Die neue Regierung steht noch nicht, doch mit der Präsentation des Koalitionsvertrags ist das Fundament für ein rot-grün-gelbes Bündnis gelegt. Zwar müssen die Parteigremien noch zustimmen, doch Olaf Scholz machte klar, dass es keinen Weg zurück gibt: »Die Ampel steht«, lautet die treffende politische Beschreibung des SPD-Kanzlerkandidaten.
Wer von den drei Parteien nun bei diesem politischen Geben und Nehmen besser weggekommen ist, lässt sich noch nicht sagen. Auch dass es erhebliche Differenzen gab und die Verhandlungen stockten, gehört zu den normalen Ritualen von Koalitionsverhandlungen. Doch sowohl Olaf Scholz für die SPD, als auch Christian Lindner für die FDP oder Robert Habeck für die Grünen war anzumerken, dass sie trotz aller politischen Gegensätze einen Neustart für das Land wollen und sich deshalb auf das Abenteuer einer Ampel-Regierung einlassen. Sie wollen das Land voranbringen und zeigen, dass man Gegensätze nicht nur überwinden kann, sondern dass diese auch ein Antrieb für neue Ideen, neue Lösungsansätze und somit für Fortschritt sind.
Natürlich kann man das als reine Politik-Lyrik abtun. Doch nach 16 Jahren Angela Merkel, die das Land durch viele Krisen führte, aber eben oft auch nur verwaltete, zeichnet sich ein neuer Politikstil ab. Gerade diese Mischung aus bewährtem Regierungshandeln, wie es Olaf Scholz verkörpert, und Aufbruch, für den Robert Habeck und Christian Lindner stehen, könnte eine fruchtbare Mischung entstehen. Sie haben die kleinen Parteien zum Motor dieses Bündnisses gemacht und Scholz hat ihnen den Raum dafür gewährt.
Dass es die drei von der Ampel ernst meinen mit dem Wunsch zu regieren, zeigte sich bereits bei den Sondierungsgesprächen. Kaum ein Wort drang nach draußen. Diese Verlässlichkeit schafft Vertrauen. Alle hatten aus den Fehlern der gescheiterten Jamaika-Verhandlungen gelernt, als jeder einzelne Streitpunkt an die Presse weitergegeben wurde. So war es möglich, dass der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP mehr ist als der kleinste gemeinsame Nenner. Jede Partei kommt zum Zug und kann sich profilieren. Die FDP bei den Steuern, die SPD beim Sozialen und die Grünen beim Klimaschutz. Dennoch bleibt ein Manko. Die Finanzierung all dieser Vorhaben bleibt vage. Das wird der Prüfstein, wie ernst es die Drei von der Ampel mit dem Aufbruch meinen.