REUTLINGEN.. Polen ist zurück in Europa. Welch ein erfreulicher Fingerzeig in ach so düsteren Zeiten. Kaum hatte das Parlament in Warschau den früheren Oppositionsführer zum neuen Regierungschef gewählt, erklärte Donald Tusk, er wolle Polen zum Anführer innerhalb der EU machen. Wie wohltuend in Zeiten, in denen sich eine wahre Europa-Müdigkeit breitzumachen droht. Wie wohltuend, dass diese Worte gerade aus Polen kommen, von wo aus Tusks Vorgänger Mateusz Morawiecki von der nationalkonservativen PiS mit seinen Tiraden gegen die EU und speziell gegen Deutschland die europäische Atmosphäre mit Missgunst und Nationalismus verpestete.
Zuwachs für die Schrittmacher
Polen sei umso stärker, je stärker die EU sei. Welch ein Fanal der europäischen Solidarität vom früheren EU-Ratspräsidenten. Dieses klare Bekenntnis ist aber auch eine Verpflichtung für die anderen EU-Staaten, speziell für Frankreich und Deutschland. Diese beiden Staaten müssten eigentlich die Schrittmacher für Europa sein, taten sich aber zuletzt recht schwer mit dieser Rolle. Deshalb müssen Paris und Berlin Donald Tusk nun mit offenen Armen empfangen und ihm eine Führungsrolle zugestehen. Wohl wissend, dass die EU nach dem Brexit ein Stück nach Osten gerückt ist.
Solidarität ist keine Einbahnstraße
Tusk bekennt sich klar und deutlich zu Europa. Anders als sein rechtsnationaler Vorgänger der die EU oft genug verhöhnt und ihre Werte mit Füßen getreten hat. Deshalb wurde er auch mit Sanktionen belegt. Um Tusk und seinen pro-europäischen Kurs zu stützen, muss Brüssel eingefrorene Gelder freigeben, wenn zu sehen ist, dass Tusk den Morawiecki-Kurs korrigiert. Denn Solidarität ist keine Einbahnstraße. Sonst werden die europa-kritischen Stimmen der Rechtsnationalisten schnell wieder lauter und könnten auf offene Ohren stoßen.