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Aktuell Gesellschaft

Mehr Nachrichten und weniger Information

Eine Ausstellung in Berlin beleuchtet den Medienkonsum und die Folgen für die Demokratie

Die Zeitung ist für viele Menschen ein wichtiges Informationsmedium.  FOTO: SAUER/DPA
Die Zeitung ist für viele Menschen ein wichtiges Informationsmedium. FOTO: SAUER/DPA
Die Zeitung ist für viele Menschen ein wichtiges Informationsmedium. FOTO: SAUER/DPA

BERLIN. Es ist laut im Museum für Kommunikation. Radiobeiträge schallen aus Lautsprecherboxen. Videoaufnahmen von Politprominenz wie US-Präsident Donald Trump oder Außenministerin Annalena Baerbock flackern über große Bildschirme und ziehen die Aufmerksamkeit einer Gruppe Jugendlicher auf sich. Collagen mit Pressefotos in schwarz-weiß geben historische Eindrücke. Das alles gehört zur interaktiven Sonderausstellung »Nachrichten«, die in Berlin noch bis September am Beispiel der Deutschen Presse Agentur (dpa) über die Arbeit einer Nachrichtenagentur sowie allgemein über die Entwicklung der Informationsverbreitung informiert. Zu Beginn des Rundgangs verdeutlicht eine Grafik die schlechte Nachricht: Der Konsum von Nachrichten geht zurück, die Glaubwürdigkeit der Medien sinkt.

Glaubwürdigkeit sinkt

2024 war das »Jahr der Nachricht«. Die Initiative »Use the News«, die unter anderem von der Nachrichtenagentur dpa initiiert wurde, wollte damit auf die Bedeutung von vertrauenswürdigen Informationen aufmerksam machen. Denn Nachrichten sind überall, unbegrenzt und jederzeit abrufbar. Und sie werden immer mehr. Wurden vor hunderten Jahren noch einzelne Nachrichtenblätter mit der Postkutsche ausgeteilt, ist heute die Nachrichtenflut des digitalen Zeitalters kaum noch zu stoppen. Damit sind Medieninformationen zwar einerseits einfacher abzurufen. Andererseits führt die unendliche Masse dazu, dass viele Menschen der Nachrichten überdrüssig werden. Hinzu kommt, dass sich insbesondere die negativen Schlagzeilen vermehren.

Die Ausstellung im Berliner Museum für Kommunikation erklärt, wie Nachrichtenredaktionen arbeiten und wie Journalistinnen und Journalisten recherchieren. Gleichzeitig steht dabei der eigene Nachrichtenkonsum der Besucherinnen und Besucher im Fokus. »Mit der Ausstellung wollen wir ein kritisches Bewusstsein schaffen«, erklärt Kuratorin Hannah Fiedler. Das Interesse für die Ausstellung sei hoch, gerade weil das Thema aktuell sei. Insbesondere Lehrerinnen und Lehrer buchten gerne Lernangebote zum Thema Medienkompetenz, sagt Fiedler: »Bei Lehrkräften ist die Nachfrage sehr hoch, die haben das Thema voll auf dem Schirm.« Für Medienwissenschaftlerin Sabine Schiffer ist eine Ausstellung im Museum allerdings nicht genug. Sie fordert ein Fach für Medienbildung in den Schulen: »Das halte ich für zentral in einer Demokratie, das ist für mich auf einer Ebene wie Lesen und Schreiben.« Schiffer ist Leiterin des Instituts für Medienverantwortung in Berlin und Professorin für Journalismus und Kommunikation in Frankfurt am Main. Die Entwicklung des Nachrichtenüberdrusses in der Gesellschaft bereite ihr Sorgen, sagt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. »Wenn sich die Menschen abwenden, findet Politik auf einer nichtbeteiligten Ebene statt«, sagt die Professorin. Das sei für eine demokratische Gesellschaft nicht gesund, es sei eine »Katastrophe«.

Auch deshalb müsse Medienkompetenz erlernt werden. Zudem kritisiert Schiffer den Medienbetrieb. Die Qualität, meint die Wissenschaftlerin, geht zurück, damit einher gehe ein Vertrauensverlust. »Journalistinnen und Journalisten können dagegenwirken, indem sie zum Beispiel ihre Arbeitsweise und Recherchewege transparent machen«, sagt die Medienwissenschaftlerin. Sie wünsche sich mehr »Mut und Unterscheidung« innerhalb der Medien. So müssten »populistische Strategien« früher erkannt und durchschaut.

Positive Beispiele

Ein dystopischer Blick in die Zukunft, eine Gesellschaft, die immer weiter auseinanderdriftet, komplexe Probleme, die schwierig zu lösen sind – ist das alles, was bleibt? Nein. Es gibt sie nämlich bereits, die konstruktiven Nachrichteninhalte, die zu einer demokratischen Gesellschaft beitragen. Zumindest laut der dpa-Kampagne »Use the news«, die am Ende der Ausstellung im Museum für Kommunikation persönliche Vorzeigebeispiele junger Menschen hervorhebt. Auffällig dabei ist, dass überwiegend Podcasts genannt werden, die sowohl politisch aufklären als auch unterhaltsam berichten. Was Kuratorin Hannah Fiedler ebenso Hoffnung macht: Die »Use the News«-Initiative hat bei einer bundesweiten Aktion Jugendliche in ihrer Medienkompetenz gefördert und mit Workshops und Vorträgen Einblicke in die Welt der Nachrichten gegeben. Eines dieser »Newscamps« fand im Museum für Kommunikation in Berlin statt. »Das war supergut besucht, das war ein lebendiger Tag. Und sowas stimmt einen zuversichtlich«, sagt Fiedler. (GEA)