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Nils Schmid: »AfD ist eine rechtsradikale Partei«

REUTLINGEN. Klare Worte findet SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid beim GEA-Redaktionsgespräch für die AfD. Er sieht in der Alternative für Deutschland »eine rechtsradikale Partei«, die es zu bekämpfen gelte. Mit diesem klaren Kurs glaubt Schmid, seine Partei im Landtagswahlkampf mobilisieren zu können.

Nils Schmid zu Besuch beim GEA
»Wir werden bezahlbaren Wohnraum für alle schaffen«, verspricht SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid. Foto: Markus Niethammer
»Wir werden bezahlbaren Wohnraum für alle schaffen«, verspricht SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid.
Foto: Markus Niethammer
GEA: Herr Schmid, zunächst wollten Sie mit AfD-Vertretern nicht in Talkrunden gehen, nun doch. Wie halten Sie es denn nun mit der AfD?

Nils Schmid: Meine Haltung ist klar: Die AfD ist keine normale demokratische Partei, sie ist rechtsextrem und spaltet die Gesellschaft. Deshalb ist es wichtig, dass Podien und Talkrunden so gestaltet werden, dass das Thema Ausländerfeindlichkeit ausdrücklich diskutiert wird. Denn es wäre aberwitzig, mit einer rechtsradikalen Partei nur über Gesundheits- oder Bildungspolitik zu diskutieren. Gerade nach der Forderung von AfD-Chefin Frauke Petry, den Schießbefehl an der Grenze wieder aufleben zu lassen, müssen alle Demokraten Haltung zeigen.

Woran machen Sie fest, dass die AfD eine rechtsradikale Partei ist? Sie tritt ja gerade im Südwesten ganz bieder auf.

Schmid: Die AfD hat sich in ihrer Programmatik und in ihrem Auftreten deutlich radikalisiert. Da wird pauschal über Ausländer hergezogen, Demokratie und Meinungsfreiheit werden offen infrage gestellt. Wir haben in Baden-Württemberg AfD-Landtagskandidaten, die von Flüchtlingen verächtlich als »Eindringlingen« sprechen, die »unser System aussaugen« wollen. Es gibt auch unverhohlene Drohungen, dass die AfD ausmistet, wenn sie an die Macht kommt. Was ist damit wohl gemeint? So etwas hat mit dem normalen demokratischen Diskurs nichts zu tun. Die demokratischen Parteien müssen zusammenstehen, damit dieser Rechtsradikalismus nicht salonfähig wird.

Müssen sich die Bürger in Baden-Württemberg auf einen Ein-Themen-Wahlkampf einstellen?

Schmid: Die Flüchtlingsaufnahme ist ein wichtiges Thema. Das treibt uns alle um. Ich werde aber Wert darauf legen, dass wir den Blick weiten auf den sozialen Zusammenhalt. Es darf gerade in der jetzigen Situation nicht sein, dass eine gesellschaftliche Gruppe gegen eine andere ausgespielt wird. Wenn man die Besorgnisse der Bürger ernst nimmt, geht es darum, in bezahlbaren Wohnraum für alle und in den Zugang zu Bildung für alle zu investieren. Etwas, was die SPD schon seit Jahren macht.

Ist nun die AfD ihr neuer Hauptkonkurrent oder doch die CDU?

Schmid: Der politische Hauptgegner ist weiterhin die CDU. Sie will einen Rollback in der Bildungspolitik und Gemeinschaftsschulen verschrotten. Sie will Verbesserungen für Arbeitnehmer wie das Tariftreuegesetz oder die Bildungszeit zurückdrehen. Das wollen wir verhindern. Die AfD ist wegen ihrer Demokratiefeindlichkeit ohnehin ein Gegner. Wir wollen nicht zulassen, dass eine rechtsradikale Kraft über die Mehrheitsverhältnisse in Baden-Württemberg bestimmt.

Herr Kretschmann unterstützt in der Flüchtlingspolitik den Kurs der Kanzlerin. Wie halten Sie es damit? Oder wie viel Kretschmann steckt in Nils Schmid?

Schmid: Wir machen gemeinsam gute sozialdemokratische Flüchtlingspolitik. Grün-Rot wirbt für Integration und hat die Sprachförderung ausgeweitet. Zudem machen wir deutlich, dass diejenigen, die kein Bleiberecht haben, rückgeführt oder abgeschoben werden. Und in einem Punkt hat Angela Merkel recht: Nationale Scheinlösungen wie eine Obergrenze werden den Zugang von Flüchtlingen nicht drosseln.

Wer bestimmt den Kurs in der Flüchtlingspolitik? Herr Kretschmann als Ministerpräsident oder Sie als sein Stellvertreter, dessen Partei in Berlin mit in der Regierung sitzt?

Schmid: Wir bestimmen den Kurs in der Landesregierung gemeinsam. Bei uns steht die Sache im Vordergrund und nicht die Parteiideologie.

Und wie wird Baden-Württemberg im Bundesrat abstimmen, wenn es darum geht, Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsländer einzustufen?

Schmid: Wenn die Bundesregierung plausibel darlegt, dass es sich um sichere Herkunftsländer handelt, wird Baden-Württemberg zustimmen. Ich bin optimistisch, dass dies gelingt.

Ihre Frau hat türkische Wurzeln. Verändert das Ihre Sicht auf die Flüchtlingskrise?

Schmid: Gerade deshalb weiß ich, wie wichtig Integration ist und dass sie auf Gegenseitigkeit beruht. Einerseits müssen der Staat und die deutsche Gesellschaft beim Spracherwerb und Bildung helfen. Anderseits müssen sich die Zuwanderer anstrengen und unsere Regeln akzeptieren.

Glauben Sie, dass die AfD ein anderes Deutschland will.

Schmid: Die AfD träumt von einem hässlichen Deutschland, einem Land, das sich abschottet. Das ist gerade für ein exportorientiertes Land wie Baden-Württemberg ein Irrweg, der Tausende Arbeitsplätze gefährdet.

Sie sind Wirtschafts- und Finanzminister. Wie stellen sie sich die Zukunft der digitalisierten Wirtschaft in Baden-Württemberg vor? Ist das eher eine Chance oder eine Gefahr für Arbeitsplätze?

Schmid: Es überwiegen die Chancen, wenn wir zwei Punkte beachten. Wir müssen dafür sorgen, dass die Möglichkeiten der Digitalisierung in der Breite des Mittelstands ankommen. Deshalb fördern wir zum Beispiel Digitalisierungslotsen. Zweitens müssen wir auf den bevorstehenden Wandel der Arbeitswelt reagieren. Ich denke da zuerst an die Qualifizierung der Beschäftigten, die sich an der Digitalisierung ausrichten muss.

Die SPD liegt in Umfragen zuletzt bei 15 Prozent. Mit welchem Ergebnis rechnen Sie bei der Landtagswahl?

Schmid: Wir werden noch einige Schippen drauflegen. Die SPD ist wie keine andere Partei darauf angewiesen, zum Wahltag hin zu mobilisieren – und das werden wir mit aller Macht tun. Wir werden deutlich machen, dass es bei dieser Wahl entscheidend auf die SPD ankommt. Die erfolgreiche Arbeit der grün-roten Regierung kann nur mit einer starken SPD fortgesetzt werden. Nur eine starke SPD konnte für Bildungsgerechtigkeit sorgen und hat die Abschaffung der Studiengebühren durchgesetzt – gegen Widerstände bei den Grünen. Die SPD ist auch die Partei, die für eine gerechte Teilhabe der Beschäftigten am Wohlstand eintritt. Das unterscheidet uns von allen anderen Parteien im Land.

Wenn man der SPD bei der Landtagswahl die Stimme gibt, was werden Sie auf jeden Fall durchsetzen, falls Sie an die Regierung kommen?

Schmid: Wir werden bezahlbaren Wohnraum für alle schaffen, indem wir die Förderung weiter ausbauen. Wir werden den Zugang zu Bildung für alle, unabhängig von ihrer Herkunft, sicherstellen und auch weiterhin auf Gemeinschaftsschulen setzen. Dazu gehört auch, dass wir eine Ganztagsgarantie vom ersten Geburtstag bis zum letzten Schultag einführen. Und wir werden für gute Arbeit sorgen, indem Leiharbeit und Werkverträge auf das notwendige Maß zurückgestutzt werden. All das gibt es nur mit einer starken SPD.

Sie sind auch Reutlinger Wahlkreisabgeordneter. Was haben Sie bisher für Reutlingen erreicht und was wollen Sie noch vorantreiben?

Schmid: Die Regionalstadtbahn stand auf der Kippe. Wir haben die Finanzierung stabilisiert. Zweitens habe ich die Entwicklung der Hochschule Reutlingen mit vorangetrieben, nicht nur baulich, sondern auch, was das Profil angeht. Und drittens ist es gelungen, in Reutlingen und im Umland Gemeinschaftsschulen zu etablieren. Für die Zukunft habe ich mir vorgenommen, den Technologiepark weiterzuentwickeln und mehr Ganztagsschulen zu etablieren. Der Ausbau des Wohnungsbaus in Reutlingen läuft zwar schon, aber auch das möchte ich verstärken. Reutlingen ist eine tolle Stadt und wächst. (GEA)