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TV-Duell zwischen Scholz und Merz endet unentschieden - und hat trotzdem einen Sieger

Olaf Scholz und Friedrich Merz mit den beiden Moderatorinnen Sandra Maischberger (links) und Maybrit Illner.  FOTO: KAPPELER/DPA
Olaf Scholz und Friedrich Merz mit den beiden Moderatorinnen Sandra Maischberger (links) und Maybrit Illner. FOTO: KAPPELER/DPA
Olaf Scholz und Friedrich Merz mit den beiden Moderatorinnen Sandra Maischberger (links) und Maybrit Illner. FOTO: KAPPELER/DPA

BERLIN. Olaf Scholz ist das, was Friedrich Merz gerne wäre. »Der Kanzler unter den Kandidaten«, wirbt die SPD für Scholz. Das entspricht zwar zweifelsfrei den Tatsachen, dennoch fand der Fernseh-Zweikampf beider Männer unter verkehrten Vorzeichen statt. Der Kandidat Merz wirkte wie der Kanzler und der Kanzler wie ein herausfordernder Kandidat. In den Umfragen ist die Union mit 30 Prozent doppelt so stark wie die SPD. Von Kanzlerbonus ist bei Scholz nichts zu spüren. Der Sozialdemokrat stand erheblich unter Druck, Boden gutzumachen.

- Wer hat das TV-Duell gewonnen?

Ein klarer Sieger war nicht auszumachen. Scholz versuchte, seinen Gegner als politischen Zocker darzustellen, der nicht vor dem Eklat zurückschreckt und mit der AfD stimmt. »Das ist aus meiner Sicht ein Wortbruch, ein Tabubruch«, sagte Scholz. Er malte das Bild des Reichenfreundes, dessen Steuerpläne riesige Löcher in den Staatshaushalt reißen. »Uns fehlt das Geld an allen Ecken und Enden.« Leute, die drei Millionen verdienten, könnten »ein bisschen mehr Steuern zahlen«.

Merz bemühte sich nach Kräften, Scholz als Kanzler des Abschwungs madig zu machen, unter dem das Land wie gelähmt in einer Wirtschaftskrise feststeckt. »Wir sind jetzt im dritten Jahr einer Rezession. Das hat es in Deutschland noch nie gegeben, wir haben eine Sanktionswelle wie nie in den letzten 15 Jahren«, meinte der CDU-Vorsitzende. Im Streit um die richtige Asylpolitik warf er dem Kanzler vor, »Märchenschlösser« zu bauen und nicht zu handeln: »Sie kriegen es in Ihrer Koalition nicht so hin, wie es notwendig wäre.« Beide Politiker polierten damit weiter die Negativfolien, die sie seit Wochen in das Schaufenster hängen.

Wenige Tage vor der Wahl ist ein Unentschieden eher ein Erfolg für Merz, weil Scholz die Zeit für die Aufholjagd davonrennt. Selbst sein riskantes Manöver, in der Asylpolitik auf die Unterstützung der AfD zurückzugreifen, nehmen ihm die Unionswähler nicht übel. Die Umfragen bewegten sich nur minimal.

- Was waren die überraschendsten Momente?

Die Moderatorinnen Maybrit Illner und Sandra Maischberger lockerten den Redefluss der Kontrahenten von Zeit zu Zeit mit kurzen Zwischenfragen auf. Die Frage, ob in Deutschland der Bürokratiedschungel mit der Kettensäge gelichtet werden muss, antwortete Scholz: »Stimmt.« Merz wiederum meinte auf die Frage, was ein Bundestag ohne die FDP wäre: »Ärmer, aber durchaus lebensfähig.« Er könne es nicht besser sagen, pflichtete ihm Scholz bei.

- Wie steht es um die Frage von Krieg und Frieden?

Die Ukraine kann sich darauf einstellen, dass sie weiter Unterstützung aus Deutschland erhalten wird – egal ob der künftige Kanzler Merz oder Scholz heißt. Beide bekräftigten, dass es kein Ende des Krieges über die Köpfe der Ukrainer hinweg geben möchte. Einen Nato-Beitritt Kiews in nächster Zeit schlossen beide aus. Genau das verlangt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj immer wieder, um eine wirksame Sicherheitsgarantie für Land zu erhalten.

- Wer regiert mit wem?

Friedrich Merz lachte zuversichtlich, als er nach seinen Koalitionsoptionen nach der Wahl gefragt wurde. »Ich gehe davon aus, dass wir die Bundestagswahl gewinnen« – und zwar derart, dass man womöglich nur einen Partner in einer Koalition brauche. Der CDU-Chef setzt auf ein Bündnis mit SPD oder Grünen und verspricht einen Politikwechsel. Der Amtsinhaber konnte das natürlich nicht so stehen lassen. »Ich bin überzeugt, dass die Menschen anders entscheiden werden, als Herr Merz sich das gerade ausmalt und ich das Mandat für Koalitionsgespräche bekomme.« Die Umfragen geben an diesem Punkt allerdings Merz recht und nicht Scholz.

- Wie war der Stil der Kontrahenten?

Gleich zu Beginn versicherten beide Politiker, dass sie sich die harten Attacken des Wahlkampfes (Fritze Merz, Klempner der Macht) nicht übel nehmen. Illner und Maischberger gelang es, dass die Debatte sachlich blieb. Mit harten Gesten hielten sich Merz und Scholz zurück. Der konzentrierten Atmosphäre war außerdem dienlich, dass kein Publikum im Fernsehstudio saß und mit seiner Reaktion direkt Einfluss nahm. Erst gegen Ende ging der Kanzler seinen Herausforderer schärfer an und warf ihm vor, es sei »lächerlich« die Milliardensummen für die Aufrüstung der Bundeswehr über den laufenden Etat finanzieren zu können. Am Ende der Sendung reichten sich beide die Hand. (GEA)