STUTTGART. Die Müllentsorgung in Deutschland ist eine teure Angelegenheit. Auch die Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) kann davon ein Lied singen. Mehr als 400 Millionen Euro investiert der städtische Eigenbetrieb in vier neue Standorte, die bisherige Zentrale in der Türlenstraße im Stuttgarter Norden muss aufgegeben werden. Doch sowohl der Kosten- als auch der Zeitrahmen sind aus den Fugen ge-raten. »Die ursprünglichen Planungen sind mehrere Jahre alt und bereits wieder überholt«, sagt AWS-Geschäftsführer Thomas Töpfer. Daher sind nun zum Teil Nachbesserungen notwendig.
Das Ziel ist klar: Die AWS muss sich für die Zukunft neu aufstellen. Bereits im zweiten Quartal dieses Jahres soll mit der Fertigstellung des neuen Betriebshofes an der Gingener Straße in Wangen der erste Schritt erfolgen. Rund ein Vierteljahr später als ursprünglich geplant. Die Coronapandemie und Lieferschwierigkeiten durch den Ukraine-Krieg hatten zu der Verzögerung und den auf rund 26 Millionen Euro gestiegenen Baukosten geführt.
Um ein Jahr verzögert
In Zukunft sollen 200 Mitarbeiter auf dem rund 12.000 Quadratmeter großen Areal ihren Dienst in der Abfallsammlung verrichten. Neben einem zweistöckigen Betriebsgebäude bietet ein Carport Platz für rund 40 Einsatzfahrzeuge, eine Nachrüstung für 30 weitere ist möglich. Inzwischen beseitigt sind auch die im Vorfeld geäußerten Befürchtungen der Anwohner wegen möglicher Lärmbelästigungen. »Die An- und Abfahrt erfolgt ausschließlich über den benachbarten Autohof«, betont Töpfer.
Gar um ein ganzes Jahr hat sich die Modernisierung des Betriebshofes an der Burgholzstraße in Münster verzögert. Der Grund: Mauereidechsen. Diese mussten zunächst aufwendig umgesiedelt werden. Zumindest soll im Spätsommer der erste Bauabschnitt mit dem neuen Betriebs-gebäude abgeschlossen sein. Die Kosten dafür haben sich von 11,5 auf 22 Millionen Euro erhöht. »Genaue Zahlen können wir aber noch nicht sicher sagen«, sagt Töpfer, der wohl mit einer weiteren Steigerung rechnet. Im Anschluss sollen dann an der Stelle des bisherigen Verwaltungsgebäudes rund 30 Stellplätze für die Müllfahrzeuge auf dem Gelände im Hallschlag entstehen. Rund ein Jahr sind für die Arbeiten derzeit veranschlagt.
Noch lange nicht so weit sind die Planungen der AWS hingegen für den Standort am Bruno-Jacobi-Weg in Degerloch. Erst seit wenigen Wochen ist der Weg frei für einen neuen Bebauungsplan für das Gelände der früheren Feuerwache 5. Bis dahin liefen die Diskussionen, ob dort nicht doch das neue Aus- und Fortbildungszentrum der Feuerwehr Stuttgart entstehen sollte. Mit dem Kauf eines 15.000 Quadratmeter großen Geländes der EnBW in Möhringen hat die Stadt diese beendet.
Die Planungen erschwert jedoch, dass auch auf die Wünsche eines weiteren Partners Rücksicht genommen werden muss. Denn auf dem Gelände der Feuerwache soll auch die Bereitschaft des Deutschen Roten Kreuzes untergebracht werden. Bis dahin ist der Betriebshof für die Fildern als Interimslösung noch direkt am Vaihinger Bahnhof untergebracht. »Die Genehmigung gilt noch bis zum Jahr 2029«, gibt Töpfer die Zeitschiene vor. »Unser Ziel ist es, dass wir bis Ende 2028 von der Türlenstraße weg sind.« Denn bislang ist dort weiter die Sperrmüllabfuhr untergebracht, da der neue Betriebshof in Wangen dafür zu klein ist.
Und gar erst in den Kinderschuhen steckt das »Riesenprojekt« an der Heinrich-Baumann-Straße im Stuttgarter Osten. Auf dem 25.000 Quadratmeter großen Areal unweit der B 14, das bereits seit mehr als 100 Jahren von der AWS genutzt wird, soll die neue Zentrale entstehen. Neben der zentralen Verwaltung und dem Winterdienst sollen auch ein Kompetenzzentrum für die Kreislaufwirtschaft und eine Betriebs-Kindertagesstätte entstehen. Aber nicht nur. Nach dem Prinzip des Urban Sandwich, also der baulichen Mehrfachnutzung, sind auch Wohnraum, Büroflächen und handwerkliche Betriebe an dieser Stelle im Stuttgarter Osten denkbar.
»Wir untersuchen gerade detailliert, wie hoch der Platzbedarf ist«, erklärt Töpfer. Laut einer Machbarkeitsstudie werden die Kosten auf rund 360 Millionen Euro geschätzt. »Das ist aber noch eine sehr grobe Rechnung«, weiß Töpfer, denn künftige Preisentwicklungen sind darin noch nicht berücksichtigt. Ein städtebaulicher Wettbewerb soll voraussichtlich Anfang kommenden Jahres starten. Derzeit geht man von einer Fertigstellung bis 2038 aus. (GEA)