STUTTGART. Der Wirtschaftsausschuss hat mit seiner mehrheitlichen Zustimmung den Stuttgarter Mietspiegel 2025/2026 anerkannt. Damit wurde eine Erhöhung der ortsüblichen Vergleichsmiete um ein Prozent beschlossen. Damit gilt das Machwerk als »qualifiziert« und kann bei Streitigkeiten zwischen Vermieter und Mieter herangezogen werden. Die Vergleichsmiete liegt nun bei 11,15 Euro (statt 11,04 Euro). Zuletzt waren jährliche Steigerungen zwischen sechs und 7,7 Prozent üblich.
Durch die Bank wurde im Ausschuss Unverständnis über die ablehnende Haltung des an der Mietspiegelerstellung beteiligten Haus- und Grundbesitzervereins geäußert. Das Ergebnis falle deutlich zu gering aus, hieß es und spiegle nicht die tatsächlichen Teuerungen durch die Inflation. Unterm Strich verbilligten sich die Mieten real, so der Vorsitzende Joachim Rudolf. Außer acht lässt er aus Sicht des auch an der Erstellung beteiligten Mietervereins, dass das bisher die Regel war – allerdings in umgekehrter Weise. Zwischen 2012 und 2022 betrug die Inflation lediglich 18,5 Prozent, die Vergleichsmiete war in dieser Zeit aber um 41 Prozent gestiegen.
Auskunftspflicht
Laut dem Leiter des Statistischen Amts, Matthias Fatke, erklärt sich der moderate Anstieg durch die Auswirkungen der neu etablierten Auskunftspflicht. Diese sorge für eine deutlich höhere Ausschöpfungsquote und für ein zuverlässigeres Antwortverhalten. Entsprechend gründet der Stuttgarter Mietspiegel auf breiteren und besseren Daten als je zuvor. Hatten zuvor rund 42 Prozent der zufällig Ausgewählten an der Umfrage teilgenommen, so seien es nun 90 Prozent gewesen. Darunter befindet sich offensichtlich ein höherer Anteil an Personen mit tendenziell geringeren Mieten. Einer »niedrigen zweistelligen Zahl« von Bürgern, die die Antwort verweigerten, wird demnächst ein Bußgeldbescheid ins Haus flattern.
Betrug die Stichprobe früher 15.000 Mietverhältnisse, begnügte man sich dieses Mal mit 10.000, fragte jedoch erstmalig die Vermieter und die Mieter der jeweiligen Wohnung und glich die Antworten ab. Dennoch hatte die Behörde statt 3.000 jetzt 4.800 Fälle, die für die Ermittlung relevant waren. Die Datengrundlage hat sich so deutlich erhöht. 2.200 wären schon ausreichend gewesen.
Der geringe Anstieg, so Fatke, dürfte allerdings einmaliger Natur gewesen sein. In Mannheim, das bereits zum zweiten Mal nach neuer Rechtslage die Bürger befragt hatte, war die ortsübliche Vergleichsmiete erst um 1,3, zwei Jahre später aber wieder um 8 Prozent gestiegen.
Klaus Wenk von der CDU, der zahlreiche Parteifreunde im Vorstand von Haus und Grund weiß, überraschte nicht nur mit seiner Zustimmung, sondern auch damit, dass er die angepasste Methodik bei der Mietspiegelerstellung für »begrüßenswert« erachtet.
Florian Pitschel (Grüne) betonte, es handele sich bekanntlich weder um ein politisches Instrument noch um eine Vorgabe, sondern um die Abbildung des Markts. Er appellierte an den Lobbyverein Haus und Grund, seine Ablehnung, die dieser nun auch noch durch einen externen »Fachstatistiker« zu unterfüttern beabsichtigt, zu überdenken. Zustimmung signalisierten auch die anderen Fraktionen.
»Der Mietspiegel war ein willkommenes Instrument der Immobilienlobby, die ohnehin schon zu hohen Mieten immer noch weiter steigen zu lassen«, betont Johanna Tiarks (Linke). Nun zeige sich, dass auch in der Vergangenheit die tatsächliche Steigerung nicht so hoch gewesen sei, wie im Mietspiegel dargestellt. Fatke relativierte diese Äußerung: Das wäre auch ein einmaliger Effekt gewesen. Dass sich Haus und Grund »wie ein trotziges Kleinkind« verhalte, zeige, dass es nur um Gewinnmaximierung gehe, sagt Luigi Pantisano (Linke). Der Verein sei Teil des Problems bei der Mietenkrise.
Geringe Bedeutung
Die bei der letzten Neuaufstellung des Mietspiegels eingeführten Zu- und Abschläge in Euro beziehen sich auf Merkmale, die mit der Miethöhe zusammenhängen. Linoleum im Wohn- und Schlafbereich bedeutet 67 Cent Abschlag pro Quadratmeter Wohnfläche, während Parkettboden 44 Cent Aufschlag bedeutet. Ein Handtuchwärmer schlägt mit 29 Cent Zuschlag zu Buche, weniger als die Hälfte gegenüber dem noch bis Jahresende gültigen Mietspiegel. Keine signifikanten Unterschiede liefern Gebäude- und Wohntypen, ebenso wie Balkone oder Terrassen. Im Unterschied zu früher kommt dem Baujahr eines Wohngebäudes nun eine geringere Bedeutung zu. Die Lageeinteilung erfolgt in zehn Kategorien, acht davon weisen signifikante Unterschiede bei den Mieten auf. Auch innerhalb der Lage »Mitte« zeigt sich nun eine Differenzierung, die es erlaubt, an viel befahrenen Straßen gelegene Gebiete von eher ruhigeren abzugrenzen.
Der Mietspiegel ist auf Appartements, für Maisonette- und Penthouse-Wohnungen sowie für Einfamilienhäuser anwendbar. Was viele WG-Mieter nicht wissen: der Mietspiegel gilt auch für möblierten Wohnraum. (GEA)