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Aktuell Sicherheit

Trumps Griff nach dem Panamakanal

Strategische Überlegungen für den Fall eines Krieges um Taiwan. Die USA als Wahrer der Neutralität

Ein Containerschiff bei der Durchfahrt einer Schleuse des Panamakanals auf der Atlantikseite. Rechts die Einfahrt.  FOTOS: RAHMI
Ein Containerschiff bei der Durchfahrt einer Schleuse des Panamakanals auf der Atlantikseite. Rechts die Einfahrt. FOTOS: RAHMIG
Ein Containerschiff bei der Durchfahrt einer Schleuse des Panamakanals auf der Atlantikseite. Rechts die Einfahrt. FOTOS: RAHMIG

PANAMA CITY. US-Präsident Donald Trump machte mit seinen Drohungen gegenüber Panama ein altes Fass neu auf. Nicht alles, was er in seiner polternd-simplen Ausdrucksweise sagt, entspricht der Wahrheit, aber es ist auch nicht alles falsch. Der 82 Kilometer lange Panamakanal verbindet den Atlantik mit dem Pazifik und ist für die USA von immenser wirtschaftlicher und strategischer Bedeutung. Die USA würden unter keinen Umständen zulassen, dass die bedeutende Wasserstraße »in die falschen Hände« gerät. Gemeint ist damit China. Hauptnutzer der Wasserstraße sind die USA und an zweiter Stelle China.

In dieser Woche hieß es nun, nach Druck aus den USA solle die US-Finanzfirma Blackrock die Kontrolle über zwei wichtige Häfen am Panamakanal übernehmen. Der in Hongkong ansässige Konzern CK Hutchison verkauft die Mehrheit an seiner Hafensparte an ein von Blackrock angeführtes Konsortium. Dazu gehören auch die Häfen Balboa und Cristobal an den Eingängen des Panamakanals.

Um durch den Kanal vom Atlantik zum Pazifik zu gelangen, müssen die Schiffe mit den drei Schleusen Miraflores, Pedro Miguel und Gatun auf beiden Seiten einen Höhenunterschied von 26 Metern überwinden. Der Kanal wird jährlich von 14.000 Schiffen befahren. Die Schiffe entrichten eine Gebühr, die bei den größten Containerschiffen bei gut einer Million Dollar für die Durchfahrt liegt, doch das ist noch immer weitaus günstiger als eine Umschiffung des gesamten südamerikanischen Kontinents. Hinzu kommt die enorme Zeitersparnis.

Kanalschwimmer zahlte 36 Cent

Die niedrigste Gebühr bisher zahlte im Jahr 1928 übrigens der US-Amerikaner Richard Halliburton, der damals als Erster den Panamakanal durchschwamm. Er wurde als Schiff behandelt und musste für die »Durchfahrt« 36 US-Cent entrichten.

Der Gatun-See liefert das Wasser für die Schleusenkammern mit ihren bis zu 25 Meter hohen und 600 Tonnen schweren Tore. Kleine E-Loks sowie Schlepper sorgen dafür, dass die Schiffe in der korrekten Position in die Schleuse einfahren und nicht anstoßen, denn auf beiden Seiten ist teilweise nur noch 60 Zentimeter Luft zwischen Bordwand und Mauer.

Die Franzosen unter Ferdinand des Lesseps, der den 1869 eröffneten Suezkanal baute, begannen mit der Verwirklichung der Idee. Lesseps wollte einen Kanal auf Meereshöhe und ohne Schleusen bauen. Die Arbeiten starteten 1880, doch der Bau auf Meereshöhe scheiterte und inzwischen gab es größte finanzielle Schwierigkeiten. 1902 übernahmen die USA unter Präsident Theodore Roosevelt die französische Konkursmasse. Panama gehörte damals zu Kolumbien, das sich weigerte, das Gebiet an Washington abzutreten. Roosevelt war sauer: »Ich glaube nicht, dass man es diesem Haufen Karnickel in Bogotá erlauben sollte, auf Dauer einen der großen künftigen Verkehrswege der Zivilisation zu versperren.«

1904 starteten die Arbeiten dann erneut. Der Chagres-Fluss wurde zum Gatun-See aufgestaut. Der Kanal ist also mit Süßwasser aufgefüllt. Mehr als 22.000 Menschen starben beim Bau des Kanals, die allermeisten zu Beginn unter französischer Bauleitung, durch Malaria und Gelbfieber. Als die Amerikaner übernahmen, wusste man bereits von der Aedes- und die Anophelesmücke als Überträgerinnen der Krankheiten. Als am 15. August 1914 das erste Schiff den Kanal durchquerte, ging das in der Öffentlichkeit praktisch unter, denn fast gleichzeitig begann der Erste Weltkrieg.

Mit der starken Zunahme des Handelsverkehrs nach dem Zweiten Weltkrieg gab es immer mehr Auseinandersetzungen um den Kanal. Stein des Anstoßes war auch die Tatsache, dass die eigentliche Kanalzone in amerikanischen Händen lag. Immer wieder kam es zu Zusammenstößen zwischen Panamaern und Amerikanern, bei denen es auch Tote gab.

Auch deswegen kam es zu neuen Verhandlungen, die 1977 unter US-Präsident Jimmy Carter in die beiden Verträge des Torrijos-Carter-Abkommens mündeten. Im ersten Vertrag wird die ständige Neutralität und Funktionsfähigkeit des Kanals festgehalten. Was das alles mit einschließt, ist allerdings interpretationsfähig. Aus US-Sicht hat man sich das Recht gesichert, die Neutralität des Kanals notfalls auch militärisch zu schützen.

Der zweite Vertrag, das eigentliche Panamakanal-Abkommen, regelt, dass die USA den Kanal und die Kanalzone bis Ende 1999 vollständig an Panama übergeben. Seitdem verwaltet Panama die Wasserstraße über die Kanalgesellschaft Autoridad del Canal de Panamá APC. Sie ist eine selbstständige panamaische Behörde mit 9.000 Mitarbeitern.

In den Verträgen nicht berücksichtigt wurde damals die Möglichkeit, dass klimatische Veränderungen die Funktionsfähigkeit des Kanals beeinträchtigen könnten. Doch mehrfach, zuletzt Ende 2023 – und bis weit ins Jahr 2024 hinein – wurde der Zugang zum Kanal aufgrund großer und anhaltender Trockenheit verringert. Panama benötigte das Süßwasser des Gatun-Sees zur Versorgung der über vier Millionen Panamaer. Hinzu kam, dass der Wasserspiegel in den Fahrrinnen für größere Schiffe zu niedrig war. Teilweise konnten daher nur noch halb so viele Schiffe pro Tag die Schleusen passieren. An den Schleuseneinfahrten auf pazifischer wie atlantischer Seite gab es schnell einen Stau von mehr als 200 Schiffen.

Große Mengen an Süßwasser

Für jedes Schiff, das den Kanal durchquert, fließen 250.000 Tonnen Süßwasser aus dem Kanal und damit aus dem Gatun-See und dem Alajuela ins Meer. Zwar wird seit 2016 nach einem Schleusenneu- und umbau mit Speicherbecken ein Teil des Süßwassers wieder aufgegangen, aber die deutlich größeren Schleusenkammern benötigen gleichzeitig mehr Wasser.

Trump befürchtet, dass Peking zu viel Einfluss auf die Betreiber des Kanals haben könnte. »Der Kanal wurde nicht zum Nutzen anderer übergeben, sondern lediglich als Zeichen der Zusammenarbeit zwischen uns und Panama,« so Trump. Das stimmt so natürlich nicht. Er kritisiert nicht nur angeblich zu hohe und ungerechte Durchfahrtsgebühren, sondern sieht die Wasserstraße zunehmend unter chinesischer Kontrolle, womit die Neutralität und Sicherheit des Kanals nicht mehr gewährleistet wäre.

Panamas Präsident José Raúl Mulino weist die Vorwürfe zurück und sagt, die Souveränität und Unabhängigkeit Panamas seien nicht verhandelbar. Die Panamaer selbst sind stolz auf den Kanal, er gehört zur nationalen Identität und zu ihrer Entstehungsgeschichte als souveräner Staat. Viele nehmen die Drohungen von Trump nicht wirklich ernst. Und es gibt einen gewissen Fatalismus, denn es ist klar, dass sich Panama nach Abschaffung der Armee 1990 gegen eine Besetzung durch die USA nicht einmal ansatzweise wehren könnte. Andererseits gibt es auch Unzufriedenheit, denn viele fragen sich, in welche Taschen die Gelder verschwinden, die mit dem Kanal generiert werden. Andererseits erinnern sich noch viele an den US-Einmarsch 1989, um Diktator Noriega zu stürzen.

Panamas Rückzieher

Tatsächlich hat China seine Aktivitäten seit 2017 erheblich ausgeweitet. Damals war Panama als erstes lateinamerikanisches Land der chinesischen Belt an Road Initiative (Seidenstraßenprojekt) beigetreten. Es betätigte sich sozusagen als Türöffner für andere Staaten der Region. Das chinesische Engagement ist nicht neu. Schon seit 1997 werden die Häfen Balboa und Cristóbal an den beiden Enden des Kanals von einer Tochtergesellschaft der CK Hutchison Port Holdings betrieben, deren Eigentümer ein Hongkonger Milliardär ist.

Die Deutsche Welle berichtete Ende Januar von einer Anhörung im US-Kongress in 2024. Demnach sagte dort die Befehlshaberin des für die Karibik und Mittelamerika zuständigen US-Südkommandos, General Laura Richardson, Peking stelle seine Investitionen in Lateinamerika als friedlich dar. Aber viele von ihnen dienten der Volksrepublik künftig als strategischer Zugang für ihre Streitkräfte, sowie als Stützpunkt für deren Marine.

Nach den massiven Drohungen Trumps wird Panama nun auf eine Verlängerung des Seidenstraßenprojektes mit Peking verzichten. Außerdem überprüfen die Behörden den chinesischen Hafenbetreiber. Doch Trump geht es noch um etwas anderes. Panama soll dabei helfen, die Flüchtlingsströme aus Südamerika einzudämmen und dazu seine Grenzen intensiver überwachen. (GEA)