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Aktuell Großbritannien

Schatzkanzlerin stellt Macbeth-Haushalt vor

Rachel Reeves führt sich in ihr neues Amt mit einem Donnerschlag ein. Massive Steuererhöhung

LONDON. In London nennt man es schon den Macbeth-Haushalt. Hatte nicht Shakespeare den schottischen Thronräuber sagen lassen, »dann wär’s gut, man tät es eilig«? Jedenfalls beeilte sich die britische Finanzministerin Rachel Reeves, die Axt gleich zu Anfang fallen zu lassen. Mit den größten Steuererhöhungen der jüngereren Geschichte in Höhe von 40 Milliarden Pfund führte sich die erste weibliche Besetzung seit gut 800 Jahren im Amt des Schatzkanzlers mit einem Donnerschlag ein, als sie am Mittwoch im Unterhaus ihren ersten Haushalt vorstellte und damit den Kurs der neuen Labour-Regierung auf Jahre festlegte.

Freilich war erwartet worden, was die 45-Jährige am frühen Nachmittag zu verkünden hatte. Schon kurz nach dem fulminanten Wahlsieg im Juli hatte Reeves die Briten aufgeklärt, dass die konservative Vorgängerregierung eine Haushaltslücke von 22 Milliarden Pfund (rund 26,4 Milliarden Euro) hinterlassen habe. Deshalb ständen schwierige Entscheidungen, schmerzhafte Einschnitte und vor allem Steuererhöhungen an, um das Land auf einen Wachstumskurs zu setzen. Um das zu betonen, verkündete sie als ein politisches Signal, dass nur noch den allerärmsten Rentnern im Land ein Heizkostenzuschuss gewährt würde.

Und um die Finanzmärkte zu beruhigen, signalisierte Reeves ebenfalls Wochen voraus, dass sie die Fiskalregeln zur Limitierung der Neuverschuldung ändern werde. Zukünftig würden zu dessen Bewertung neben den Verbindlichkeiten auch Vermögenswerte und Aktivposten wie die Studienkredite oder die staatliche Beteiligung an Unternehmen herangezogen. Das erlaubt der Finanzministerin eine zusätzliche Neuverschuldung von bis zu 50 Milliarden Pfund jährlich – allerdings nur zur Investition in Infrastrukturprojekte und nicht für die Finanzierung laufender Ausgaben wie Löhne.

Seit Monaten diskutiert

Die behutsame Vorbereitung von Investoren war durchaus notwendig, hatte Reeves doch das abschreckende Beispiel der Kürzestpremierministerin Liz Truss vor Augen, die vor zwei Jahren mit ihren Verschuldungsplänen eine massive Finanzkrise und damit ihren eigenen Abgang ausgelöst hatte. »Wir können uns nicht leisten, nicht zu investieren«, meint Reeves, aber sie weiß auch, dass sie es nicht zu weit treiben darf, denn die Zinsen für britische Staatsanleihen steigen schon jetzt, wenn auch langsam.

Seit Monaten hatten die Briten diskutiert, welche Steuererhöhungen auf sie zukämen, daher war dann, was Reeves ihnen bestätigte, auch keine große Sensation mehr. Es traf vor allem Unternehmen und Besserverdienende. Arbeitgeber müssen künftig mehr Sozialabgaben zahlen, die Kapitalertragssteuer wurde angehoben und Schlupflöcher bei der Erbschaftssteuer gestopft. Dagegen durften sich Geringverdiener freuen, denn der Mindestlohn stieg um knapp sieben Prozent auf 12,21 Pfund pro Stunde. Eine Austeritätspolitik sei keine Option, meint Reeves. (GEA)