REUTLINGEN. Es sieht ganz so aus, als bräuchte in der Regierung niemand die FDP, um sich zu streiten. Zwischen Außenministerin Annalena Baerbock und Bundeskanzler Olaf Scholz ist die Stimmung gelinde gesagt angespannt. Die Grünen werfen Scholz vor, aus wahltaktischem Kalkül ein Hilfspaket für die Ukraine zu blockieren. Mit einer Diskussion über die Finanzierung des Pakets will sich der Kanzler als Verteidiger des Sozialstaates profilieren und gleichzeitig ein paar Wähler bei denjenigen abgreifen, die ohnehin gegen Waffenlieferungen an die Ukraine sind.
Wahlkampfthema Schuldenbremse
Zurecht weist Scholz darauf hin, dass Parteien, die sich unverbrüchlich dazu bekennen, die Schuldenbremse nicht anzurühren, andere Wege finden müssen, die umfangreichen Investitionen zu stemmen, die für die Ankurbelung der Wirtschaft, zur Modernisierung der maroden Infrastruktur und zu Wiederherstellung der Verteidigungsfähigkeit anstehen. Ohne höhere Schulden kann dies nur über massive Einschnitte an anderer Stelle möglich sein - mutmaßlich bei den Sozialausgaben. Überzeugende Konzepte zur Gegenfinanzierung von Steuersenkungen und steigenden Militärausgaben bleibt die CDU weitgehend schuldig. Das Werben um die Wählergunst darf aber nicht so weit gehen, dass dabei Menschenleben geopfert werden.
Taktieren ist fehl am Platze
Der nüchterne Zahlenmensch und Aktenfresser Olaf Scholz scheint in seinem Berliner Elfenbeinturm manchmal erschreckend entrückt von den Niederungen der gemeinen Realität. Sonst wäre ihm vielleicht bewusst, dass von dem Hilfspaket, das er zur politischen Verhandlungsmasse macht, Menschenleben an der Front abhängen. Jedes Taktieren ist da fehl am Platze. Die Ukraine braucht unsere Unterstützung jetzt. Über die Finanzierung muss dann die künftige Regierung entscheiden.