REUTLINGEN. Die frisch gewählte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) findet, die Kirchen sollten sich in ihren Äußerungen besser auf die grundlegenden Fragen von Leben und Tod konzentrieren. Durch ständige Äußerungen zu tagesaktuellen Themen riskierten die Glaubensgemeinschaften in die Beliebigkeit abzurutschen. Mit dem Neutralitätsgebot der zweithöchsten Repräsentantin unseres Staates sind solche Aussagen kaum zu vereinbaren.
Christliche Werte prägen Europa
Die christlichen Kirchen waren schon immer politisch. Als weitgehend wertebasierte Gemeinschaften versuchten sie seit jeher, die Herrscher dieser Welt an sich zu binden und deren Entscheidungen im Sinne ihrer religiösen Überzeugungen zu beeinflussen. Grundlegende christliche Werte wie Menschenwürde, Nächstenliebe und Bewahrung der Schöpfung lassen sich natürlich so gut wie immer auf so gut wie jedes politische Vorhaben herunterbrechen und bilden die Grundlage vieler Gesetze. Nicht nur in Deutschland, sondern in weiten Teilen Europas.
Von Kirche entfremdet
Dass Klöckner als Vertreterin einer Partei mit dem C im Namen die Kirchen auffordert, sich aus der Tagespolitik rauszuhalten und - wenn auch etwas blumiger formuliert - um ihren eigenen Kram zu kümmern, zeigt wie sehr sich Teile der CDU von den Kirchen entfremdet haben. Warum auch nicht? Immerhin ist nur noch weniger als die Hälfte der Bürger Mitglied in einer Kirche. Dennoch steht es ihr als Bundestagspräsidentin nicht gut zur Gesicht, unliebsame Meinungen derart abzubügeln. Und wenn Klöckner für Äußerungen zum Tempo 130 keine Kirchensteuer zahlen will, dann soll sie es eben lassen. So wie viele andere Menschen auch in Deutschland.