REUTLINGEN. Menschen mit Migrationshintergrund sind im öffentlichen Dienst notorisch unterrepräsentiert. In der Bundesverwaltung finden sich sogar nur halb so viele Mitarbeiter mit ausländischen Wurzeln wie es ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung eigentlich entspräche. Hier offenbart sich ein eklatanter Mangel an gesellschaftlicher Teilhabe, der sicherlich einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zu den sozialen Spannungen in Deutschland leistet. Dass Innenministerin Nancy Faeser diesen Missstand angehen will, ist richtig.
Kluger Zug oder politisches Eigentor?
Auf den ersten Blick scheint der Zeitpunkt, diese Debatte anzustoßen, denkbar schlecht gewählt. Der Eindruck, dass die Regierung des starken Migrationsdrucks nicht Herr wird, treibt der AfD massenweise Wähler in die Arme. In dieser Situation für mehr Migranten in staatlichen Entscheidungsstellen zu werben, wirkt wie ein politisches Eigentor. Auf den zweiten Blick ist der Ansatz aber vielleicht doch ein wichtiger Beitrag zu Toleranz und gesellschaftlichem Frieden.
Verbessertes Ansehen und stärkere Identifikation
Wenn es gelingt, mehr Menschen mit Migrationshintergrund dafür zu begeistern, sich gestaltend und verwaltend im deutschen Staat einzubringen, dann würde das diesem Staatsapparat auch ein Gesicht verleihen, mit dem sich mehr Menschen identifizieren können, die sich im Moment noch an den Rand gedrängt fühlen. Der Rückzug in Parallelgesellschaften erschiene dann wohl manchem weniger attraktiv. Gleichzeitig würde auch die stärkere Sichtbarkeit von Menschen unterschiedlicher Herkunft in Verwaltung, Polizei, Justiz und Schulen das Ansehen dieser Menschen verbessern. Insbesondere bei den Menschen, deren Vorstellung von Migranten geprägt ist von medial wirksamen Intensivstraftätern und kriminellen Clanstrukturen.