REUTLINGEN. Schon in der kommenden Woche treffen sich Delegationen aus den USA und Russland in Saudi-Arabien, um über das Ende des Krieges in der Ukraine zu verhandeln. Vertreter des angegriffenen Landes sind nicht eingeladen, genauso wenig wie die Europäer. Dass nun über die Köpfe derjenigen Menschen hinweg verhandelt wird, die davon am meisten betroffen sind, zeigt die grenzenlose Arroganz der Trump-Regierung.
Gipfel der Respektlosigkeit
Es stimmt natürlich, dass eine Einigung zu erzielen umso schwieriger wird, je mehr Parteien am Verhandlungstisch platznehmen. Dennoch ist es ein Gipfel der Respektlosigkeit, dass die Menschen, die für die Freiheit ihres Landes gekämpft und geblutet haben, nun kein Mitspracherecht bekommen sollen. Zwar kann formal niemand die Ukraine zwingen, die Waffen niederzulegen. Präsident Wolodymyr Selenskyj weiß jedoch, dass er sich nicht über einen Deal des US-Präsidenten hinwegsetzen kann, ohne die Unterstützung der USA zu verlieren. Und ohne die Unterstützung der USA ist eine Niederlage auf Raten vorprogrammiert. Selenskyj wird nichts anderes übrigbleiben, als sich zähneknirschend zu fügen. Für ihn dürfe es politisch das Ende bedeuten. Wenn sein Posten nicht ohnehin zu Verhandlungsmasse gehört, dürften ihm seine Landsleute übelnehmen, Gebiete abgetreten zu haben, für die so viele von ihnen ihr Leben gegeben haben.
Schmerzhaftes Erwachen in einer neuen Weltordnung
Die Europäer müssen nun schmerzhaft erkennen, dass ihnen nicht nur der wichtigste Verbündete abhanden gekommen ist, sondern auch die Begegnung auf Augenhöhe durch die Großmächte USA, Russland und China. Wohlstand durch freien Welthandel und Sicherheit durch die militärische Stärke der USA haben Europa in vielerlei Hinsicht träge und ambitionslos gemacht. Nun folgt das schmerzhafte Erwachen in einer neuen Weltordnung. Wollen die Länder Europas darin nicht zermahlen werden, werden sie näher zusammenrücken müssen.