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Solo für Merz

Einen Tag nach der Klatsche in Brandenburg gibt es demonstrative Zustimmung zum Kanzlerkandidaten

Seine erste Reise als offizieller Kanzlerkandidat der Union wird CDU-Chef Friedrich Merz nach Brüssel führen. Thema: Verbrenner-
Seine erste Reise als offizieller Kanzlerkandidat der Union wird CDU-Chef Friedrich Merz nach Brüssel führen. Thema: Verbrenner-Aus. FOTO: GOLLNOW/DPA
Seine erste Reise als offizieller Kanzlerkandidat der Union wird CDU-Chef Friedrich Merz nach Brüssel führen. Thema: Verbrenner-Aus. FOTO: GOLLNOW/DPA

BERLIN. Seinen Start als Spitzenkandidat hatte sich Friedrich Merz anders vorgestellt. Vor wenigen Wochen noch lag seine CDU in Brandenburg bei 19 Prozent. Am Wahlabend dann die Ernüchterung: Die Partei wurde mit 12,1 Prozent nach hinten durchgereicht. Sie ist im Potsdamer Landtag nach SPD, AfD und BSW kleinste Fraktion und wird voraussichtlich in der nächsten Regierung nicht mehr vertreten sein. Die Parteispitze machte es sich vor diesem Hintergrund relativ einfach und ließ die Fehlersuche in den eigenen Reihen aus. Stattdessen gab sie SPD-Spitzenkandidat Dietmar Woidke die Schuld am Wahlausgang und blickte nahezu trotzig auf den 28. September des nächsten Jahres. Dann findet die Bundestagswahl statt, und Merz soll die Union – so wurde es am Montag offiziell beschlossen – als Kanzlerkandidat zum Sieg führen.

Bis dahin hat der 68-Jährige noch viel Arbeit vor sich. In Brandenburg holte die zweitplatzierte AfD viele Stimmen bei jungen Leuten und damit bei jener Wählergruppe, die Merz im Moment so gut wie gar nicht anspricht. Was noch zum Problem werden könnte, denn ein Schattenkabinett will der Sauerländer nicht aufstellen, alles deutet auf ein Solo für Merz hin. Im November wird er 69 Jahre alt, zur Vereidigung als Kanzler wäre er bereits 70. Die Frage nach seinem Alter beantwortete er zuletzt mit dem Hinweis auf eine gute gesundheitliche Konstitution. Offen ist damit weiterhin, wie die Union Stimmen im Lager der jüngeren Wählerinnen und Wähler holen will.

»Die Strategie von Herrn Woidke war Grund für unseren Absturz«

Im Wahlkampfjahr dürfte die SPD ihm darüber hinaus seine nicht vorhandene Regierungserfahrung vorhalten. Merz arbeitet an dem Thema, er werde seine »erste Reise, jetzt mit dieser zusätzlichen Funktion als Kanzlerkandidat der Union, in der nächsten Woche nach Brüssel machen«, kündigte er an. Eines seiner Top-Themen ist das vom EU-Parlament für 2035 beschlossene Aus von Verbrennermotoren für Neuwagen. Merz will es am liebsten ganz aufheben, seine Minimalforderung ist das Vorziehen der für 2026 angesetzten Überprüfung des Verkaufsverbots. Italien will bereits am Mittwoch einen Plan präsentieren, um die geplante Überprüfung auf die erste Hälfte des Jahres 2025 vorzuverlegen. Merz wäre damit bereits bei seinem ersten Brüssel-Besuch als Spitzenkandidat in den Wirren der EU-Politik angekommen und könnte zeigen, ob er’s schon kann oder noch ein wenig üben muss.

In der politischen Rhetorik ist Merz bereits geübt, da muss ihm niemand die Richtung zeigen. Nicht etwa die Trunkenheitsfahrt von CDU-Spitzenkandidat Jan Redmann ist für den Absturz der CDU verantwortlich, sondern »die Strategie von Herrn Woidke«, wie Merz mehrfach betonte. Die CDU sei »zerrieben worden zwischen AfD und SPD«, erklärte er und begründete das so: Nach der Ansage von Woidke, sich im Falle eines AfD-Sieges zurückzuziehen, hätten diejenigen »die Herrn Woidke weiter wollten« nur die SPD wählen können. Umgekehrt wäre für diejenigen, »die entschlossen waren, ihn nicht weiter haben zu wollen«, nur die AfD in Frage gekommen. Dass eine starke CDU bei Woidkes Plan auch hätte helfen können, indem sie Stimmen von der AfD auf sich gezogen hätte, ließ Merz unerwähnt.

»Die CDU wurde zerrieben zwischen SPD und AfD«

Der Kanzlerkandidat mag die Wahl mit der Union in einem Jahr gewinnen, er wird allerdings kaum allein regieren können. Die FDP ist traditionell ein Koalitionspartner, eine Neuauflage der Großen Koalition mit der SPD wäre ebenfalls denkbar – aber auch eine Zusammenarbeit mit den Grünen. Die hätten es »selbst in der Hand, darüber zu entscheiden, ob sie wieder ein ernsthafter Gesprächspartner werden, Kooperationspartner werden und ob da möglicherweise mehr daraus wird«, erklärte Merz, und ergänzte mit Blick auf die Grünen-Phobie des CSU-Vorsitzenden: »Aus heutiger Sicht teile ich voll und ganz die Einschätzung von Markus Söder, dass mit diesen Grünen ein Politikwechsel in Deutschland, insbesondere in der Wirtschaftspolitik, nicht möglich ist.«

»Aus heutiger Sicht teile ich die Einschätzung von Markus Söder«

Söder wiederum überhörte den Zusatz »aus heutiger Sicht« tunlichst. Die CSU-Spitze votierte zwar geschlossen für Merz, der Chef konnte sich anschließend eine Spitze gegen ihn jedoch nicht verkneifen. »Die CSU kann die Grünen als Koalitionspartner verhindern und wir werden das auch tun«, sagte er. Die Ansage war deutlich, für den CSU-Fraktionsvorsitzenden im bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, ist der unionsinterne Burgfrieden denn auch kein Selbstläufer. Die Union habe »noch viel Arbeit« vor sich, ein Erfolg bei der Bundestagswahl sei nur »mit maximaler Geschlossenheit« zu erreichen, mahnte er. (GEA)