Ja, es gibt Kinder, die tatsächlich nicht wissen, wie eine echte Möhre schmeckt - sie kennen das orange Ding nur aus der Dose. Bei ihnen zu Hause gibt es stets Tüten voller Chips und selten eine Schale voll Obst. Wir finden diese Kinder meist in »bildungsfernen Schichten«, wie die Soziologen politisch korrekt dazu sagen.
Wunderbar, dass auch diese Jungen und Mädchen bald in den Genuss von Äpfeln oder Birnen kommen - dank des neuen EU-subventionierten Schulobstprogramms, das der Bundesrat gestern absegnete. Denn auch die Länder werden im Kampf gegen Übergewicht und für gesunde Ernährung zur Kasse gebeten: 18 Millionen Euro sollen sie beisteuern, aus Brüssel kommen 20 Millionen. Gut investiertes Geld: Bisherige Modellversuche haben gezeigt, dass die vitaminreiche Kost bei den Kids hervorragend ankommt. Im Kindesalter werden zudem die Ernährungsgewohnheiten geprägt. Nicht selten erklärt der Filius dann am Abend den Eltern, was künftig auf den Tisch muss.
Fast grotesk wirkt, wie viele Institutionen sich mit dem Thema befasst haben und sich lange nicht einigen konnten. Am Ende musste sogar ein Vermittlungsausschuss her. Selbst jetzt, nach dem Bundesratsbeschluss, wird weiter debattiert, ob nicht doch Berlin die Rechnung für Obst und Gemüse zahlen soll. Einziger Trost: Brüssel, Bund und Länder haben schon über weit unwichtigere Dinge gestritten.
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