Künftig sollen die Präsidien rund 1500 Vollzugsbeamte umfassen. Bisher schwankt die Größe zwischen 170 und 2200. Für die Bürger sei es entscheidend, dass die Polizei im Notfall schnell komme. Wo die Leitung ihren Sitz habe, sei für die Menschen unbedeutend, erklärte der SPD-Politiker. Bis zur Sommerpause will er den Gesetzentwurf in den Landtag bringen. Der Startschuss für die Reform soll Ende 2012 fallen.
Die bisherige Struktur gehe zulasten der Leistung und der Flexibilität und hätte längst verändert werden müssen, meinte Gall. »Das ist keine Sparreform im klassischen Sinn. Die Einsparungen kommen der Polizei wieder zugute.« An den fast 150 Polizeirevieren und 360 Posten im Land solle nicht gerüttelt werden. Im Gegenteil: Der Minister hofft, dass er durch die Maßnahme 890 Stellen neu verteilen kann. Profitieren sollen die Reviere und die Kriminalpolizei.
Die Pläne lösten Applaus und Buhrufe aus. Landespolizeipräsident Wolf Hammann lobte die Reform als »Frischzellenkur« für die Polizei: »Die Regierung hat mit der Politik des Gehörtwerdens ernst gemacht.« Gall hatte die Erarbeitung der Eckpunkte in die Hände der Polizei gelegt und Landtagsfraktionen sowie Rechnungshof miteinbezogen. Auch Grüne und SPD zeigten sich zufrieden. »Die vorliegenden Vorschläge stärken die Präsenz der Polizei in der Fläche«, sagte die zuständige Sprecherin der Grünen-Fraktion Petra Häffner. Für die SPD sagte Nik Sakellariou, die Reform habe das »das Zeug zum großen Wurf«.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) findet die Reform zu radikal. »Sie passt nicht in die Lebenswirklichkeit von Baden-Württemberg«, sagte Landeschef Joachim Lautensack. Die Präsidien arbeiteten größtenteils effizient und gut. »Es ist doch nicht so, dass dort Polizeibeamte sitzen und Däumchen drehen.« Zwölf »Megabehörden« zu schaffen sei unnötig.
Die CDU stößt sich vor allem daran, dass die meisten Landkreise ihre Polizeidirektionen verlieren. Parteichef Thomas Strobl nannte die Pläne eine »gigantische Misstrauenserklärung von Grün-Rot gegenüber den Landkreisen«. Gall gehe damit »den ersten Schritt zum altbekannten Ziel der SPD, die Stadt- und Landkreise abzuschaffen und große Regionalkreise zu installieren«. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte: »Wir könnten uns eine Straffung der 37 Polizeipräsidien und Direktionen auf zwei Drittel vorstellen.« Die SPD-Pläne führten zur strukturellen Benachteiligung des ländlichen Raums.
Auch der Gemeindetag äußerte sich skeptisch. Wer durch eine Reform aus einer guten Polizeiarbeit eine bessere machen wolle, sei beweispflichtig, erklärte Präsident Roger Kehle. »Die Kommunen haben erheblichen Gesprächsbedarf.« Der Landkreistag trifft sich am kommenden Montag mit dem Innenminister. Man wolle Eckpunkte mit einem anderen Schwerpunkt ausarbeiten, sagte ein Sprecher.
Gall nannte den Vorwurf, die SPD bereite eine größere Verwaltungsreform vor, »absurd«: »Die Reform wird von der Polizei für die Polizei gemacht.« Er hofft, dass durch die Konzentration der Dienststellen die Ausgaben für Technik und Unterhaltung der Gebäude stark sinken. Gall sprach von Einsparungen in »mehrstelliger Millionenhöhe«.
Ein weiterer Eckpunkt der Reform ist die Neuaufteilung der Bereitschaftspolizei. Bisher gibt es an allen fünf Standorten Einsatzkräfte, Techniker und Ausbilder. Künftig soll es drei Präsidien geben, an denen diese Bereiche getrennt werden: Ein Präsidium Einsatz, ein weiteres für Technik, Logistik, Service und ein drittes für Bildung und Personalgewinnung. Zudem will der Innenminister bei den zwölf Regionalpräsidien einen Kriminaldauerdienst installieren. (dpa)
