REUTLINGEN. Eigentlich wollte man ja alles anders machen in der neuen Koalition als die ungeliebte Ampel. Sich nicht im Klein-Klein geplanter Wohltaten verlieren, sondern kurz und knackig die groben Leitlinien festlegen und dann so richtig durchstarten mit dem vollmundig verkündeten Politikwechsel. Herausgekommen in den Arbeitsgruppen ist dabei ein gut 160 Seiten starkes Werk - 16 Seiten mehr als die kleinteilige Planung der Ampel-Koalition umfasste. Das kann ja heiter werden mit dem versprochenen Bürokratieabbau, wenn es so schon losgeht.
Grenzenlose Begehrlichkeiten
Selbst CDU-Chef Friedrich Merz kommt nicht umhin, seinen Unterhändlern eine gewisse »Wünsch dir was«-Mentalität zu attestieren. Die neuen Schuldenregeln beflügelten wohl die Fantasie so manchen Fachpolitikers hinsichtlich seiner Herzensprojekte. Sowohl beim Umfang, als auch bei der Finanzierung. Da kann man sich schon bildlich vorstellen, wie der Kita-Ausbau mit den Mitteln des nahezu unbegrenzten Rüstungsetats gestemmt werden soll, weil ja die Grundlage für den erfolgreichen Soldaten wohl schon in der frühkindlichen Bildung gelegt wird. Grenzenlose Mittel wecken eben grenzenlose Begehrlichkeiten.
Differenzen nicht mit Geld zukleistern
Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag ist eine Einigung für Union und SPD alternativlos. Die neuen Schuldenregeln dürfen aber nicht dazu führen, dass grundlegende Differenzen mit Geld zugekleistert werden, anstatt sie im mühevoll errungenen Kompromiss aus dem Weg zu räumen. Auch wenn es verführerisch erscheint. Die Schuldenbremse gibt es nicht von ungefähr. Wo das Geld allzu locker sitzt, bleibt die Priorisierung schnell auf der Strecke. Der designierte Bundeskanzler Merz mag sich zwar öffentlichkeitswirksam zur Sparsamkeit verpflichten. In dieser Hinsicht hat seine Glaubwürdigkeit durch seine Kehrtwende beim Thema Schuldenbremse allerdings bereits gelitten.