Logo
Aktuell Landesregierung

Kretschmann zum Ministerpräsidenten Baden-Württembergs gewählt

STUTTGART. Im ersten Wahlgang hat er es geschafft: Ministerpräsident Kretschmann führt die bundesweit erste grün-schwarze Landesregierung. Ein Dämpfer bei der Wahl: Er fehlen Stimmen aus dem Regierungslager.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann
Ministerpräsident Winfried Kretschmann Foto: dpa
Ministerpräsident Winfried Kretschmann
Foto: dpa
Der Landtag von Baden-Württemberg hat den Grünen-Politiker Winfried Kretschmann in Stuttgart zum Ministerpräsidenten gewählt. Der 67-Jährige führt als Regierungschef die bundesweit erste grün-schwarze Landesregierung. Er hatte im ersten Wahlgang 82 Stimmen erhalten, zehn mehr als nötig, aber sechs weniger, als das neue grün-schwarze Regierungslager Abgeordnete hat.

Der Katholik legte am Donnerstag im Beisein seiner Familie seinen Eid auf die Landesverfassung mit der religiösen Formel ab: »Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.« Den Eid nahm Landtagspräsidentin Muhterem Aras ab, die am Vortag als erste Muslimin in das Amt gewählt worden war. Sie hatte Kretschmann auch eine weltliche Formel angeboten für den Eid. Von ihr erhielt Kretschmann einen Strauß weißer Blumen. CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart war der erste, der ihn beglückwünschte.

Zu den Abweichlern aus dem grün-schwarzen Lager sagte er im SWR-Fernsehen: »Jeder kann abstimmen, wie er es für richtig hält.« Er wolle als Ministerpräsident auch seine Kritiker von seiner Politik überzeugen. Kretschmann ist auch der erste grüne Ministerpräsident der im Amt bestätigt wurde - für weitere fünf Jahre. Die Grünen hatten am 13. März die Landtagswahl gewonnen. Sie wurden erstmals in ihrer Geschichte stärkste Kraft.

Kretschmann erhielt in geheimer Wahl 82 Stimmen, zehn mehr als notwendig. 57 Parlamentarier stimmten mit Nein. Es gab eine Enthaltung. Zwei Stimmen entfielen auf einen anderen Namen. Eine Grünen-Abgeordnete fehlte wegen Krankheit.

Die Nein-Stimmen kamen vermutlich zum großen Teil aus der AfD, deren Fraktionschef Jörg Meuthen angekündigt hatte, seine Fraktion werde geschlossen gegen Kretschmann stimmen. Die rechtskonservative Partei stellt 23 Abgeordnete. Auch aus dem Lager des früheren grünen Koalitionspartners SPD mit 19 Abgeordneten kamen wahrscheinlich ablehnende Voten, nachdem Fraktionschef Andreas Stoch (SPD) die Oppositionsrolle betont hatte.

Die AfD spendete dem wiedergewählten Ministerpräsidenten mit einer Ausnahme keinen Applaus. Auch die SPD hielt sich deutlich zurück. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke lehnte eine Unterstützung für den Ministerpräsidenten ebenfalls ab. Seine Fraktion besteht aus 12 Abgeordneten.

CDU-Fraktionschef Reinhart sagte im SWR-Fernsehen kurz vor der Wahl des Regierungschefs, die Abgeordneten seiner Fraktion hätten ihm zugesichert, für Kretschmann zu stimmen. Der CDU-Landeschef und künftige Innenminister Thomas Strobl sieht seinen Konflikt mit der CDU-Fraktion inzwischen bereinigt. »Alles ist gut und alles wird gut«, sagte er am Donnerstagmorgen. In zwei Probeabstimmungen am Dienstag hatten einige CDU-Abgeordnete mit Nein gestimmt oder sich enthalten, worüber Strobl sehr verärgert war. Einige CDU-Abgeordnete hatten sich von ihm bei der Zusammenstellung der grün-schwarzen Kabinettsliste ignoriert gefühlt.

Der frühere Lehrer Kretschmann führt das Land Baden-Württemberg seit 2011. Die grün-rote Regierung hatte bei der Wahl vor zwei Monaten die Mehrheit verloren. Neuer Partner ist die CDU. Im Landtag sollte noch am Donnerstag auch die neue Regierung vereidigt werden.

Daten und Fakten zum neuen Landtag

Stuttgart (dpa/lsw) - Bei der Wahl am 13. März haben die Baden-Württemberger einen neuen Landtag bestimmt - für die kommenden fünf Jahre. Einige Daten und Fakten:

GEBÄUDE: Die Abgeordneten sitzen in einem sanierten Landtagsgebäude. Der Plenarsaal hat eine Tageslicht-Decke bekommen, die viel Licht von außen in den Raum lässt. Die Sanierung hat 52,1 Millionen Euro gekostet. Daneben wird noch ein neues Bürger- und Medienzentrum gebaut, das im Frühjahr 2017 eröffnet werden soll. Dessen Kosten belaufen sich auf rund 17,5 Millionen Euro.

ABGEORDNETE: 143 Abgeordnete aus fünf Parteien sind im Parlament vertreten - und zwar von Grünen, CDU, AfD, SPD und FDP. Jüngster Abgeordneter ist Stefan Herre (AfD), 24 Jahre; der älteste und Alterspräsident heißt Heinrich Kuhn (AfD), 75 Jahre.

FRAKTIONEN: Im Landtag wird es durch den Einzug der Alternative für Deutschland (AfD) anders als bisher nicht vier, sondern fünf Fraktionen geben. Das war in der Geschichte Baden-Württembergs erst einmal der Fall: von 1992 bis 2001, als neben den vier etablierten Parteien auch die rechtsradikalen Republikaner vertreten waren.

FRAUEN: Im neuen Landtag sitzen 35 Frauen. Das entspricht einem Anteil von 24,5 Prozent. Zuletzt waren es 20,3 Prozent.

MIGRATIONSHINTERGRUND: Mehrere Abgeordnete haben ausländische Wurzeln, bei Nese Erikli und Muhterem Aras sind es türkische, bei Daniel Renkonen finnische. Daniel Andreas Lede Abal hat einen spanischen Vater und eine deutsche Mutter. Diese Abgeordneten gehören der Grünen-Fraktion an.

LANDTAGSPRÄSIDENT: Der Chef des Parlaments wird nach einer Vereinbarung zwischen Grünen, SPD, CDU und FDP nicht mehr zwei Stellvertreter haben, sondern nur noch einen. Die AfD protestierte dagegen, weil sie nach einem ungeschriebenen Gesetz als drittstärkste Fraktion den zweiten Vizepräsidentenposten beanspruchen wollte.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann
Ministerpräsident Winfried Kretschmann Foto: dpa
Ministerpräsident Winfried Kretschmann
Foto: dpa