REUTLINGEN. Arme Bahnkunden kann man da nur sagen. Wieder stehen alle Räder still, weil der starke Arm der Gewerkschaft das will. Ab Mittwoch müssen sich Bahn-Reisende sechs Tage auf Einschränkungen und massive Zugausfälle einstellen. Sechs Tage Streik ist nicht nur von der Länge her ein Superlativ, sondern auch mit Blick auf die Frequenz: Es ist bereits der vierte Arbeitskampf im aktuellen Tarifstreit zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der Deutschen Bahn.
Natürlich muss man der Lokführergewerkschaft zugute halten, dass ein Arbeitskampf nur dann erfolgreich sein kann, wenn er viele Menschen trifft. Nur so entsteht neben dem finanziellen Druck auf die Arbeitgeber auch ein gesellschaftlicher, sich endlich zu einigen. Das sind die üblichen Spielreglen einer Tarifauseinandersetzung. Doch der Bahnstreik entfernt sich immer weiter von diesen eingeübten Ritualen. Er wird immer mehr zu einem Machtkampf zwischen GDL-Chef Claus Weselsky und der Deutschen Bahn. Die eigentliche Tarifauseinandersetzung, also der Streit um höhere Löhne und die Arbeitszeit, gerät dabei in den Hintergrund und fügt sich in das Bild von Deutschland als einer blockierten Republik.
Drohung mit Gericht
Es ist höchste Eisenbahn, diesen Machtkampf zu beenden. Das gilt auch für die Deutsche Bahn, die immer wieder versucht hat, mit juristischen Mitteln die GDL zum Einlenken zu zwingen. Auch das hat das Klima vergiftet. So haben beide Parteien dazu beigetragen, dass die viel gepriesene deutsche Sozialpartnerschaft auf eine harte Probe gestellt wurde. Nun ist es Zeit, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Nur so kann der Konflikt befriedet werden.