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Aktuell Kommentar

Schluss mit dem Moderator: Der Kanzler sucht eine neue Rolle

Nach den Wahlniederlagen sucht Kanzler Scholz eine neue Rolle. Moderator der Ampel-Streits will er nicht mehr sein. Nun gibt es Scholz pur. Die Folge ist noch mehr Streit.

Kanzler Scholz ruft zum Wirtschaftsgipfel. Doch Wirtschaftsminister Robert Habeck (links)  und Finanzminister Christian Lindner
Kanzler Scholz ruft zum Wirtschaftsgipfel. Doch Wirtschaftsminister Robert Habeck (links) und Finanzminister Christian Lindner (rechts) sind nicht eingeladen. Foto: Michael Kappeler/dpa
Kanzler Scholz ruft zum Wirtschaftsgipfel. Doch Wirtschaftsminister Robert Habeck (links) und Finanzminister Christian Lindner (rechts) sind nicht eingeladen.
Foto: Michael Kappeler/dpa

REUTLINGEN. Das wirkt wie ein Stück aus dem Tollhaus, ist aber traurige Wirklichkeit des deutschen Regierungshandelns. Olaf Scholz sucht angesichts der Wirtschaftsflaute nach Auswegen und lädt zu einem Wirtschaftsgipfel ins Kanzleramt. Das Außergewöhnliche dabei: Weder der Wirtschaftsminister noch der Finanzminister sind eingeladen. Das kann man als Kapitulation der Ampel-Regierung verstehen. Offenbar glaubt auch der Kanzler angesichts des Dauerstreits in zentralen Fragen nicht mehr an eine Einigung der drei ungleichen Partner und macht einfach sein Ding.

Für den angeschlagenen Wirtschaftsstandort Deutschland ist das eine Hiobsbotschaft. Mit verlässlichen Rahmenbedingungen, weniger Bürokratie und günstigem Strom ist unter diesen politischen Umständen nicht zu rechnen. Wahlkampf und Selbstdarstellung statt realistische Lösungsansätze lautet die düstere Aussicht bis zur Bundestagswahl im September 2025. Führungslos durch die Krise ist der nüchterne Befund.

Bemerkenswert ist, dass Olaf Scholz seine Rolle als Schlichter und Moderator dieses wackeligen Dreier-Bündnisses aufgegeben hat. Schließlich war es meist der Kanzler, der im Streit zwischen Grünen und FDP vermittelt hat oder auch ein Machtwort gesprochen hat. Wenn er diese Rolle aufgibt, ist es also auch ein Eingeständnis, dass er nach den Wahlniederlagen im Osten nicht mehr die politische Stärke hat, um zu schlichten. Scholz beugt sich den Forderungen seiner Partei und will künftig stärker sichtbar machen, was seine Position und die der Genossen ist. Die Folge ist: noch mehr Streit.

davor.cvrlje@gea.de