REUTLINGEN. Victor Orban hatte für seinen Gast ein ganz besonderes Begrüßungsgeschenk parat: Kurz nachdem der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Budapest gelandet war, machte Ungarn seinen Entschluss öffentlich, den Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag zu verlassen. Dass die ungarische Regierung vom Strafgerichtshof nicht mehr viel hält, hatte Victor Orban schon länger klar gemacht. Nachdem im letzten November ein internationaler Haftbefehl gegen Netanjahu wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gaza-Krieg erlassen wurde, kritisierte Orban diese Entscheidung scharf, nannte sie »politisch motiviert«.
Für Europa und das Völkerrecht ist dieser Schritt mehr als tragisch. Zur Erinnerung: Der Europäische Gerichtshof wurde nach den Kriegen in Ex-Jugoslawien in der 1990er Jahren vor allem auch auf das Betreiben der Europäer hin geschaffen, um Kriegsverbrechen gerichtlich zu sühnen. In Den Haag wurde in der Folge etwa der Verantwortliche für den Völkermord in Srebrenica, General Ratko Mladic, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt, ebenso wie der Serbenführer Radovan Karadzic.
Der Gerichtshof ist auf Akzeptanz und Unterstützung seiner Mitgliedsstaaten angewiesen. Ungarn stellt sich mit seinem Schritt nun auf die Seite der USA und damit auf die Seite Trumps. Für Orban ist das nur konsequent, er biedert sich damit weiter den rechtspopulistischen Regierungen an. Und verabschiedet sich damit immer mehr von der europäischen Gemeinschaft. (GEA)