dem Kanzler scheint langsam zu dämmern, dass er mit seinem Plan nicht durchkommt. Merz fordert zu Recht, dass zunächst Scholz seiner Verantwortung gerecht wird. Und die Vertrauensfrage zeitnah stellt.