Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken schauen auf eine wechselvolle gemeinsame Zeit an der Spitze der SPD zurück. Sie stehen für die Periode, in der die Genossen sich bei Umfragen auf historischen Tiefstständen wiederfanden und zu Beginn des Jahres mit der FDP bei zwölf Prozent rumkreuchten. Aber die beiden stehen auch dafür, dass sich die Partei im Wahlkampf hinter ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz versammelte, dass sie sich zurückhielten, als die anderen Parteien einen Fehler nach dem anderen machten. Das Führungsduo steht auch dafür, dass die SPD am Ende sogar vor der CDU landete und (wohl) den nächsten Kanzler stellt.
Doch damit ist die Mission von Walter-Borjans und Esken erfüllt. Die beiden waren ein moderierendes Führungsduo des Übergangs. Er hat das erkannt und wird sich zurückziehen, sie zögert noch. Esken würde der SPD einen Gefallen tun, wenn sie es ihrem Co-Vorsitzenden gleichtut. Die Sozialdemokraten brauchen jemanden, der für eine programmatische Neuausrichtung steht und das Leitmotiv von Scholz’ Wahlkampf, nämlich Respekt, weiterführt. Esken steht dafür nicht.
Esken und Walter-Borjans stehen für Gegenwart und jüngste Vergangenheit der Partei. Manuela Schwesig und Lars Klingbeil wären zwei, die für eine moderne, Richtung Zukunft ausgerichtete SPD stehen. Sie hat die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern gewonnen, er die erfolgreiche Bundestagswahl organisiert. So sehen Sieger aus. Egal, ob als Führungsduo oder eine(r) allein. Beide können den Aufbruch der SPD fortführen, der mit der Bundestagswahl eingeleitet wurde. Vielleicht kann Scholz mit einem Ministerposten Esken den Verzicht auf den SPD-Chefsessel schmackhaft machen.